NABU-GAP-Ticker: Agrar- und Umweltausschuss des Europäischen Parlaments stellen sich hinter Farm-to-Fork-Strategie – Ambition nur bis zur GAP?

Brüssel, 16.9.2021 Am vergangenen Donnerstag trafen sich die Mitglieder des Agrar- und des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments, um ihre Stellungnahme zur Farm-to-Fork-Strategie der EU Kommission abzustimmen. Diese „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie resultiert wie die Biodiversitäts-Strategie aus dem European Green Deal und soll nichts weniger als die Transformation des Lebensmittelsektors zu mehr Nachhaltigkeit bis 2030 einleiten.

Die EU Kommission hatte in ihrer Strategie wichtige und ambitionierte Ziele vorgegeben (siehe hier). Im Einzelnen bedeutet dies, Nährstoffverluste und Düngermitteleinsatz, sowie die Verwendung von Pestiziden und Antibiotika in der Landwirtschaft zu reduzieren, einen Flächenteil von 25% für den Biolandbau zu erreichen, für Emissionsreduktion und bessere Bedingungen in der Tierhaltung zu sorgen, Lebensmittelabfälle zu vermeiden, um nur einige Punkte zu nennen.

Die EU Kommission wurde durch Stella Kyriakides, EU Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, vertreten und stand den Abgeordneten Rede und Antwort bei diversen Rückfragen. Sie betonte die Rolle der GAP, um Landwirten Anreize zu geben, mehr Tierwohl und Umweltschutz umzusetzen. Sie betonte, dass auch die Revision der Pestizid-Richtlinie für das Ziel der Reduktion von Risiken aus deren Anwendung notwendig ist. Damit der Wandel für alle Beteiligten eine „win-win“-Situation werden könne, bezeichnete sie die Erarbeitung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für nachhaltige Lebensmittelsysteme bis 2023 als Schlüsselaufgabe. Diese werde Definitionen des Konzepts, Herangehensweisen zum Import sowie Ziele und Verantwortlichkeiten für alle Beteiligten beinhalten. Die Farm-to-Fork-Strategie sei die transformative Vision der EU. Handel, Konsum und Produktion benötigten eine nachhaltige Herangehensweise um Wirtschaft und Umwelt zu schützen.

Auch wenn die Abstimmung bei den meisten Punkten aufgrund von vorab verhandelten Kompromissen nur noch Formsache war, blieben einzelne Aspekte bis zum Ende umstritten. Dazu zählte u.a. die Umsetzung des Ziels zur Reduktion des Pestizideinsatzes. Ein von Linken, Grünen, Sozialisten und Liberalen unterstützter Kompromiss forderte u.a. die verstärkte Berücksichtigung der Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes z.B. in den GAP Strategieplänen sowie eine ambitionierte Revision der EU Pestizidgesetzgebung. Auch wenn dieser Vorschlag eine Mehrheit fand, wollte ein Großteil der konservativen Abgeordneten hier nicht mitgehen.

Während der europäische Bauernverband COPA&COGECA die Einigung insgesamt scharf kritisierte, bewerteten Umweltorganisationen wie der NABU-Dachverband „European Environmental Bureau“ das Abstimmungsergebnis durchaus positiv und beglückwünschte die MEPs zu den gefundenen Kompromissen. Auch wenn nicht alle der zehn Forderungen der NGOs (siehe hier) es in gewünschter Form ins Papier geschafft haben, wurden Pestizid- und Düngereduktionsziele als auch das starke globale Signal begrüßt. Der NABU teilt diese Sichtweise. Auch wenn der rechtlich nicht bindende Bericht an manchen Stellen noch deutlich weitergehen könnte, stellt er eine gute Grundlage für die weitere Arbeit an konkreten Gesetzesvorhaben dar.

Offen bleibt, ob die Abgeordneten sich später an ihre eigenen Worte erinnern werden. Zweifel daran sind durchaus angebracht. Nachdem die Abgeordneten sich für die ambitionierten Ziele der Farm-to-Fork-Strategie ausgesprochen hatten, stimmten sie direkt im Anschluss dem Trilog-Deal zur GAP zu, der nicht zur Zielerreichung beiträgt (siehe hier). Die Agrarsubventionen werden zu Dreivierteln für Flächenbesitz und nicht für nachhaltige Bewirtschaftung ausgeschüttet. Hier passen Farm-to-Fork-Strateige und GAP nicht zusammen.

Zudem ist selbst der Bericht zur Farm-to-Fork Strategie noch nicht in trockenen Tüchern. Mit Blick auf die Plenarabstimmung im kommenden Oktober, lässt die Reaktion u.a. des Bauernverbands zunehmenden Lobbydruck und mögliche Last-Minute-Änderungsanträge erwarten. Wir rufen die MEPs auf, den Bericht nicht zu verwässern und bei der späteren Gesetzgebung, anders als bei der GAP, kein „weiter so“ zuzulassen! Die Zeit mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu erreichen, drängt!

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

 

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