Über die Besenderung unserer Turteltauben
Turteltauben sind in Europa stark zurückgegangen und stehen in Deutschland als stark gefährdete Art auf der Roten Liste. Neben verschlechterten Lebensbedingungen im Brutgebiet leiden sie unter der Jagd auf sie im Mittelmeerraum. Über ihr Leben als Zugvogel ist wenig bekannt, doch die Besenderung der zierlichen Tauben soll mehr Klarheit bringen.
Die Zahlen zu Bestand und Bejagung der Turteltaube sind ernüchternd: Von geschätzten 3 bis 6 Millionen Brutpaaren in Europa und Russland werden allein in den Mitgliedsstaaten der EU jährlich geschätzte 2 bis 3 Millionen Vögel erlegt. Bis auf 600.000 Abschüsse im Mittelmeerraum schätzt BirdLife International die Verluste bei Turteltauben.
Abschüsse in Malta und in anderen Ländern legal
Die Jagd beschränkt sich nicht nur auf nordafrikanische Staaten wie Marokko und Mauretanien, auch auf den Zugwegen in einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist die Jagd zugelassen und ein andauernder Streitpunkt. In Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Zypern, Malta, Österreich und Portugal – wo überall wichtige Zwischenstopps auf dem Zugweg liegen, ist die Jagd im Herbst auf dem Flug nach Süden legal. Die Abschüsse zu Sport- oder Vergnügungszwecken ist nicht nur eine unmittelbare Gefahr für den einzelnen Vogel sondern bedeutet auch den Verlust von wichtigen Lebensräumen durch Störung.
Als einziges EU-Land hat Malta sogar eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss von 11.000 Turteltauben auch auf dem Frühjahrszug. Aufgrund des Drucks von NABU und anderen Naturschutzorganisationen wurde diese Genehmigung 2017 das erste Mal ausgesetzt. Wie lange dieses Moratorium jedoch hält, ist unbekannt.
Wenig Informationen
Über die Zugrouten der Turteltaube ist bisher recht wenig bekannt und die Zusammenhänge einzelner Brutbestände und Winterlebensräume sind fast vollkommen unbekannt. Es gibt drei Hauptzugrouten in das Überwinterungsgebiet – die Sahelzone südlich der Sahara – die von den Turteltauben genutzt werden. Erste Beobachtungsdaten lassen vermuten, dass Turteltauben aus Westeuropa über die Iberische Halbinsel ziehen und den Winter in der westafrikanischen Sahelzone verbringen. Turteltauben aus Ost- und Zentraleuropa wandern wahrscheinlich über Italien, Malta, Zypern, Tunesien und Libyen und überwintern weiter östlich im Sudan, in Äthiopien und dem Tschad.
Gemeinsame Forschung ist notwendig
Die Beringung und der Wiederfang von Vögeln sowie die Ausstattung einzelner Individuen mit Satellitensendern und Geolokatoren haben bei vielen Vogelarten Informationen zu Zugrouten und Überwinterungsgebieten geliefert. Um auch den Rückgang der Turteltauben zu verstehen und wirksam einzudämmen, ist ein internationaler Austausch von Forschungsmethoden und Daten notwendig. Dieses Ziel verfolgt der NABU zusammen mit seinem Partnerverband BirdLife Malta und der Universität Gießen, die ein EU-Projekt namens EURODOVE bearbeiten. Das gemeinsame Ziel ist es, besser zu verstehen, wie die verschiedenen Populationen der Turteltauben in Verbindung stehen, wie die Zugrouten genutzt und welche Vögel wo gejagt werden. Das Ausmaß der Infektionen mit Trichomonaden ist bislang nur in England untersucht worden und soll nun ausgeweitet werden. Die durch Trichomonas verursachte Krankheit und Konditionsschwächen können eine weitere Ursache für den Rückgang sein.
Das NABU-Turteltauben-Projekt
In diesem Rahmen wurden bereits 2016 und 2017 auf Malta Turteltauben besendert. Ihre Reise kann nun auf dem Turteltauben Blog des NABU live verfolgt werden. Im nächsten Jahr möchte der NABU nicht nur die Besenderung von zehn weiteren Vögeln auf Malta unterstützen sondern auch zehn weitere Vögel in ihren deutschen Brutgebieten mit kleinen Rucksacksendern ausstatten. Ihre Reise kann dann beim NABU verfolgt werden. Dass diese Turteltauben außerdem zu den ersten Vögeln gehören werden, die im Rahmen der ICARUS-Initiative über eine Raumsonde der European Space Agenca (ESA) Daten übermitteln, ist dabei besonders spannend.
Weitere Informationen
Turteltauben helfen