NABU unterstützt Europäische Bürgerinitiative zur Pestizidreduktion in der Landwirtschaft
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Unsere biologische Vielfalt ist in Gefahr wie nie zuvor. Um dem drohenden Kollaps der Artenvielfalt entgegenzusteuern, setzte die Europäische Kommission im sogenannten „Green Deal“ die Ziele, das Ernährungs- und Landnutzungssystem zu mehr Nachhaltigkeit umzubauen und insbesondere den Pestizideinsatz deutlich zu reduzieren. Nie zuvor war es für Bürger*innen der EU so wichtig ihre Stimme zu erheben, damit diese Ziele nicht nur schöne Worte bleiben, sondern entgegen aller schon jetzt sichtbaren Widerstände gesetzlich verankert und mit den notwendigen Förderungen unterlegt werden. Deshalb ist auch der NABU Teil des Bündnisses der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten“
Unterstützen auch Sie die EBI mit Ihrer Unterschrift!
Am 25. Juni hat der Deutsche Bundesrat dem Insektenschutzpaket zugestimmt. Nach langem Ringen ist das ursprüngliche Vorhaben, den dramatischen Rückgang der Insekten zu stoppen, erheblich verwässert worden. Zu viele Ausnahmen, ausbleibende Erfolgskontrollen – großräumig wirksame Maßnahmen bleiben aus. Derart zögerliches Handeln wird nicht für eine Trendumkehr beim Artenschwund sorgen. Es fehlt weiter an Maßnahmen, die zu einer Reduktion von Pestiziden und der Schaffung von mehr Lebensräumen für Insekten in der Agrarlandschaft führen.
Umso wertvoller ist es, dass die Europäische Union mit dem „Green Deal“ und den darin enthaltenen Biodiversitäts- und „Farm-to-Fork“-Strategien ambitionierte Ziele ausgegeben hat. So wurde auch die NABU-Forderung nach“Space for Nature“ in den Green Deal aufgenommen: Auf mindestens zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche müssen mit Hecken, Brachen und Blühflächen Platz für die Regeneration von Insekten- und Vogelbeständen geschaffen werden. Der Green Deal fordert außerdem eine Halbierung des Pestizidrisikos um 50 Prozent bis 2030.
Hier setzt die Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ an: Damit es nicht bei schönen Worten bleibt muss die Europäische Kommission ihre Ziele mit konkreten Maßnahmen hinterlegen. Die bisherige Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik reicht dafür ebenso wenig aus wie die Schritte die von der EU bisher im Bereich Pflanzenschutzmittel (Zulassung und Anwendung) getan wurden.
Forderungen der EBI „Bienen und Bauern retten“
Die EBI fordert die Europäische Kommission auf, Maßnahmen für einen schrittweisen Ausstieg aus den synthetischen Pestiziden, der in der EU bis 2035 abgeschlossen sein soll, zu ergreifen. Maßnahmen zur Erholung der Biodiversität, wie die Wiederbelebung von Biotopflächen und die biodiversitätsfördernde Gestaltung landwirtschaftlicher Flächen, sollen dies begleiten. Gleichzeitig sollen Landwirt*innen bei der Transition zur Agrarökologie und kleinteilige, vielfältige und nachhaltige landwirtschaftliche Strukturen unterstützt werden. Die EBI will zudem, dass entsprechende Forschung sowie der Ökolandbau ausgebaut werden. Damit sich die Europäische Kommission mit diesen Forderungen auseinandersetzen muss, sind bis zum 30. September 2021 mindestens eine Millionen Unterschriften aus mindestens sieben Ländern notwendig.
Bitte fordern Sie mit uns mehr Platz für Hecken, Blühflächen und andere Lebensräume für Insekten und Vögel sowie mehr finanzielle Unterstützung für Landwirt*innen beim notwendigen Übergang zu eine naturverträglichen und klimaneutralen Landwirtschaft. Informieren Sie sich über die konkreten Forderungen des europäischen Bündnisses „Bienen und Bauern retten“ und unterschreiben Sie für eine Landwirtschaft mit Zukunft!
Hier geht’s zur Europäischen Bürgerinitiative: www.savebeesandfarmers.eu/deu/
Zum Hintergrund:
Wie steht es um die Insekten?
Circa 70 Prozent aller Tierarten in Deutschland sind Insekten wie Käfer, Bienen, Wespen, Ameisen, Schmetterlinge oder Fliegen. Sie sind teilweise oder ganz für die Bestäubung von etwa 80 Prozent der Nutzpflanzen sowie mehr als 90 Prozent der Wildpflanzen zuständig und gleichzeitig Futterquelle für eine Vielzahl an Tieren. Die Insektenvielfalt ist deshalb für funktionierende Ökosysteme von extrem hoher Bedeutung. Dennoch gehen die Insektenbestände kontinuierlich zurück. Sogar in deutschen Naturschutzgebieten ist die Biomasse fliegender Insekten in den letzten 30 Jahren um 75 Prozent gesunken. Auch auf Wiesen, Weiden und im Wald wurde innerhalb von nur zehn Jahren ein Verlust von 35 Prozent der Insektenarten festgestellt. Laut Roter Liste sind von den etwa 7800 aufgeführten Insektenarten bezogen auf ganz Deutschland durchschnittlich 38 Prozent als ausgestorben oder bestandsgefährdet einzustufen. Die 557 in der Roten Liste bewerteten Wildbienenarten sind überdurchschnittlich stark betroffen. Davon sind 48 Prozent der Arten als ausgestorben oder bestandsgefährdet einzustufen, nur etwa 37 Prozent gelten als ungefährdet. Die Ursachen dafür sind u. a. der Verlust an Lebensräumen bzw. Vielfalt in der Landschaft und Pestizideinträge in Böden und Gewässer.
Was fordert der NABU damit sich die Insektenvielfalt wieder erholt?
Insektenschutz ist Biodiversitätsschutz und umfasst Themenbereiche wie Strukturvielfalt in der Land(wirt)schaft, Pestizidreduktion oder auch naturverträglichere Beleuchtung. Der NABU fordert deshalb u.a. 10 Prozent „Space for Nature“ in der Agrarlandschaft und die Entwicklung einer effektiven Pestizidreduktionsstrategie auch außerhalb von Schutzgebieten, um den Trend der weiterhin schwindenden Insektenpopulationen aufzuhalten und umzukehren. Auch Gewässerrandstreifen, in denen das Ausbringen von Pflanzenschutz- und Düngemitteln auf mindestens zehn Meter Breite verboten wird, der sogenannte Refugialflächenansatz in der Agrarlandschaft (naturbelassene Ausgleichsflächen für Pestizideinsätze) oder Renaturierungen auf mindestens 15 Prozent der Fläche in Deutschland können helfen, verbesserte Bedingungen und attraktive Lebensräume für Insekten zu schaffen.
Was fordert der NABU zum Thema Pestizide?
Der NABU fordert eine Reduzierung der Gesamttoxizität ausgebrachter Pflanzenschutzmittel um mindestens 50 Prozent bis 2030 auf Bundesebene sowie ein Verbot von Totalherbisziden wie Glyphosat. Die Pestizidanwendung an Gewässern innerhalb eines Abstandes von zehn Metern zum Gewässer soll untersagt werden. Mehr Informationen sowie die ausführliche Pestizidposition des NABU finden Sie hier.
Wie steht der NABU zu den Pestizidforderungen der EBI?
Angesichts des hohen Handlungsdrucks beim Insekten- und Naturschutz ist nun das klare Signal aus der Bevölkerung nötig, dass die Green-Deal-Vorschläge der EU-Kommission konsequent in Förderprogramme und Gesetze übersetzt werden. Auch wenn sich der NABU der EBI-Forderung nach einem gänzlichen Ausstieg aus synthetischen Pestiziden bis 2035 nicht vollumfänglich anschließt, so ändert es nichts daran, dass auch wir eine sofortigen Wandel in der Pestizidpolitik fordern. Die EBI-Forderungen nach mehr Biotopflächen und vielfältigen Agrarlandschaften teilt der NABU ebenso wie die nach verstärkter Forschung und mehr Ökolandbau bzw. nachhaltigen Wirtschaftsweisen in der Landwirtschaft. Der NABU unterstützt daher die EBI als wegweisende und gesamteuropäische Initiative, die sich wie der NABU zum Ziel gesetzt hat, die Green-Deal-Initiative der europäischen Kommission ambitioniert umzusetzen. Wenn die EBI Erfolg hat, dann wird die Pestiziddebatte europaweit neuen Schwung bekommen.
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3 Kommentare
Irmgard Mehrmann
30.07.2021, 15:31Jedes Pestizid, das wir spritzen vernichtet nicht nur Insekten, es macht uns krank. Z.B. ist Glyphosat nicht nur in Pflanzen nachweisbar sondern auch in Tieren und Menschen. Für Gemüse und Fleisch gibt es natürlich Grenzwerte bezüglich Glyphosat. Über die Ernährung reichert es sich aber in unserem Körper an wie bei den Tieren. Fleisch darf übrigens mehr Glyphosat enthalten. Ich halte eigentlich nicht viel von veganer Ernährung. Aber Fleisch sollte man aus einem echten Biobetrieb kaufen oder doch besser auf Fleisch verzichten.
AntwortenDorothea Jung
31.07.2021, 18:40Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Bitte Subventionen nur für ökologisch Sinnvolles vergeben. Vielen Dank
AntwortenCornelia Wissig
13.08.2021, 18:22Pestizide gehören nicht auf die Teller von Mensch und Tier sowie auch nicht in die Böden und Gewässer. Außerdem sterben immer mehr wertvolle Insekten aus, die für den Menschen und die anderen Tiere unentbehrlich sind.
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