Francesco fliegt am weitesten nach Süden
Anders als vor zwei Jahren, als Francesco fast zwei Monate am Nakambé in Ghana verbracht hatte, machte er dort diesmal wider Erwarten nur recht kurz halt. Schon am 9. Januar, nach etwa fünf Tagen in der Flussniederung, flog er knappe 40 km weiter nach Südosten. Nordöstlich der Stadt Tamale, der Hauptstadt der Provinz Nord-Ghana, hält er sich nun schon fast einen Monat lang auf.
Von den von uns mit Satellitensendern ausgestatteten Turteltauben ist Francesco damit die Taube, die mit Abstand am weitesten südlich überwintert. Vergleicht man seinen derzeitigen Standort mit der Verbreitungskarte aus dem Handbuch der Vögel der Welt wird ersichtlich, dass er sich südlich vom regulären Winter-Verbreitungsgebiet der Art aufhält. Wir fragen uns, ob Turteltauben, die wie im Fall von Francesco mit seinem Brutgebiet bei Neapel weiter südlich brüten, generell auch weiter im Süden überwintern, als beispielsweise die Brutvögel aus Deutschland. Allerdings hatte die Turteltaube Nicola, die in Apulien auf etwa der gleichen geographischen Breite gebrütet hatte wie Francesco, ungefähr so weit südlich überwintert, wie jetzt beispielsweise Melanie. Um ein generelles Muster erkennen zu können, müssten wir somit wohl noch mehr Vögel besendern.
Um etwas mehr über den Status der Turteltauben in Ghana zu erfahren, haben wir Eric Lartey, den Leiter der Ghana Wildlife Society (GWS) kontaktiert. GWS ist die dortige BirdLife-Partnerorganisation. Kwame Boafo, einer von Herrn Larteys wissenschaftlichen Mitarbeitern, erklärte uns, dass bisher keine spezifischen Studien an Turteltauben in Ghana durchgeführt wurden, und dass die verfügbaren Informationen daher weitgehend als Nebenprodukt anderer Forschungsarbeit angefallen sind, bzw. es sich um Zufallsbeobachtungen in der nördlichen Region handelt. Demnach ist die Turteltaube in Ghana ein eher seltener Wintergast, der in geringer Zahl im nördlichen Landesteil in der Zeit zwischen Oktober und April beobachtet werden kann. Einige Nachweise wurden auch aus dem Mole Nationalpark bekannt, der liegt etwa 120 km westlich von Tamale. Laut Kwame werden die Turteltauben meist in Flussniederungen in der Nähe von Grasflächen und Feldern beobachtet, im Nordosten Ghanas auch in bewässerten Reisfeldern. Das passt sehr gut zu dem, was wir auf dem Satellitenbild von Francescos derzeitigem Aufenthaltsort sehen. Wenngleich Ghana außerhalb der Kern-Winterverbreitung der Turteltaube liegt, ist nach Kwames Einschätzung Habitatverlust einer der Hauptgefährdungsursachen für die Art in der Region.
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2 Kommentare
Vera Brandt
24.02.2020, 21:08Meine Enkelin wird einen Vortrag über den Vogel des Jahres 2020 im Monat März vor der Klasse im Sachkundeunterricht vortragen.Sie hat sich die Turteltaube Melanie ausgewählt und die Besendung, sämtliche Stationen ihres Fluges usw. Nun aber keine Info von Melanie ! Ob Melanie aufgefressen wurde? Warum keine Daten von ihr? Diese Frage kann ich auch nicht beantworten. Heute- Oma ist schon eine Info? Vielleicht könnt ihr Aussagen geben. Danke
AntwortenEric Neuling
25.02.2020, 11:26Hallo Frau Brandt, schön, dass unser Turteltauben-Blog auch in den Unterricht Einzug hält! Passend dazu hat Ben Metzger einen neuen Bericht zu Melanie verfasst. Viel Vergnügen beim lesen und viel Erfolg mit dem Vortrag für Ihre Enkelin.
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