Ben Metzger Beiträge

Jenny in Algeriens größter Oasenstadt

Jenny rastet im Augenblick in der südlichen Sahara, allerdings weiter östlich. Sie flog am 25. September von Süd-Tunesien aus weiter und erreichte am 29. September ihr momentanes Rastgebiet nahe der Stadt Tamanrasset, der größten Oasenstadt Algeriens. Damit ist sie von den fünf Sendertauben im Augenblick am weitesten im Norden und hat vermutlich noch die weiteste Strecke ins Winterquartier vor sich. Tamanrasset liegt am Rande des Ahaggar-Gebirges, welches mit seinen spektakulären Felsformationen Teil des gleichnamigen Kulturparks ist, den die Turteltaube kurz zuvor erfolgreich überquert hatte. Jennys Ortungen kommen derzeit aus einem sogenannten Wadi, einem trockenen Flussbett etwa sechs Kilometer außerhalb der Stadt, in dem etwas Landwirtschaft betrieben wird.

Auch Cyril hat Sahara komplett überflogen

Cyril verließ sein Rastgebiet an der libyschen Küste vermutlich am Abend des 26. Septembers in südwestlicher Richtung. Am 28. September war er schon  in der algerischen Provinz Illizi angekommen, von wo uns seine nächsten Ortungen knapp nördlich des Tassili-Gebirges erreichten. Dieses ließ er zügig hinter sich und erreichte am 30. September seinen derzeitigen Aufenthaltsort im Niger, etwa 200 km westlich der Oasenstadt Agadez. Somit benötigte er für die Überquerung der Sahara gerade einmal vier Tage.

Treue zum Winterquartier bei Francesco?

Francesco hält sich seit dem 22. September weiter in seinem Rast- oder ersten Überwinterungsgebiet im südlichen Mali auf. Nach wie vor ist er von den besenderten Turteltauben bisher am weitesten nach Süden gezogen, hat die Wüste deutlich hinter sich gelassen und befindet sich in der Sudan-Savanne. Wir sind gespannt, ob er im weiteren Verlauf des Zuges noch von der einen oder anderen Taube überholt wird.

Melanie zieht von Spanien nach Mauretanien in 4 Tagen

In Südwestlicher Richtung flog Melanie zwischen dem späten Vormittag des 22. September und dem frühen Morgen des 24. Septembers von ihrem Rastgebiet im Norden Spaniens bis nach Zentralmarokko. Somit haben alle von uns besenderten Turteltauben Europa verlassen und befinden sich nun in Afrika.

Rastende Turteltaube in der Ténéré, © J. Brouwer, mit Dank an die West African Bird Database (www.wabdab.org)

Wird Melanie Afrika erreichen?

Alle drei Turteltauben aus der Lieberoser Heide sind nach wie vor in Nordafrika. Jenny bewegt sich derzeit in südlicher Richtung weiter durch Tunesien, am 20. September wurde ihr Sender nahe der Stadt Makthar verortet. Wird sie dort länger rasten oder demnächst ebenfalls die Sahara überqueren? Cyril, der sich am 15. September noch nahe der österreich-ungarischen Grenze im Burgenland aufhielt, hatte zwei Tage später schon Slowenien, Kroatien, Serbien und dann die Adria überflogen. Nach der Adria-Überquerung legte er am 19. September einen kurzen Zwischenstop in Süditalien nahe Brindisi ein und flog dann in südwestlicher Richtung über Italiens Stiefelhacke und das Mittelmeer. Sizilien und Malta ließ Cyril dabei nordwestlich liegen  eine weise Entscheidung, denn in beiden Ländern ist die Herbstjagd noch erlaubt. Er erreichte spätestens am 21. September die libysche Mittelmeerküste, ca. 60km östlich von Tripolis. Dort hält er sich zur Zeit zur Zwischenrast auf. Luciano, der Libyen bereits am 15. September erreicht hatte, hielt sich dort nicht lange auf sondern flog zügig weiter nach Süden. Seine nächste Ortung erreichte uns am

Standort von Lucianos Argos-Satellitensender aus der Wüstenoase Umm Al Aranib in Murzuk, Libyen

17. September aus Umm Al Aranib, einer Sahara-Oase in Zentral-Libyen in der Region Murzuk. Dort rastet Luciano zur Zeit und frisst sich vermutlich Reserven für die nächste Etappe der Wüstenüberquerung an.

Francesco, der sich als erster aus seinem Brutgebiet in Kampanien auf die herbstliche Reise gemacht hatte und als erste besenderte Turteltaube bereits die Sahara überquerte, flog am 22. September südöstlich von Gao über den Fluss Niger. Seither rastet er in der Sahelzone im südöstlichen Mali, ca. 70km nördlich der Grenze zu Burkina Faso. Ob er in den nächsten Tagen noch weiter nach Süden zieht, oder bereits in seinem ersten Winterquartier in Westafrika angekommen ist, werden wir in Kürze erfahren, wenn wir die nächsten Ortungen seines Satellitensenders erhalten. Dieser sendet uns bereits seit dem Frühjahr 2017 zuverlässig Francescos Aufenthaltsorte.

Melanie ist die einzige Taube, die sich momentan noch in Europa aufhält. Sie flog von ihrem Rastort in Frankreich in südwestlicher Richtung weiter nach Spanien und hält sich seit dem 17. September in einem Gebiet aus Wald und Feldern ca. 100km östlich von Valladolid nahe der Stadt Aranda de Duero auf. Die nordspanische Stadt liegt in der Provinz Burgos am Fluss Duero. Drücken wir die Daumen, dass Melanie, die einzige der besenderten Tauben auf dem westlichen Zugweg, Spanien sicher durchquert, denn leider werden dort nach wie vor sehr viele Turteltauben auf dem Herbstzug von Jägern geschossen.

Melanies Rastort in Nordspanien am Fluss Duero mit den Standorten ihres Argos-Satellitensenders.

Francesco lässt Malta links liegen

Francesco startete seinen diesjährige Herbstzug am Abend des 09. Septembers und damit zwei Tage früher als im letzten Jahr. In südlicher Richtung flog er über das thyrrenische Meer bis nach Sizilien, wo er am nächsten Morgen im Landesinnern Italiens größter Insel angekommen war und sich tagsüber eine Pause gönnte. Am Abend des 10. flog er dann in südwestlicher Richtung weiter, und überquerte das Mittelmeer westlich von Malta in der Nacht auf den 11. September, vermutlich nonstop. Damit blieb er von der Maltesischen Jägerschaft glücklicherweise unbehelligt, die derzeit immer noch legal Jagd auf durchziehende Turteltauben und ca. 40 andere Vogelarten macht.

Francescos diesjährige Herbstzugroute vom Brutgebiet übers Mittelmeer nach Nordafrika.

Nicholas Barbara, der für BirdLife Malta seit etlichen Jahren als Naturschutzbeauftragter tätig und mit dem Dauerthema der legalen und illegalen Vogeljagd bestens vertraut ist, fasst es zusammen: Bis Ende September dürfen die Maltesischen Jäger ganz legal insgesamt 7000 Turteltauben erlegen. Mit etwa 10.000 registrierten Jägern besitzt der kleine, dicht besiedelte Inselstaat im zentralen Mittelmeer die bei weitem höchste Jägerdichte Europas und von ein paar Wildkaninchen abgesehen wird dort ausschließlich auf ziehende Vögel geschossen. Leider werden die Gesetzte kaum durchgesetzt und deshalb auch nicht eingehalten, weshalb die tatsächliche Zahl geschossener Turteltauben viel höher ausfallen dürfte und darüber hinaus auch sehr viele Individuen streng geschützter Vogelarten illegal geschossen werden. Aber auch in fast allen anderen Mittelmeerländern ist die Jagd auf Turteltauben im Herbst noch erlaubt.

Eine auf Malta geschossene Turteltaube. Foto: Archiv BirdLife Malta

 

Das nächste Signal von Francescos Satellitensender erreichte uns am Abend des 11. Septembers von der tunesischen Insel Djerba, von wo aus Francesco noch am selben Abend weiter aufs tunesische Festland flog und somit vorerst sicher den afrikanischen Kontinent erreichte. Die Gegend, in der er sich zur Zwischenrast aufhält, ist landwirtschaftlich geprägt und besteht aus weitläufigen Feldern mit eingestreuten größeren Bäumen, zirka 10 km südlich der Stadt Medenine gelegen. Auf dem Satellitenbild sieht sie recht trocken aus. Täglicher Zugang zu offenen Wasserstellen ist für Turteltauben allerdings sehr wichtig, egal ob im Brutgebiet, am Rastplatz oder im Winterquartier. In heißeren Klimazonen und nach langen Zugstrecken sind diese überlebensnotwendig, und so dürfte Francesco seinen Durst vermutlich an von Menschen angelegten Brunnen oder Wasserreservoirs stillen. Wie lange wird er sich wohl in Nordafrika aufhalten, bevor er ein weiteres Mal die Sahara quert?

Turteltaube an der Tränke, einem von Menschen angelegten Brunnen. Foto: B. Metzger