Verbandsklage: auch EU muss Aarhus umsetzen
NABU fordert EU-Kommission auf, die Aarhus-Verordnung nachzubessern
Die Aarhus-Konvention ist ein völkerrechtliches Übereinkommen aus dem Jahr 1998. Es regelt den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Gerichtszugang in Umweltangelegenheiten (auch durch Verbandsklagen). Juristen haben das Abkommen als vielleicht einflußreichsten Völkerrechtsvertrag im Bereich des internationalen Umweltrechts bezeichnet. In Deutschland wird das Abkommen – aus NABU-Sicht teils unzureichend – vor allem durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz umgesetzt.
Umsetzung durch die Europäische Union
Auch die Europäische Union selbst hat die Aarhus-Konvention ratifiziert und ist hierdurch zur Umsetzung der Vorgaben verpflichtet. Regelungen über Rechtsbehelfe gegen Unionsrechtsakte selbst finden sich dabei – in Ergänzung zu den bestehenden Vorgaben der EU-Verträge – in der sogenannten Aarhus-Verordnung (Aarhus Regulation).
Umweltverbände wie ClientEarth, aber auch der NABU-Dachverband EEB und BirdLife Europe kritisieren die Umsetzung durch die EU als unzureichend. Auch das offizielle Kontroll- und Vollzugsgremium der Konvention, das Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC), hat im Jahr 2017 die Umsetzung durch die EU kritisiert (vgl. den entsprechenden Blog-Beitrag von ClientEarth). Die EU-Kommission weigert sich jedoch, die Aarhus-Verordnung nachzubessern.
Öffentliche Konsultation der EU-Kommission
Der NABU hat daher heute an der an der öffentlichen Konsultation der EU-Kommission (läuft noch bis 14. März) teilgenommen und dabei deutlich gemacht, dass die bestehenden Möglichkeiten des Rechtsschutzes auf EU-Ebene nicht ausreichen. Die Stellungnahme stützt der NABU auf 3 Punkte:
- Das Vorabentscheidungsersuchen (Art. 267 AEUV) durch Gerichte der Mitgliedstaaten reicht bei weitem nicht aus, um effektiven Gerichtszugang direkt zu einem EU-Gericht sicherzustellen.
- Die Zugangsbedingungen der individuellen und direkten Betroffenheit (Auslegung von Art. 263 Abs. 4 AEUV) ermöglichen Umweltverbänden in der Praxis keinen direkten Gerichtszugang auf EU-Ebene.
- Die Bedingungen für die in der Aarhus-Verordnung geregelte Möglichkeit eines Antrags auf interne Überprüfung (request for internal review, Art. 10-12 Aarhus-Verordnung) sind in der Praxis zu eng und widersprechen damit den Vorgaben der Aarhus-Konvention (insbesondere Art. 9 Abs. 3 und 4 der Konvention). So sind sie beispielsweise auf unmittelbar als Umweltrecht erlassene Akte beschränkt. Damit fallen alle anderen EU-Maßnahmen (beispielsweise aus dem Bereich der Landwirtschafts- oder Energiepolitik) aus dem Prüfraster, obgleich auch diese enorme Auswirkungen auf die Umwelt haben können.
Ein weiter Gerichtszugang für Umweltverbände ist deswegen so wichtig, weil die Umwelt sich selbst kein Gehör verschaffen kann. Die EuGH-Generalanwältin Sharpston brachte dies einmal mit folgendem Ausspruch auf den Punkt: Der Fisch kann nicht vor Gericht ziehen („The fish cannot go to court“). Gerade deswegen müssen Umweltinteressen altruistisch von Umweltverbänden (und allgemein der interessierten Öffentlichkeit, also auch von Bürgerinnen und Bürgern) verteidigt werden können. Dies geht aber nur, wenn EU und Mitgliedstaaten die Aarhus-Konvention ambitioniert umsetzen.
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