Umweltschadensrecht effektivieren!
NABU beteiligt sich an Evaluation der EU-Umwelthaftungs-Richtlinie
Gestern fand ein Workshop der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission zur EU-Umwelthaftungs-Richtlinie statt. Der Workshop ist Teil der derzeit laufenden Evaluation dieser umweltrechtlichen Querschnitts-Richtlinie. Der NABU fordert eine Überarbeitung des EU-Rechts, um effektivere Vorgaben zur Vermeidung und Beseitigung von Schäden an Umwelt und Natur zu haben.
Engagement für effektiveres Umweltschadensrecht
Der NABU hat als einer der wenigen Umweltverbände an diesem von Mitgliedstaaten und Versicherungsbranche gut besuchten Workshop teilgenommen. In einem Vortrag brachte der Brüsseler Büroleiter und Rechtsanwalt, Raphael Weyland, die Erfahrungen unter anderem aus den NABU-Gerichtsverfahren zur Trauerseeschwalbe Eiderstedt (Schleswig-Holstein) und Butendiek ein. Bereits vor einiger Zeit hatte sich der NABU mit seinem Dachverband BirdLife Europe zudem an der Experten-Konsultation der EU-Kommission beteiligt.
Der mehr als 15 Jahre laufende Rechtsstreit um die Beseitigung des Umweltschadens im Hinblick auf die Population der Trauerseeschwalbe auf Eiderstedt zeigt aus NABU-Sicht, dass die bisherige Rechtslage unzureichend ist. Da Deutschland den Rechtsakt formal ausreichend umgesetzt haben dürfte, ist in jeden Fall neben unzureichender Anwendung vor Ort auch unbefriedigende Regelungslage auf EU-Ebene zu konstatieren.
Klärungsbedürftige Fragen
Der Eiderstedter Fall (anwaltlich vertreten durch Jan Mittelstein, Mohr Rechtsanwälte, Hamburg), der es gar bis zum Europäischen Gerichtshof nach Luxembourg geschafft hat, wirft unter anderem folgende Fragen auf:
- Frage der Definition des (Umwelt-)Schadens
- Fortbestand des Schadens, Zeitpunkt des Vorliegens und Beweislast
- Enthaftung (u.a. auch durch Verweis auf Tradition oder fachliche Praxis)
- Frage des Umfangs der Schadensbeseitigung
- Dauer und Kosten der Gerichtsverfahren
- Drohendes neues Verfahren zur Geltendmachung der Schadensbeseitigung
Der Fall ist bisher immer noch nicht endgültig entschieden. Nach Klage beim Verwaltungsgericht, Rechtsmittel beim Oberverwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgerichts-Vorlage an den EuGH nebst dortig erfolgreichem Urteil, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und Rückverweisung an das Oberverwaltungsgericht steht nun die letzte Entscheidung zur Frage des Umweltschadens noch aus. Hiernach droht hoffentlich keine neuerliche längliche Auseinandersetzung um die korrekte Schadensbeseitigung.
Zeitplan der EU-Kommission
Bis es möglicherweise zur Überarbeitung der EU-Richtlinie kommt, dürfte indes noch etwas Zeit vergehen. Die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission plant, bis April 2023 den Abschlussbericht der Evaluation als Arbeitsdokument zu veröffentlichen. Im Mai 2024 stehen die nächsten Europawahlen an. Neue Gesetzgebung darf dabei nicht der Diskontinuität zum Opfer fallen. Daher wird die Entscheidung, ob die Umwelthaftungs-Richtlinie überarbeitet wird, und sodann der entsprechende Gesetzesvorschlag, nicht mehr von der aktuellen Kommission getroffen werden. Es verbleibt also auch noch Zeit, weitere Argumente zu sammeln. Und derweil auf einen positiven Ausgang des Eiderstädter Gerichtsverfahrens zu hoffen, für das Umweltschadensrecht und die Trauerseeschwalbe!
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