Zugvogelschutz Beiträge

Wesentlicher Beitrag zur Zugvogelforschung

Das Jahr 2020 mit der Turteltaube als Vogel des Jahres ist vorüber, und auch unsere Sendertauben zeigen leider keinen Aktivitäten mehr. Sie sind entweder umgekommen oder die Sender sind ausgefallen.

2019 konnten wir die Bewegungen und Aufenthaltsorte der brandenburgischen Turteltauben Jenny, Lucianao und Cyril verfolgen und die der hessischen Vögel Taubert, Frieda, Romeo und Julia im Jahr 2020. Turteltaube Melanie als fünfter Vogel aus Hessen lieferte zwei Jahre lang Daten. Dazu kam unser italienischer „Langzeit-Funker“ Francesco, sowie die von BirdLife Malta besenderten Turteltauben auf Comino. Insgesamt wurden über fünf Jahre mit unserer Unterstützung 15 Vögel besendert.

Bewegungsdaten aller seit 2016 besenderten Turteltauben.

Spannende neue Erkenntnisse haben wir aus dem Projekt gewonnen. So zieht der im Osten Deutschlands und Mitteleuropas brütende Teil dieser Vogelart östlich vorbei an den Alpen, über Italien oder den Balkan auf der zentralen Flugroute in die Sahelzone. Der überwiegende Teil der Turteltauben aus der Wetterau flog hingegen über Frankreich und Spanien nach Westafrika. Frühjahrs- und Herbstzugrouten sind nicht gleich gelagert und auch im Überwinterungsgebiet bleiben die Vögel nicht an einem Ort. Die Flugleistung vor allem bei der Sahara- und Mittelmeerüberquerung ist erstaunlich. Mehrere hundert Kilometer am Stück an einem Tag sind keine Seltenheit. Wir konnten Belege finden, dass Gefahren auf dem Zug bestehen und zunehmende Trockenheit durch die Klimakrise sehr wahrscheinliche und erhebliche Lebensrisiken darstellen. Doch auch Abschüsse auf Malta, in Nordafrika oder Frankreich können immer noch nicht ausgeschlossen werden.

Die vielen generierten Daten werden unsere Forscher*innen an der Justus-Liebig-Universität Gießen noch einige Zeit beschäftigen. Ihnen gilt unser Dank für die wissenschaftliche Koordinierung und Durchführung des gemeinsamen Projekts. Die Grundlagen, mehr für die europaweit gefährdete Vogelart auch politisch zu erreichen, und damit auch für andere Zugvogelarten, sind damit deutlich gewachsen. Wir bedanken uns herzlich bei allen Beteiligten und sind gespannt auf neue Erkenntnisse.

Turteltaube wird besendert – Foto: Tim Micallef

Dr. Ben Metzger gilt unser riesiger Dank für die aufschlussreichen, gut recherchierten und kurzweiligen Blogbeiträge. Und Ihnen danken wir für das dauerhafte Interesse und die Anteilnahme am Schicksal unserer Turteltauben.

Dieser Blog wird nun nicht mehr weiter betrieben, weitere Informationen zum Schutz der Turteltauben erhalten Sie in unserer Bilanz des Turteltaubenjahres auf unserer Webseite. Wir halten Sie dort auch weiter auf dem Laufenden oder vielleicht auch als Zugvogelpate*in?

Danke für Ihren Einsatz für den Vogelschutz!

Keine weiteren Bewegungen von Frieda, Taubert und Romeo

Etwa anderthalb Monate haben wir nun noch abgewartet, ob sich die Turteltauben Frieda, Taubert oder Romeo, die alle auf dem Herbstzug ins westafrikanische Winterquartier in der südlichen Sahara gestrandet waren, doch noch einmal in Bewegung setzen würden. Jegliche Ortsveränderungung hätten wir über ihre Satellitensender, die weiterhin regelmäßig Daten senden, registriert.

Turteltaubenpaar, Foto: Ben Metzger

Wir hatten bereits berichtet, dass es sich bei den Gegenden, aus denen die Satellitensignale kommen, um extrem trockene und vegetationsarme Wüstengebiete handelt. Sie sind für längere Rastaufenthalte oder gar als Winterquartiere kaum geeignet. Von den Daten, die wir bereits in den letzten Jahren über besenderte Turteltauben gesammelt haben, wissen wir außerdem, dass die Vögel Ende November bereits in ihren Winterquartieren deutlich weiter südlich angekommen sein müssten.

Weil die Reise aller drei Turteltauben in einem relativ kurzen Zeitfenster in der Südsahara endete, hatten wir darüber spekuliert, ob etwa eine größere Schlechtwetterfront mit Sandstürmen die Vögel überrascht haben könnte. Joost Brouwer, der Vogelexperte in der Region, der uns bereits in der Vergangenheit immer wieder unterstützt hatte, befragte dazu

Danke an alle Helfer*innen!

Während sich alle unsere Turteltauben auf ihrer Reise ins Wintergebiet befinden, möchten wir, die Wissenschaftler*innen der Justus-Liebig-Universität Gießen, und auch im Namen des NABU-Bundesverbands die Chance nutzen uns bei allen Helfern und Unterstützern des Projektes zu bedanken.

Besenderte Turteltaube kurz vor der Freilassung. Foto: Lennart Wegner

Bereits im Vorfeld erhielten wir wichtige Informationen und Material von internationalen Kollegen*innen, welche bereits Erfahrung mit dem Fang und der Besenderung von Turteltauben hatten. Dies erleichterte uns die Planung und Durchführung der Feldarbeit erheblich.

Vor und während des Projektes standen uns die Mitarbeiter*innen der zuständigen Naturschutzbehörden und Jagdbehörden sowie die jeweiligen Tierschutzbeauftragten hilfreich zur Seite und trugen durch ihre Flexibilität, z.B. bei kurzfristigen Standortänderungen, zum Erfolg des Projektes bei.

Unser Dank geht zudem an alle, die das Vorkommen von Turteltauben auf verschiedenen Beobachtungsportalen, wie Naturgucker oder ornitho, gemeldet haben. Anhand dieser Meldungen konnten wir geeignete Anfütterungsplätze in Hessen und Brandenburg auswählen. Auch Orts- und Regionalgruppen des NABU und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie (HGON) haben über Beobachtungen und Meldungen von lokalen Turteltaubenvorkommen bei der Auswahl geeigneter Standorte sehr hilfreiche Informationen gegeben oder haben uns geeignete Stellen direkt im Feld gezeigt.

Bedanken möchten wir uns bei allen Flächeneigentümer*innen (Landwirte, Naturschutzvereine, Forstämtern, Stiftungen sowie Gemeinden und Städten), die das Anfüttern und Aufstellen der Fangkäfige auf ihren Grundstücken gestattet und unterstützt haben.

Ein herzlicher Dank auch an alle Jagdpächter und Jagdausübungsberechtigten der jeweiligen Standorte für ihre Unterstützung und Rücksichtnahme.

Dankeschön an alle ehrenamtlichen Helfer*innen, Studierenden und Kollegen*innen in Hessen und Brandenburg, die uns aktiv bei der Anfütterung, während der Feldarbeit und beim Fang der Turteltauben unterstützt haben.

Ein besonderer Dank an die ehrenamtlichen Helfer*innen und Kolleg*innen von BirdLife Malta, die den Fang und die Besenderung von Virginijus, Marija und Hope nicht nur ermöglicht, sondern auch für uns durchgeführt haben.

Ohne die tatkräftige Unterstützung und Zusammenarbeit der Helfer*innen aus diesen verschiedenen Tätigkeitsbereichen wäre die erfolgreiche Besenderung der Turteltauben nicht möglich gewesen!

Bleibt Julia in Marokko auf der Strecke?

Bereits vor zwei Wochen war Julia als erste unserer Sendertauben in Nordafrika angekommen. Von ihrem Rastort in Nordmarokko, etwas südöstlich der Großstadt Rabat aus einer Gegend mit recht intensivem Getreideanbau, erreichten uns dann in der Nacht des 17. September kurz nach Mitternacht die letzten Signale ihres Satellitensenders. Leider können wir aus den zusätzlichen Daten von Julias Sender, die uns mit diesen letzten Ortungen erreichten, nicht ableiten, ob Julia etwas zugestoßen ist, oder eventuell lediglich der Sender ausgefallen ist. In jedem Fall stellt die Zugzeit für Turteltauben und viele weitere Zugvogelarten eine entbehrungsreiche und gefahrvolle Periode in ihren Lebenszyklen dar. Außerdem ist bekannt, dass Turteltauben in Marokko immer noch intensiv bejagt werden, inklusive von Jagdtouristen aus Europa.

Turteltaube im Rastgebiet auf einem abgeernteten Getreidefeld; Foto: Ben Metzger

Oasen – Hotspots der Klimakrise in der Sahara

Zwei unserer Turteltauben haben erfolgreich das Mittelmeer überquert und damit auch die erste große geografische Hürde genommen auf ihrem Zug in ihr Überwinterungsgebiet im Sahel Afrikas. Die zweite steht nun für Julia und Taubert direkt bevor und verlangt vieles von ihnen ab: Die Sahara, größte Wüste der Welt, kann von einem kleinen Vogel wie der Turteltaube zwar in nur vier Tagen gequert werden, wie wir aus unseren Senderdaten wissen, doch trotzdem benötigen sie ab und zu Rastplätze zum Schlafen, Trinken und Fressen.

Die Klimakrise und die einhergehende Erderhitzung trifft nicht nur die Pole und bringt Gletscher zum Schmelzen, sie beschleunigt die Ausbreitung der Wüsten (auch als Desertifikation bezeichnet) und trifft dieses Ökosystem selbst.

Foto: NABU/CEWE/Jörg Tenberken

Wüstenoasen fungieren wie Inseln im Sand aus Meer. Dort sorgen unterirdische Wasseradern oder Grundwasserspeicher für ausreichend günstige Bedingungen für zum Teil üppiges Vegetationswachstum und um Landwirtschaft zu betreiben, etwa durch den Anbau von Dattelpalmen. Durch die Temperaturzunahmen wird in immer mehr Oasen das Wasser vor allem über eine höhere Verdunstung knapp oder sie sind bereits ausgetrocknet.

Stefan Schaaf berichtete am 11. Juli für die ARD aus der Oasenstadt M’hamid El Ghizlane am Rande der Sahara. Lesen Sie hier seine Schilderung zur Verschärfung der Situation dort durch die Klimakrise. Neben den Zukunftsängsten der Bevölkerung wird hier zwischen den Zeilen auch deutlich, welches ökologische Defizit mit dem Schwund dieser Wüsteninseln einhergeht. Für Zugvögel wie die Turteltaube bedeutet der Verlust oder die Verschlechterung dieser Tankstellen, dass die Einzeletappen ohne Pause länger werden oder die Energiereserven nicht mehr für den restlichen Zugweg reichen. Bereits im letzten Jahr sind die zwei Turteltauben Luciano und Jenny aus Brandenburg in der südlichen Sahara aus unbekannten Gründen gestrandet. Ihre Sender zeigten zum Ende ihres Herbstzugs keine Bewegung mehr an. Hoffen wir, dass unsere hessischen Sendertauben heil in ihr Überwinterungsgebiet finden!

Teilerfolg: 11.000 Turteltauben sicher in Frankreich!

Foto: BirdLife Europe

Unser BirdLife-Partnerverband LPO hat uns heute darüber informiert, dass am vergangenen Freitag die Jagd auf Turteltauben in Frankreich für diese Saison vom Staatstrat vorzeitig beendet wurde (Pressemitteilung (frz.) von LPO)!

Leider war dies zu spät für den Beginn der Jagdsaison, denn das Dekret wurde vom zuständigen Ministerium erst zwei Tage vor dem Eröffnungstermin des 29. Augusts veröffentlicht, aber früh genug, um die Jagd zum Beginn der zweiten Septemberhälfte einzustellen. Französische Jäger nutzten zwar die Lücke von zwei Wochen um Turteltauben zu schießen, jedoch waren es mit 7.000 weit weniger als die vorher geltende Quote von knapp 18.000 Vögeln.

Die für die Staatsratsentscheidung zugrundeliegende öffentliche Konsultation (mehr als 19.000 Beiträge) ergab 75,2 Prozent der Stimmen gegen die Jagd auf Turteltauben. Der NABU ist LPO am 10. August mit einem kurzfristigen Aufruf in Deutschland zur Seite gesprungen. Und tatsächlich – allein dank Ihrer Unterstützung können wir davon ausgehen, dass auch einige hundert deutsche Stimmen gegen die Jagd auf „unsere“ dort durchziehenden Turteltauben geholfen haben.

Diese erfreuliche Entwicklung stimmt uns hoffnungsvoll für unsere Sendertauben: Vier von fünf haben auf ihrem begonnen Zug in die Überwinterungsgebiete den Weg über Frankreich gewählt!