Francesco überfliegt die Wüste – überwiegend nachts

Am Abend des 13. April machte sich Francesco nun schon zum dritten Mal seit seiner Besenderung auf den Heimzug ins Brutgebiet. Schon im letzten Jahr hatte er die Saharaquerung exakt am gleichen Tag begonnen. Gegen 19:30 Ortszeit verließ Francesco seinen letzten Winterort im Ansonge-Menaka Reservat im Süden Malis gen Norden, in dem er sich einen Monat lang aufgehalten hatte. In den letzten beiden Jahren hatte er für diesen längsten und sicherlich entbehrungsreichsten Teil seines Frühjahrszuges jeweils nur vier Tage gebraucht und sich dann eine ein- bis zweiwöchige Rast in Tunesien gegönnt, bevor er weiter über das Mittelmeer in sein süditalienisches Brutgebiet bei Neapel weitergezogen war.

Francescos Flugroute bei der Überquerung der Sahara vom 13. bis 18. April; Quelle: Argos.

Typisch für die Turteltauben ist, dass sie zwar nicht ausschließlich, aber doch überwiegend Nachtzieher sind und so verwundert es nicht weiter, dass sich Francesco am Abend auf den Weg gemacht hat und bei seiner Sahara-Überquerung den Tag meist in der Wüste rastend verbrachte. Es gibt verschiedene Gründe, warum viele der langstreckenziehenden Vögel überwiegend nachts auf der Reise sind. Zum einen sind in der Nacht weniger Lufträuber wie z.B. Falken unterwegs, womit die Reise in der Dunkelheit sicherer sein dürfte. Außerdem können die Vögel das Tageslicht an ihren Rastplätzen effektiv zur Nahrungssuche nutzen, wenn sie nachts fliegen. Allerdings könnten klimatische Faktoren die entscheidenden Gründe dafür liefern, nachts zu ziehen: dann ist die Luft nämlich merklich kühler und die stark beanspruchte Flugmuskulatur kann nicht so leicht überhitzen. Darüber hinaus treten nachts deutlich weniger Turbulenzen im Luftraum auf, da sich viele Windsysteme gerade über den Wüsten über Nacht abschwächen, was den Nachtzug für die Vögel energetisch deutlich günstiger macht.

Auch in diesem Frühjahr hatte Francesco schon nach viereinhalb Tagen die gesamte Sahara überflogen und kam am 18. April nach etwa 2500 km Flugstrecke morgens früh im nördlichen Algerien an. Dort rastet er seither in Kulturland am Südhang des Aurès-Gebirgszuges, einem östlichen Ausläufer des Sahara-Atlasgebirges. Bis in sein Brutgebiet in Süditalien sind es noch weitere tausend Kilometer in nordöstlicher Richtung, und falls sich Francesco ähnlich verhält wie in den beiden Vorjahren, dürfte er das Mittelmeer erst überqueren, nachdem er in Nordafrika eine ein- bis zweiwöchige Zwischenrast eingelegt hat.

Mit dem Fortschreiten des Frühjahrs erwarten wir nun gespannt, dass auch die beiden in Deutschland besenderten Turteltauben Melanie und Cyril, die zur Zeit noch in Mali und im Niger überwintern, in den kommenden Tagen ihre weite Reise nach Norden antreten werden. Für sie ist es die allererste Reise in ihre Brutgebiete, die wir mitverfolgen dürfen!

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Ben Metzger

2 Kommentare

Dirgni

28.04.2020, 03:29

Unglaublich, wie weit die kleinen Vögel doch fliegen können.... 🤔🤔

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Selina

19.05.2020, 08:56

Das war ein wirklich sehr interessanter Artikel. Vielen Dank.

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