NABU-GAP-Ticker: Was bedeutet der EU Wiederaufbauplan für die GAP?
Brüssel, 8.Juni 2020. Am 27.Mai veröffentlichte die EU Kommission ihren Vorschlag für ein Wiederaufbauprogramm sowie für den neuen EU Haushalt (MFR). Diese sollen den Grundstein legen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach Covid-19. Gleichzeitig ist es das erklärte Ziel der Kommission aber auch des Europäischen Parlaments und der Mehrzahl der Mitgliedstaaten, den Green Deal in den Fokus dieser Anstrengungen zu rücken. Unsere erste Analyse der Vorschläge ergab jedoch ein durchwachsenes Bild und vor allem beim Naturschutz blieben vor allem Enttäuschung sowie viele offene Fragen. Unklar war auch, wie die GAP von diesem Paket betroffen sein würde.
Mehr Geld im Agrarhaushalt
Bei den reinen Zahlen ist die Lage relativ klar. Der aktualisierte Haushaltsvorschlag erhöht das Budget der ersten Säule von 2021-2027 inflationsbereinigt um 4 Mrd. € sowie das der zweiten Säule um 5 Mrd. € gegenüber dem ursprünglichen Entwurf aus 2018. Das Wiederaufbauprogramm, welches insgesamt ein Volumen von 750 Mrd. € hat, leitet weitere 15 Mrd. € in die ländliche Entwicklung. Die gute Nachricht, die Kürzungen der 2.Säule aus dem vorherigen Haushaltsvorschlag von 2018 sind somit fast vollständig vom Tisch. Durch die zudem vorgesehene höhere nationale Ko-Finanzierung könnten die Mittel in den ländlichen Entwicklungsprogrammen am Ende sogar höher ausfallen als heute.
Unklarheiten über die Verwendung
Vor allem bei den zusätzlichen 15 Mrd. € aus dem Wiederaufbauprogramm bleiben jedoch viele Fragezeichen zur angedachten Verwendung, z.B. ob eine Differenzierung zu den restlichen ELER Geldern geplant ist. Die offizielle Kommunikation der EU Kommission zum Wiederaufbauprogramm erwähnte zunächst nur Folgendes:
„The Common Agricultural Policy and the Farm to Fork Strategy will support our farmers and agricultural sector to thrive and continue to provide us with the affordable, nutritious, safe and sustainable food we need, while strengthening our supply chains and addressing the issues that were exposed during the crisis. Given the vital role of farmers and rural areas in the green transition, the Commission is today proposing to reinforce the budget for the European Agricultural Fund for Rural Development by €15 billion.“
Das Geld müsste dementsprechend u.a. die Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie sowie die Grüne Transformation unterstützen. Die Formulierung schafft aber gleichzeitig den Eindruck, dass die Budgeterhöhung nicht unbedingt an bestimmte Umweltmaßnahmen gebunden ist, lässt also ein Hintertürchen offen.
Kein Geld für den Green Deal?
Inzwischen hat die EU Kommission ihre Pläne im Rahmen einer sgn. „Omnibus-Richtline“ konkretisiert, welche unter anderem den eigenen GAP-Vorschlag aus 2018 aktualisiert. Diese sieht für die zweite Säule konkret zwei Dinge vor: 1) Die für die restlichen GAP-Gelder geltenden Zweckbindungen (d.h. auch die Verpflichtung 30% in Umweltmaßnahmen zu stecken) gilt nicht für die zusätzlichen 15 Mrd. €. 2) Das Geld soll in drei Tranchen von 2022-2024 an die Mitgliedstaaten fließen, mit dem Ziel Aktivitäten zu fördern, welche die wirtschaftliche Erholung nach COVID-19 anleiten.
Somit bleibt immer noch unklar, für welche konkreten Maßnahmen die Mitgliedstaaten dieses Geld verwenden dürfen. Die Gefahr ist jedoch groß, dass der Umweltschutz und der Green Deal, anders als im obigen Zitat, propagiert auf der Strecke bleiben. Vor allem, dass die Verpflichtung min. 30% der ELER-Gelder in den Umweltschutz zu investieren, auf die Mittel aus dem Wiederaufbauprogramm nicht anwendbar ist, könnte zum Bummerang werden. Zwar ist es natürlich nicht ausgeschloßen, dass einzelne Mitgliedstaaten mehr als diese 30% in den Umweltschutz stecken. Die Erfahrung aus der Vergangenheit hat aber gezeigt, dass die Mitgliedstaaten dies ohne rechtliche Verpflichtung in der Regel nicht tun.
Agrarminister und Parlament sind am Zug
Das letzte Wort über die Verwendung dieser Gelder haben der Rat sowie das Europäische Parlament. Allein um Marktverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden, wäre zu raten, die Vorgaben der EU Kommission zu konkretisieren. Nachdem sich beide Institutionen ferner dazu bekannt haben, den wirtschaftlichen Wiederaufbau am Green Deal auszurichten, wäre es ferner nur konsequent, die zusätzlichen Milliarden in den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft hin zu mehr Klima- und Naturschutz zu investieren. Davon würden am Ende sowohl die Landwirt als auch die Umwelt profitieren.
Der NABU-GAP-Ticker
Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv – #FutureOfCAP
Titefoto: Europäische Union 2013
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