Imker-Präsident gegen Glyphosat-Einsatz
Im Interview: Der Präsident des Deutschen Imkerbundes (DIB) Peter Maske über Glyphosat auf dem Acker, Rückstände im Honig und die Zukunft der Landwirtschaft
Seit einigen Wochen erregt die Diskussion um die nunmehr für weitere 18 Monate erfolgte Neuzulassung des Breitbandherbizids Glyphosat die Gemüter. Welche Meinung hat der DIB zum Einsatz von Glyphosat?
Peter Maske: Glyphosat lehnen wir natürlich grundsätzlich ab. Unsere Agrarlandschaft bietet ohnehin bereits zu wenig Blütenreichtum für blütensuchende Insekten, durch den Einsatz von Glyphosat wird dieser Mangel weiter verstärkt.
Vor einigen Wochen wurde bei einzelnen Proben die Überschreitung des Rückstandshöchstgehaltes von Glyphosat im Honig festgestellt. In Brandenburg konnte in einer Probe eine hundertfache Grenzüberschreitung festgestellt werden. Ist der Verzehr von Honig mittlerweile gesundheitsgefährdend?
Dieser Sachverhalt ist uns seit Anfang des Jahres bekannt, weshalb wir uns bereits mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Julius Kühn-Institut (JKI) in Verbindung gesetzt haben. Eindeutig ist, dass dergleichen Rückstände eigentlich nur durch das Verfahren der Sikkation hervorgerufen werden können, dessen Einsatz nur noch sehr eingeschränkt erlaubt ist. Demnach ist es wahrscheinlich, dass hier eine nicht hinnehmbare Fehlanwendung vorliegt. Solche Fehlanwendungen bei der Ausbringung von Pestiziden gibt es wahrscheinlich bundesweit immer wieder und müssen verhindert werden. Den betroffenen Imkern, deren Honig sich nicht mehr für den Verzehr eignet, müssen entsprechende Schadensersatz- und Ausgleichszahlungen angeboten werden. Die gesundheitlichen Bedenken von Glyphosat kann ich nicht bewerten, stelle mich hier aber an die Seite des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Weltgesundheitsorgansisation (WHO), die Glyphosat als wahrscheinlich nicht krebserregend einstuften. Dennoch sind zu hohe Rückstände im Honig keinesfalls akzeptabel, schließlich wollen wir den Konsumenten ein hochwertiges Lebensmittel anbieten. Glücklicherweise ist davon auszugehen, dass der Fall in Brandenburg bisher ein Einzelfall ist.
Sie meinten bereits, dass davon auszugehen ist, dass es bundesweit zu weiteren Fehlanwendungen des Glyphosateinsatzes gekommen ist. Wäre es nicht an der Zeit, ein bundesweites Monitoring durchzuführen, um diesem Problem systematisch auf den Grund zu gehen?
Ja, durchaus. Auf Glyphosat wurde in der Vergangenheit zu wenig geachtet, weil man davon ausgegangen ist, dass der Einsatz auch sachgemäß durchgeführt wird.
Also handelt es sich hierbei gewissermaßen um eine bisher ungekannte Gefahr, die jetzt erst ans Licht kommt?
Davon ist auszugehen. Und dem ist unbedingt nachzugehen.
Rückstandsüberschreitungen, mangelnde Nahrungsverfügbarkeit für Bestäuber, Bienensterben…läuft in der Landwirtschaft nicht etwas grundlegend falsch?
Auch wenn die konventionelle Landwirtschaft nicht unbedingt bienenfreundlich ist, hat sie mit dem Bienensterben überhaupt nichts zu tun. Der Hauptverursacher ist die Varroa-Milbe, ein Parasit, den wir vor 35 Jahren aus Asien importiert haben und der sich seither ausbreitet.
Aber wird nicht in vielen aktuellen Studien darauf hingewiesen, dass das Bienensterben multifaktorieller Natur ist und die Fitness der Bienen maßgeblich durch ein mangelndes Nahrungsangebot und den Pestizideinsatz negativ beeinträchtigt wird?
Ich fände es unlauter zu behaupten, dass Pestizide die Hauptursache für den Bienenrückgang sind, das deckt sich mit keiner wissenschaftlichen Untersuchung. Dennoch empfehle ich zum Beispiel den Einsatz von sogenannten Dropleg-Drüsen, durch welche das Pestizid nicht auf die Blüten sondern entlang der Pflanzenstengel aufgebracht wird. Im Rahmen meiner Tätigkeit für den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) wird auch über den Einsatz von Drohnen diskutiert, die Schlupfwespeneier auswerfen, um durch die Förderung des Nützlings die Ausbringung von Pestiziden zu vermindern. Das sind alles so Dinge, womit ich gerade versuche im Sinne der Bienen die Agrarpolitik durch innovative Lösungsansätze zu verändern. Sicherlich kann auch durch eine Verbesserung der Nahrungsversorgung die Vitalität von Bienen gefördert werden, dennoch ist die Varroa-Milbe unser Hauptproblem.
Wie müsste Ihres Erachtens eine bienenfreundliche Landwirtschaft aussehen?
Hierzu muss ich zunächst einmal sagen, dass mein Herz auch für den Landwirt schlägt. Ein Landwirt ist ein Unternehmer, der schauen muss, dass er möglichst viel aus seinem Grund und Boden herausholt. Außer beim Raps interessieren ihn die Bienen erst mal nicht. Letztendlich gibt es keine Landwirtschaft, die für die Bienen gut ist.
Ihre Aussagen erwecken den Eindruck, dass die Landwirtschaft nicht auf Bestäuber angewiesen sei. Dabei sind Bienen weltweit das drittwichtigste Nutztier überhaupt. Ihr monetärer Wert wird auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Auch auf der Website des DIB wird mit der enormen Bestäubungsleistung von Bienen geworben…
Sicherlich sollte versucht werden, über Streifen -oder auch Flächenelemente die Nahrungsverfügbarkeit für blütensuchende Insekten zu erhöhen. Dabei sind wir auf die Landwirte angewiesen, schließlich haben sie die Flächen. Eine intensive Landwirtschaft können wir Imker den Landwirten aber nicht verbieten.
Da scheinen Sie mit dem Bauern-Präsident Rukwied auf einer Linie zu stehen: Während des Deutschen Bauerntages Ende Juni kam von ihm die klare Botschaft, dass die Landwirte keine Agrarwende brauchen…
Dennoch sind wir mit den Greening-Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) auf dem richtigen Weg.
Nun gut, der naturfachliche Nutzen des Greenings wurde von den Umweltverbänden stark in Frage gestellt…
Ja, weil wir hier noch am Anfang stehen, das Greening ist ein zartes Pflänzchen das noch bewässert werden muss. Aber mittlerweile konnte schon viel für den Naturschutz und die Notwendigkeit zum Umdenken erreicht werden!
Da sind wir – erstaunlicherweise – grundlegend anderer Meinung. Seit Jahrzehnten setzen sich Umweltverbände wie der NABU dafür ein, die Naturschutzstandards der GAP anzuheben. Vergeblich. Nach wie vor schreitet der Verlust der biologischen Vielfalt in Deutschland und Europa voran. Nur wenn das Fördersystem der GAP grundlegend verändert wird, besteht die Chance auf eine Verbesserung. Subventionen sollten nur an die Landwirte fließen, wenn auch öffentliche Leistungen – wie zum Beispiel die Förderung von Bestäubern – erbracht werden…
Sicherlich, beim Naturschutzgedanken bin ich voll bei Ihnen, nur eines sollte man nicht außer Acht lassen: Die gesellschaftlichen Ansprüche und die Realität in der landwirtschaftlichen Praxis klaffen oft weit auseinander. Ich kann mir nur durch die Realisierung kleiner Schritte Veränderungen vorstellen.
Welche Botschaft wollen Sie den Imkern in Deutschland mit auf den Weg geben?
Wir Imker sollten immer das direkte Gespräch mit Konsumenten und Landwirten suchen. Nur so kann über die Leistung und Bedeutung der Bienen aufgeklärt werden. Und auch darüber, wie viel Arbeit hinter einem Glas Honig steckt.
Herr Maske, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
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