Winterquartier Beiträge

Vor-Ort-Bericht aus Cyrils erstem Winterquartier

Mehr als anderthalb Monate hatte sich Cyril in seinem ersten Überwinterungsort in der Nähe von Founkouey in einem Flusstal im südlichen Niger aufgehalten. Wir hatten das große Glück, dass der Geschäftsführer der Westafrikanischen Ornithologischen Gesellschaft Dr. Joost Brouwer dem Direktor der zuständigen Behörde in Tahoua im Niger die Koordinaten von Cyrils Senderortungen zukommen ließ und ihn dazu anregte, sich vor Ort ein Bild von Cyrils Winterquartier zu verschaffen. So führte Colonoel Kaïlou Moussa, Directeur Départemental de l’Environnement de la Salubrité Urbaine et du Développement Durable (DDE/SU/DD) in Tahoua im Niger, mit seinem Mitarbeiter Ali Salifou am 6. November eine Exkursion dorthin durch. Kaïlou, der uns schon vor etlichen Jahren auf einer Expedition in der Region begleitet hatte, kennt sich mit der Tier- und Pflanzenwelt des Nigers, hervorragend aus. Joost übermittelte uns den Bericht, den Kaïlou über die Exkursion nach Founkouey zu Cyrils erstem Überwinterunsort verfasst hat.

Melanie unternimmt einen Sprung nach Südosten

In der Zeit zwischen dem 13. und 17. November bewegte sich Melanie aus dem Senegal um weitere 630 km südostwärts und befindet sich seither in der Aue des Nigerflusses im Südwesten Malis, unweit der Grenze zu Guinea. Es ist wahrscheinlich, dass die fortschreitende Trockenzeit sie zu dem Sprung aus der Dornbusch-Grassteppen des südlichen Sahel in die baumreicheren Sudan-Savannen veranlasst hat, da es dort im Augenblick vermutlich noch mehr Nahrung und am Niger auch ausreichend Wasser gibt.

Die Gegend, in der sich Melanie aufhält, liegt etwa 120 km flussaufwärts und südwestlich der malischen Hauptstadt Bamako in der Nähe eines kleinen Ortes namens Banankoro. Auf dem Satellitenbild sind die Felder im Flusstal des Nigers gut zu erkennen, Melanie wird also vermutlich genügend Getreidesamen im Gebiet vorfinden um ihren Nahrungsbedarf zu decken. Von den besenderten Tauben befindet sie sich im Augenblick am weitesten im Süden. Wir sind neugierig, ob die Nigeraue Melanies Hauptüberwinterungsgebiet wird.

Melanies derzeitiger Aufenthaltsort in der Nigeraue in SW-Mali, Quelle: Argos.

Melanies derzeitiger Aufenthaltsort in der Nigeraue in SW-Mali, Quelle: Argos.

Ist Francesco seinem Überwinterungsort treu?

Am 18. und 19. November ist Francesco innerhalb Burkina Fasos nochmals über 200 km weiter in Richtung Süden gezogen und rastet nun etwa 40km östlich der Hauptstadt Ouagadougou. Da wir das große Glück haben, Francesco nun schon im dritten Jahr mit Satellitensender in seine Winterquartiere verfolgen zu dürfen, können wir seine Überwinterungsorte von einem Jahr zum anderen vergleichen. Damit lässt sich feststellen, ob Turteltauben eventuell nicht nur jedes Frühjahr zum Brüten ins gleiche Gebiet zurückkommen, sondern auch ihren Winterquartieren ortstreu sind. Ist dies der Fall, sprechen Zugvogelforscher von einer hohen Konnektivität zwischen Winterquartier und Brutgebiet (engl.: migratory connectivity). Vorletzten Winter war Francesco von Burkina Faso aus noch weiter bis nach Ghana gezogen. Letzten Winter jedoch hatte er die meiste Zeit östlich von Ouagadougou verbracht, fast am gleichen Ort, an den er nun vor ein paar Tagen wieder zurückgekehrt ist. Falls das Gebiet auch in diesem Winter für Francesco über längere Zeit attraktiv bleibt, könnte er sich durchaus dazu entscheiden, den Rest des Winters dort zu verbringen.

Francescos derzeitiger Aufenthalt nahe seines letztjährigen Winterquartiers in Burkina Faso.

Francescos derzeitiger Aufenthalt nahe seines letztjährigen Winterquartiers in Burkina Faso.

Melanies Winterortswechsel im Senegal

Wie bereits früher an dieser Stelle berichtet hatte Melanie die Westzugroute in den Senegal genommen. Auf dieser Route ziehen auch britische und die meisten der französischen Turteltauben, wie unsere Kollegen von der Royal Society for the Protection of Birds (RSPB, BirdLife Großbritannien) und vom Office National de la Chasse et de la Faune Sauvage (ONCFS, dem französischen Institut für Jagd und Wildtierforschung) ebenfalls mit Hilfe von satelliten-besenderten Turteltauben herausgefunden haben. Deren Zugrouten, Brutgebiete und Winterquartiere kann man in folgenden Links einsehen:

https://www.rspb.org.uk/our-work/conservation/satellite-tracking-birds/tracking-turtle-doves/

http://turtledoveresearch.com/fr/

Die französischen und britischen Turteltauben überwintern in der gleichen Region in Westafrika wie Melanie und es könnte durchaus sein, dass sich dort Tauben aus unterschiedlichen Brutgebieten in West- und Mitteleuropa zu losen Überwinterungstrupps zusammenfinden.

Francesco zieht noch ein Stückchen weiter

Francesco war am 23. Oktober in Burkina Faso eingetroffen. In der Nacht vom 2. auf den 3. November machte er dann seinen nächsten „Sprung“ und flog weitere 35 Kilometer in süd-südwestlicher Richtung, wo er sich seiterher am Rande der Ortschaft Sona aufhält. Sona liegt zwar eigentlich in einem Schutzgebiet, dem Sahel-Reservat von Burkino Faso. Allerdings befindet es sich dort zwischen der großen Tagebau-Goldmine Inata und dem Staudamm von Tchalel-Goumdé die ebenfalls im Reservat liegen. Immerhin ist der Stausee derzeit mit Wasser gefüllt, und das Gebiet in dem sich Francesco aufhält im Augenblick sehr grün.

Betrachten wir das jüngste Infrarot-Satellitenbild der Gegend vom 6. November erscheint die frische Vegetation in Fehlfarben leuchtend rot, die Wasserfläche des Stausees östlich von Francescos Aufenthaltsort ist türkis dargestellt. Deutlich sind auch die geometrischen Strukturen der Goldmine von Inata westlich von Francescos Standort zu erkennen. In jedem Fall dürfte Francesco in seinem derzeitigen Winterquartier mit all der frischen Vegetation momentan sehr gute Nahrungsbedingungen vorfinden.

Francescos derzeitiger Überwinterungsort (blauer Stern). Infrarot-Satellitenbild vom 6. November. Quelle: Sentinel-hub Playground

Erwähnenswert ist noch, dass Francesco einen Teil des Winters 2017 schon einmal auf dem gleichen Breitengrad verbrachte, nur etwa 40 Kilometer weiter östlich. Damals war er Mitte November noch weiter nach Südosten gezogen. Wie lange wird er wohl diesmal in der Gegend bleiben?

Cyril weiterhin im Süden Nigers

Bereits seit dem vierten Oktober befindet sich Cyril nun schon in Nähe von Founkouey in einem Flusstal im südlichen Niger. Damit ist er seinem ersten Winterquartier in dieser Periode zumindest bisher treu geblieben. Wenn wir uns für diesen Zeitraum lediglich die Satellitenortungen anschauen, die mit einer Maximalabweichung von 250 Metern die höchste Genauigkeit aufweisen, so wird deutlich, wie klein das Winterrevier einer Turteltaube eigentlich ist. Die meisten Ortungen entfallen auf eine Fläche von etwa einem Quadratkilometer, lediglich ein einzelner Punkt liegt etwa drei Kilometer weit vom Zentrum dieses Winterreviers entfernt. Während die Turteltauben auf dem Zug in wenigen Tagen oft tausende Kilometer zurücklegen können, sind sie – einmal in einem geeigneten Winterquartier angekommen – eher sesshaft und wechseln nur in ein weiteres Winterquartier, wenn sich die Bedingungen vor Ort verschlechtern. Wir werden sehen, wann das für Cyril an diesem Ort der Fall sein wird.

Cyrils erstes Winterrevier im südlichen Niger. Quelle: Argo