Melanies Rückflug über die westliche Sahara

Melanie hatte ihr Winterquartier am Fluss Niger im Südwesten Malis am Abend des 27. April verlassen. Am 29. April war sie bereits 560 Kilometer weiter nord-nordwestlich im Süden Mauretaniens angekommen. Hier, in der Region Assaba am Südrand der Sahara legte Melanie erstmal eine Zwischenrast ein. Dafür wählte sie ein interessantes Feuchtgebiet aus, den temporären Meshaouba-See, der zurzeit allerdings fast vollständig ausgetrocknet ist. Immerhin dürfte sie in diesem Rastgebiet genügend Baumbestand, Nahrung in Form von Wildkräutersamen und eine offene Wasserstelle vorgefunden haben. Nach einer Woche in dem Gebiet hatte sie sich wohl genügend Energiereserven für die nächste große Etappe angefressen und machte sich am 5. Mai an die Überquerung der Sahara. Dabei überflog Melanie zunächst die unwirtliche Adrar Region, ein extrem arides Plateau mit ausgedehnten Sanddünengebieten im Zentrum Mauretaniens. Nach über 500 Kilometern Flugstrecke erreichte sie den Ort Ouadane, eine Wüstenoase am Fuß eines erloschenen Vulkans. Hier hatte der Ornithologe Dr. Heiko Schmaljohann für die Schweizerische Vogelwarte in Sempach bereits vor etlichen Jahren untersucht, wie Zugvögel die Sahara überqueren.

Landschaft nahe der Wüstenoase Ouadane in Mauretanien; Foto: H. Schmaljohann

Mit Radarerfassungen konnte das Team z.B. nachweisen, dass nachts ziehende Vögel selbst in unwirtlichen Wüstengegenden, in denen sie keine Nahrung vorfinden, am Tage rasten und dann ihre Reise in der kommenden Nacht fortsetzen. Darüber hinaus fanden die Ornithologen aus der Schweiz außerdem heraus, dass vor allem an trockenere Orte angepasste Zugvögel, wie z.B. die Grasmücken des Mittelmeerraums, in der Oasen-Gegend länger rasten und aktiv nach Nahrung suchen um ihre Energiereserven aufzustocken, während Vögel aus feuchteren Gebieten bereits nach kurzer Zwischenrast weiterziehen. Zudem beobachteten sie wie tagsüber regelmäßig Trupps von teilweise über hundert Turteltauben das Gebiet um Ouadane passierten und einzelne Turteltauben tagsüber im Schatten Rast machten.

Rastende Turteltaube in der Oase von Ouadane, Mauretanien; Foto: H. Schmaljohann

Auch Melanie rastete vermutlich nur am 6. Mai tagsüber in Ouadane und zog bereits am Abend desselben Tags weiter in Richtung Norden. Schon am 8. Mai erhielten wir ihre nächsten Ortungen aus Zentralmarokko, zwischen der Großstadt Marrakesch und der Küstenstadt Essaouira. Damit hatte sie für die komplette, über 2000 Kilometer lange Wüstenquerung weniger als vier Tage gebraucht. Ihr Rastgebiet liegt in bewässertem Agrarland, wo zurzeit vermutlich die erste Getreideernte stattfindet, und Turteltauben daher reichlich Nahrung vorfinden dürften. Bestimmt wird Melanie nun nach ein paar weiteren Rasttagen zügig über die Straße von Gibraltar oder das westliche Mittelmeer in ihr hessisches Brutgebiet zurückkehren.

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Ben Metzger

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