ANK – Warum trotz Klimakrise und Hochwasser schon wieder Kürzungen drohen

Moorfrosch; NABU / Marc Scharping


Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sollte die Zeitenwende in der Finanzierung von Natur- und Klimaschutz einläuten, doch der anfängliche Enthusiasmus ist seitdem teilweiser Ernüchterung gewichen.
Aber ist diese überhaupt gerechtfertigt?

Zum ANK vernimmt man in den letzten Wochen zwei Narrative.
Einerseits wird ungeduldige Kritik geäußert, gepaart mit Aussagen wie „nach über einem Jahr sei  noch überhaupt nichts passiert und man verstehe nicht wieso nicht einfach mal …, zumal man ja selbst schon vor Monaten einen tollen Vorschlag gemacht hätte …“.
Der Gegennarrativ lautet, das ANK sei nun voll in der Umsetzung, man erhalte eher zu viele Projektanträge und weitere Förderrichtlinien stünden ganz kurz vor der Veröffentlichung.
Beide Versionen sind zwar angenehm simpel, aber die Wahrheit liegt leider in der Mitte.

Wie steht es um die aktuelle Umsetzung?

(➔ eine vollständige Übersicht zum Umsetzungsstand der verschiedenen Förderrichtlinien befindet sich am Ende des Artikels)

Neben größeren Modellvorhaben sowie der Eröffnung von Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz (KNK) und Klimawildniszentrale wurden bereits sechs Förderrichtlinien veröffentlicht bzw. als Förderfenster in bestehende Richtlinien integriert.
Die Förderung ländlicher Kommunen ist am weitesten fortgeschritten und die eingereichten Projekte sind durchaus divers. Sie reichen von Gewässer- und Moorrenaturierungen hin zu klassischen Stadtbegrünungen.

Einige Maßnahmen wurden hingegen auf Grund der letzten Kürzungsrunde vorerst zurückgestellt. Zudem ist die Hälfte der Mittel des KTF und damit auch des ANK für die erste Jahreshälfte vorerst durch einen Verfügungsvorbehalt des Bundesfinanzministerium (BMF) zurückgestellt.

Auch viele der besonders wichtigen Förderrichtlinien lassen weiterhin auf sich warten.
Dazu gehören das „1000 Mooreprogramm“, die Förderung der Wiedervernässung land- und forstwirtschaftliche genutzter Flächen und die „Sicherung kleiner Wildnisflächen“. Auch die geplante „Beschleunigungsoffensive für Projekte zur Wiederherstellung der Natur“ und entsprechende nicht-finanzielle Maßnahmen des ANK fehlen bisher.

„Warum dauert das denn eigentlich alles so lange?“

Die Kurzversion:
Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung ist es nicht so einfach Naturschutzfinanzierung in kurzer Zeit hochzuskalieren, zumal bei gleichzeitiger massiver Interferenz von möglichen ANK-Begünstigten und einem widerwilligen Koalitionspartner im BMF. Beispielsweise stellte das BMF direkt nach Kabinettsbeschluss erstmal die verfassungsmäßige Zuständigkeit des BMUV in Frage und verbrauchte so wertvolle Ressourcen für das Löschen von Nebelkerzen).

Dabei ging es beim ANK anfangs durchaus zügig voran, was beachtlich ist, wenn man sich noch einmal vor Augen führt welcher Quantensprung bevorstand. Verglichen mit dem Bundesnaturschutzfonds stand eine Steigerung der Klima-/Naturschutzförderung um circa 780 Prozent bevor. Die Anzahl an Förderrichtlinien würde sich verfünffachen und völlig neue Referate betreffen, welche bisher nicht oder lange nicht zum Förderrecht gearbeitet hatten. All dies erforderte auch den Aufbau neuer Personalkapazitäten und strukturelle Anpassungen im Ministerium.

Dass dabei auch mal Ideen ausprobiert, die dann nicht erfolgreich sind, ist auch Teil von Innovation. Beispielsweise wurde lange der Ansatz verfolgt große Teile des ANKs über die Bundesländer umsetzen zu lassen. Die Idee war gut (und ist es noch), aber eine Einigung mit den Ländern war jenseits des Handlungsfeld „Küsten und Meere“ letztenendes unmöglich. Theoretisch ließe sich das ausgehend von den Bundesländern jederzeit ändern.

Von außen betrachtet dauerte die Ausarbeitung einzelner Förderrichtlinien trotzdem ungewöhnlich lange. Beispielsweise gab es bei den beiden Moor-Förderrichtlinien oder der Finanzierung von Geräten zur Humus-schonenden Bodenbearbeitung sehr früh erste Entwürfe. Danach wurde es monatelang still.

Wirklich ins Stolpern geriet das ANK dann aber acht Monate nach Kabinettsbeschluss, als das Bundesverfassungsgericht die Verwendung von 60 Mrd Coronahilfen im Klima- und Transformation für verfassungswidrig erklärte. Beim entsprechenden Lückenschluss musste auch das ANK Federn lassen.

Wie geht es mit den ANK weiter?

Anfang des Jahres büßte das ANK also über 500 Millionen Euro ein.
Dass Deutschlands einziges Förderinstrument für natürlichen Klimaschutz und natürliche Klimaanpassung nun schon wieder in einem Atemzug mit Sparplänen genannt wird ist (milde gesagt) befremdlich bis absurd. Bemerkenswert ist auch die politische Taktik anderer Ressorts, den Mittelabfluss und die Fertigstellung von Förderrichtlinien zu verzögern und dann genau diese Verzögerungen als Rechtfertigung für weitere Kürzungen zu verwenden.

Gleichzeitig verlangen die Folgen der Klimakrise einen immer höheren Preis.
Zudem hatte vor knapp einem Monat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) die Klimaklage der Kolleg:innen von der Deutschen Umwelthilfe DUH bestätigt. Es stellte fest, dass die Maßnahmen und Gelder des ANK bei weitem nicht ausreichen, um die Ziele des Klimaschutzgesetz §3a zu erreichen. Aber vielleicht investiert man auch deshalb lieber in Flugtaxis, um damit später Menschen in Hochwassergebieten von ihren Hausdächern retten zu können.

Jenseits der reinen Zahlenspiele stellen die fehlenden Förderrichtlinien aber noch ein weiteres Problem dar, denn jede einzelne von ihnen ist ein Experiment im Wettberwerb um sozialverträgliche Lösungen. Je mehr man ausprobiert, desto höher ist die Chance auf besonders gute Ansätze. Je früher man mit dem Probieren beginnt, desto eher kann man noch nachjustieren.
Die Koalitionäre (einige mehr als andere) sollten sich hier also nicht mehr dem Innovationsprozess verweigern und das ANK jetzt wie vereinbart umsetzen.

Eine optimistische biologische Hypothese zum Schluss

Der Mittelabfluss des ANK lässt sich mit klassischen Populationsdynamiken in der Biologie vergleichen.
Einer Anlaufphase (Lag-phase) folgt eine Phase exponenziellen (Log-phase) und dann linearen Wachstums bis sich dieses verlangsamt und an der Kapazitätsgrenze zum Stehen kommt.
Nach langer Anlaufphase werden nun immer mehr ANK Förderrichtlinien veröffentlicht und Fördermittelbescheide vergeben. Es beginnt also ein exponzielles Wachstum. Bei unerwünschten Organismen würde man die „Vermehrung“ genau hier unterbrechen. Beim ANK wäre dies entsprechend eine dumme Idee.
Wenn man das ANK und die vielen Umsetzenden seine Arbeit machen lässt wird es seine Kapazitätsgrenze von nunmehr noch 3,5 Mrd. EUR auch rechtzeitig erreichen.

ANNEX – Übersicht der ANK-Förderrichtlinien (nach bestem Wissen und Gewissen):

Bereits veröffentlichte Fördermaßnahmen:

Nach den Haushaltskürzungen zurückgestellte Maßnahmen

(Quelle: Antwort auf kleine Anfrage der CDU/CSU Bundestagsfraktion)

  • Maßnahme 1.5., „Neue Wertschöpfungsketten für Paludikultur und Produktvermarktung“ („Startup Programm Paludikultur“), Gründe für Depriorisierung unklar
  • Maßnahme 5.1., „Biodiversitätsfördernde Mehrung der Waldfläche“, die Maßnahme sollte die GAK Maßnahme 5D (Erstaufforstung) übernehmen
  • Maßnahme 7.11., „Förderung von Solargründächern“
  • Maßnahme 2.1., „Leitbilder für regionalen naturnahen Wasserhaushalt entwickeln“, kein Förderprogramm aber vermutlich nicht kostenneutral umsetzbar
  • Maßnahme 7.4., „Leitbild der wassersensiblen Stadt weiterentwickeln“, kein Förderprogramm aber vermutlich nicht kostenneutral umsetzbar

Noch ausstehende Fördermaßnahmen:

  • Maßnahme 1.3., 1000-Moore Programm, zielt auf naturnahe Flächen, eigentlich weit fortgeschritten
  • Maßnahme 1.4., Wiedervernässung land- und forstwirtschaftliche genutzter Flächen, sollte stufenweise/modular veröffentlicht werden, aktuell vermutlich in Haushaltsdebatten gefangen
  • Maßnahme 2.2., Förderprogramm klimabezogene Maßnahmen in der Wasserwirtschaft und Gewässerentwicklung
  • Maßnahme 2.3., Blaues Band II, Veröffentlichung als eigene Richtlinie unklar. Die Maßnahme fing bisher Kürzungen im Blauen Band I des Bundesnaturschutzfonds auf
  • Maßnahme 4.1., „Sicherung kleiner Wildnisflächen“, verzögert jenseits des BMUV
  • Maßnahme 5.3., Ökosystemdienstleistungen im Wald / Wälder mit hoher Strukturvielfalt und Biodiversität (STRUBI), (Erweiterungsmodul zu bereits veröffentlichten Klimaangepasstem Waldmanagement)
  • Maßnahme 6.1., Förderung von „Hecken, Knicks, Agroforstsystemen, Baumreihen oder Feldgehölzen“, zur Vermeidung von Doppelförderung sollte es hier eine Schnittstelle zur GAK geben
  • Maßnahme 6.5., „Maschinen und Geräte zur Stärkung der natürlichen Bodenfunktionen in Agrarlandschaften“, eigentlich weit fortgeschritten
  • Maßnahme 9.6., „Zentrales Kompetenzzentrum (KNK) und regionale Agenturen für Natürlichen Klimaschutz („Kümmererstrukturen“) etablieren“, KNK ist eröffnet, Kümmererstrukturen scheinen zunehmend unwahrscheinlich

Keine Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte bleibe höflich.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und Pflichtfelder sind markiert.