Vogelzugforschung Beiträge

Melanies Winterortswechsel im Senegal

Wie bereits früher an dieser Stelle berichtet hatte Melanie die Westzugroute in den Senegal genommen. Auf dieser Route ziehen auch britische und die meisten der französischen Turteltauben, wie unsere Kollegen von der Royal Society for the Protection of Birds (RSPB, BirdLife Großbritannien) und vom Office National de la Chasse et de la Faune Sauvage (ONCFS, dem französischen Institut für Jagd und Wildtierforschung) ebenfalls mit Hilfe von satelliten-besenderten Turteltauben herausgefunden haben. Deren Zugrouten, Brutgebiete und Winterquartiere kann man in folgenden Links einsehen:

https://www.rspb.org.uk/our-work/conservation/satellite-tracking-birds/tracking-turtle-doves/

http://turtledoveresearch.com/fr/

Die französischen und britischen Turteltauben überwintern in der gleichen Region in Westafrika wie Melanie und es könnte durchaus sein, dass sich dort Tauben aus unterschiedlichen Brutgebieten in West- und Mitteleuropa zu losen Überwinterungstrupps zusammenfinden.

Francesco zieht noch ein Stückchen weiter

Francesco war am 23. Oktober in Burkina Faso eingetroffen. In der Nacht vom 2. auf den 3. November machte er dann seinen nächsten „Sprung“ und flog weitere 35 Kilometer in süd-südwestlicher Richtung, wo er sich seiterher am Rande der Ortschaft Sona aufhält. Sona liegt zwar eigentlich in einem Schutzgebiet, dem Sahel-Reservat von Burkino Faso. Allerdings befindet es sich dort zwischen der großen Tagebau-Goldmine Inata und dem Staudamm von Tchalel-Goumdé die ebenfalls im Reservat liegen. Immerhin ist der Stausee derzeit mit Wasser gefüllt, und das Gebiet in dem sich Francesco aufhält im Augenblick sehr grün.

Betrachten wir das jüngste Infrarot-Satellitenbild der Gegend vom 6. November erscheint die frische Vegetation in Fehlfarben leuchtend rot, die Wasserfläche des Stausees östlich von Francescos Aufenthaltsort ist türkis dargestellt. Deutlich sind auch die geometrischen Strukturen der Goldmine von Inata westlich von Francescos Standort zu erkennen. In jedem Fall dürfte Francesco in seinem derzeitigen Winterquartier mit all der frischen Vegetation momentan sehr gute Nahrungsbedingungen vorfinden.

Francescos derzeitiger Überwinterungsort (blauer Stern). Infrarot-Satellitenbild vom 6. November. Quelle: Sentinel-hub Playground

Erwähnenswert ist noch, dass Francesco einen Teil des Winters 2017 schon einmal auf dem gleichen Breitengrad verbrachte, nur etwa 40 Kilometer weiter östlich. Damals war er Mitte November noch weiter nach Südosten gezogen. Wie lange wird er wohl diesmal in der Gegend bleiben?

Cyril weiterhin im Süden Nigers

Bereits seit dem vierten Oktober befindet sich Cyril nun schon in Nähe von Founkouey in einem Flusstal im südlichen Niger. Damit ist er seinem ersten Winterquartier in dieser Periode zumindest bisher treu geblieben. Wenn wir uns für diesen Zeitraum lediglich die Satellitenortungen anschauen, die mit einer Maximalabweichung von 250 Metern die höchste Genauigkeit aufweisen, so wird deutlich, wie klein das Winterrevier einer Turteltaube eigentlich ist. Die meisten Ortungen entfallen auf eine Fläche von etwa einem Quadratkilometer, lediglich ein einzelner Punkt liegt etwa drei Kilometer weit vom Zentrum dieses Winterreviers entfernt. Während die Turteltauben auf dem Zug in wenigen Tagen oft tausende Kilometer zurücklegen können, sind sie – einmal in einem geeigneten Winterquartier angekommen – eher sesshaft und wechseln nur in ein weiteres Winterquartier, wenn sich die Bedingungen vor Ort verschlechtern. Wir werden sehen, wann das für Cyril an diesem Ort der Fall sein wird.

Cyrils erstes Winterrevier im südlichen Niger. Quelle: Argo

Francesco wieder in Burkino Faso

Nachdem sich Francesco genau einen Monat lang in seinem ersten Überwinterungsgebiet im Süden Malis aufgehalten hatte, zog er in der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober weiter Richtung Südwesten. Am Morgen des 23. Oktobers überflog er die Grenze zu Burkino Faso und bewegte sich dann über zwei Tage noch um etwa 20 km weiter ins Landesinnere. Dort hält er sich seither auf, etwa 150 km von seinem bisherigen Winterquartier entfernt und zirka 50 km nördlich eines Gebiets, in dem er schon im Oktober und November 2017 länger verweilt hatte.

Francesco fliegt von Süd-Mali nach Burkina Faso, in grau dargestellt die Grenze zwischen Mali und Burkina Faso; etwas weiter südlich einer von Francescos Aufenthalten 2017.

Für uns ist es sehr erfreulich, dass wir Francescos Wanderungen in seine Winterquartiere und seine diversen Winterortswechsel nun schon im dritten Jahr detailliert verfolgen können. Wenngleich er bisher jeden Herbst in die selbe Richtung abzog und und im Winter großräumig betrachtet in der gleichen Region verbrachte, zeichnet sich dennoch ab, dass er keine sehr hohe Winterortstreue aufzuweisen scheint. Denn obwohl er nun schon zum dritten Mal zumindest einen Teil des Winters in Burkina Faso verbringt, hält er sich dort bisher jedes Mal in unterschiedlichen Gebieten auf. Wir vermuten, dass seine Winterortswahl und vor allem auch die Ortswechsel im Winter von den Jahr zu Jahr zeitlich und räumlich sehr unterschiedlichen Niederschlagsverteilungen beeinflusst werden, die wiederum dafür verantwortlich sind, wann und wo genau er reife Sämereien, also die besten Nahrungsbedingungen, vorfindet.

Luciano bleibt in der Ténéré auf der Strecke

Nun schon seit Ende September erreichen uns die Signale von Lucianos Satellitensender relativ stationär aus der Wüstengegend im Schutzgebiet Aïr und Ténéré im Norden des Niger. Unweit seiner derzeitigen Position, etwa 60 km weiter südlich, hatten wir im Frühjahr 2018 auch die Ende April 2017 auf Malta besenderte Turteltaube Dana auf ihrem Heimzug verloren. Dana’s Sender hatte ebenfalls über einen längeren Zeitraum weiter stationär Positionen gesendet. Luciano könnte demnach auf dem entbehrungsreichen Herbstzug ein ähnliches Schicksal widerfahren sein, wie Dana auf dem Frühjahrszug.

Luciano: Bereits seit 24. September in der nigrischen Sahara.

Francesco weiterhin in Süd-Mali

Francesco hält sich weiterhin im Süden von Mali auf. Seit seiner Ankunft dort um den 22. September hat er sich nur auf einer relativ kleinen Fläche umherbewegt. Betrachten wir nur diejenigen Signale seines Satellitensenders, die mit einer Abweichung von maximal 250 Metern die höchste Ortungs-Genauigkeit aufweisen, stellen wir fest, dass sich sein Leben derzeit in einem Radius von lediglich etwa einem Kilometer abspielt. Dies unterstreicht ein weiteres Mal wie wichtig für Turteltauben in den Rast- und Winterquartieren die räumliche Nähe von Nahrungshabitaten auf dem Boden, Wasserstellen zur Tränke sowie Baumbestand als Schlafplatz und Schattenspender ist. Diesem Habitatmix auf engem Raum, der durch Überweidung, Intensivierung der Landnutzung, Holzeinschlag und fortschreitender Desertifikation vielerorts gefährdet ist, sollte bei Überlegungen zu Schutzmaßnahmen südlich der Sahara sicherlich ein Hauptaugenmerk zukommen.

Francescos Rastgebiet in Süd-Mali. Quelle: ARGOS CLS.