Besenderung Beiträge

Melanie zieht von Spanien nach Mauretanien in 4 Tagen

In Südwestlicher Richtung flog Melanie zwischen dem späten Vormittag des 22. September und dem frühen Morgen des 24. Septembers von ihrem Rastgebiet im Norden Spaniens bis nach Zentralmarokko. Somit haben alle von uns besenderten Turteltauben Europa verlassen und befinden sich nun in Afrika.

Rastende Turteltaube in der Ténéré, © J. Brouwer, mit Dank an die West African Bird Database (www.wabdab.org)

Wird Melanie Afrika erreichen?

Alle drei Turteltauben aus der Lieberoser Heide sind nach wie vor in Nordafrika. Jenny bewegt sich derzeit in südlicher Richtung weiter durch Tunesien, am 20. September wurde ihr Sender nahe der Stadt Makthar verortet. Wird sie dort länger rasten oder demnächst ebenfalls die Sahara überqueren? Cyril, der sich am 15. September noch nahe der österreich-ungarischen Grenze im Burgenland aufhielt, hatte zwei Tage später schon Slowenien, Kroatien, Serbien und dann die Adria überflogen. Nach der Adria-Überquerung legte er am 19. September einen kurzen Zwischenstop in Süditalien nahe Brindisi ein und flog dann in südwestlicher Richtung über Italiens Stiefelhacke und das Mittelmeer. Sizilien und Malta ließ Cyril dabei nordwestlich liegen  eine weise Entscheidung, denn in beiden Ländern ist die Herbstjagd noch erlaubt. Er erreichte spätestens am 21. September die libysche Mittelmeerküste, ca. 60km östlich von Tripolis. Dort hält er sich zur Zeit zur Zwischenrast auf. Luciano, der Libyen bereits am 15. September erreicht hatte, hielt sich dort nicht lange auf sondern flog zügig weiter nach Süden. Seine nächste Ortung erreichte uns am

Standort von Lucianos Argos-Satellitensender aus der Wüstenoase Umm Al Aranib in Murzuk, Libyen

17. September aus Umm Al Aranib, einer Sahara-Oase in Zentral-Libyen in der Region Murzuk. Dort rastet Luciano zur Zeit und frisst sich vermutlich Reserven für die nächste Etappe der Wüstenüberquerung an.

Francesco, der sich als erster aus seinem Brutgebiet in Kampanien auf die herbstliche Reise gemacht hatte und als erste besenderte Turteltaube bereits die Sahara überquerte, flog am 22. September südöstlich von Gao über den Fluss Niger. Seither rastet er in der Sahelzone im südöstlichen Mali, ca. 70km nördlich der Grenze zu Burkina Faso. Ob er in den nächsten Tagen noch weiter nach Süden zieht, oder bereits in seinem ersten Winterquartier in Westafrika angekommen ist, werden wir in Kürze erfahren, wenn wir die nächsten Ortungen seines Satellitensenders erhalten. Dieser sendet uns bereits seit dem Frühjahr 2017 zuverlässig Francescos Aufenthaltsorte.

Melanie ist die einzige Taube, die sich momentan noch in Europa aufhält. Sie flog von ihrem Rastort in Frankreich in südwestlicher Richtung weiter nach Spanien und hält sich seit dem 17. September in einem Gebiet aus Wald und Feldern ca. 100km östlich von Valladolid nahe der Stadt Aranda de Duero auf. Die nordspanische Stadt liegt in der Provinz Burgos am Fluss Duero. Drücken wir die Daumen, dass Melanie, die einzige der besenderten Tauben auf dem westlichen Zugweg, Spanien sicher durchquert, denn leider werden dort nach wie vor sehr viele Turteltauben auf dem Herbstzug von Jägern geschossen.

Melanies Rastort in Nordspanien am Fluss Duero mit den Standorten ihres Argos-Satellitensenders.

Herbstzug im vollen Gange

Cyril startete nun als Letzter der besenderten Turteltauben seine Reise nach Afrika. Die letzte Ortung aus seinem Brutgebiet in Brandenburg erhielten wir am 13. September. Zum Zeitpunkt der nächsten Ortung am 15. September war Cyril bereits im österreichischen Burgenland nahe der ungarisch-österreichischen Grenze.

Während Cyril seinen Herbstzug also erst vor wenigen Tagen begonnen hat und Melanie sich etappenweise durch Frankreich fortbewegt, sind ihnen die anderen Turteltauben schon ein paar Flügelschläge voraus: Francesco, der bereits am 11. September Tunesien erreicht hatte, ist mittlerweile in der Sahelzone in Mali. Nach nur einem Tag Rast in Tunesien, erhielten wir am 13. September den ersten Ortungspunkt aus der Sahara. Bereits drei Tage später am

Auch Jenny und Luciano, die sich beide seit Ende August zur Zwischenrast in Ungarn aufhielten, haben sich wieder in Bewegung gesetzt. Beide Turteltauben überquerten das Mittelmeer und sind nun auf dem afrikanischen Kontinent angekommen.

Abend des 16. September hatte Francesco dann die größte Trockenwüste der Welt vollständig in nur etwa fünf Tagen überquert. Misst man die zurückgelegte Strecke zur Überquerung der Wüste entlang der Ortungspunkte, ist diese circa 2.000 km lang. Bereits 2018 überquerte Francesco die Sahara in nur fünf Tagen im gleichen Zeitabschnitt wie dieses Jahr (13. – 17. September 2018). Ob er für die Überwinterung in Mali bleiben wird oder weiter nach Burkina Faso und Ghana zieht, wo er in den vorherigen Jahren überwintert hat, werden die nächsten Monate zeigen.

Turteltaube Jenny verließ ihr Rastgebiet westlich von Budapest zwischen dem 11. – 13. September und überquerte das Adriatische Meer zwischen der kroatischen Hafenstadt Zadar

Francesco lässt Malta links liegen

Francesco startete seinen diesjährige Herbstzug am Abend des 09. Septembers und damit zwei Tage früher als im letzten Jahr. In südlicher Richtung flog er über das thyrrenische Meer bis nach Sizilien, wo er am nächsten Morgen im Landesinnern Italiens größter Insel angekommen war und sich tagsüber eine Pause gönnte. Am Abend des 10. flog er dann in südwestlicher Richtung weiter, und überquerte das Mittelmeer westlich von Malta in der Nacht auf den 11. September, vermutlich nonstop. Damit blieb er von der Maltesischen Jägerschaft glücklicherweise unbehelligt, die derzeit immer noch legal Jagd auf durchziehende Turteltauben und ca. 40 andere Vogelarten macht.

Francescos diesjährige Herbstzugroute vom Brutgebiet übers Mittelmeer nach Nordafrika.

Nicholas Barbara, der für BirdLife Malta seit etlichen Jahren als Naturschutzbeauftragter tätig und mit dem Dauerthema der legalen und illegalen Vogeljagd bestens vertraut ist, fasst es zusammen: Bis Ende September dürfen die Maltesischen Jäger ganz legal insgesamt 7000 Turteltauben erlegen. Mit etwa 10.000 registrierten Jägern besitzt der kleine, dicht besiedelte Inselstaat im zentralen Mittelmeer die bei weitem höchste Jägerdichte Europas und von ein paar Wildkaninchen abgesehen wird dort ausschließlich auf ziehende Vögel geschossen. Leider werden die Gesetzte kaum durchgesetzt und deshalb auch nicht eingehalten, weshalb die tatsächliche Zahl geschossener Turteltauben viel höher ausfallen dürfte und darüber hinaus auch sehr viele Individuen streng geschützter Vogelarten illegal geschossen werden. Aber auch in fast allen anderen Mittelmeerländern ist die Jagd auf Turteltauben im Herbst noch erlaubt.

Eine auf Malta geschossene Turteltaube. Foto: Archiv BirdLife Malta

 

Das nächste Signal von Francescos Satellitensender erreichte uns am Abend des 11. Septembers von der tunesischen Insel Djerba, von wo aus Francesco noch am selben Abend weiter aufs tunesische Festland flog und somit vorerst sicher den afrikanischen Kontinent erreichte. Die Gegend, in der er sich zur Zwischenrast aufhält, ist landwirtschaftlich geprägt und besteht aus weitläufigen Feldern mit eingestreuten größeren Bäumen, zirka 10 km südlich der Stadt Medenine gelegen. Auf dem Satellitenbild sieht sie recht trocken aus. Täglicher Zugang zu offenen Wasserstellen ist für Turteltauben allerdings sehr wichtig, egal ob im Brutgebiet, am Rastplatz oder im Winterquartier. In heißeren Klimazonen und nach langen Zugstrecken sind diese überlebensnotwendig, und so dürfte Francesco seinen Durst vermutlich an von Menschen angelegten Brunnen oder Wasserreservoirs stillen. Wie lange wird er sich wohl in Nordafrika aufhalten, bevor er ein weiteres Mal die Sahara quert?

Turteltaube an der Tränke, einem von Menschen angelegten Brunnen. Foto: B. Metzger

Melanie startet nach Frankreich durch

Als einzige hessische Turteltaube in unserem Projekt war Melanie Mitte Juni südöstlich von Gießen mit einem Satellitensender ausgestattet worden. Dort hielt sie sich bis Anfang September nahe des Dorfes Villingen auf. Am Abend des 2. September begann sie dann ihren Herbstzug, flog vermutlich nonstop zirka 760 km in südwestliche Richtung und landete am 3. September in Frankreich nahe der Stadt Poitiers, die ca. 130km von der Biskaya-Küste entfernt in Westfrankreich liegt. Seither ist Melanie dort auf Zwischenrast.

An dieser Lichtung südöstlich von Gießen wurde Melanie gefangen. Foto: Yvonne Schumm

Leider ist Frankreich für Turteltauben im Herbst ein heißes Pflaster, jedes Jahr werden dort auf dem Herbstzug zwischen 45 000 und 138 000 Individuen der Art geschossen, bei den derzeitig rückläufigen Beständen gerade in Westeuropa ist das mit Sicherheit keine nachhaltige Nutzung und trägt weiter zum Rückgang dieser Populationen bei.

Interessant ist auf jeden Fall, dass Melanie im Gegensatz zu ihren besenderten Artgenossen aus der Niederlausitz die Westzugrute gewählt hat. Damit bestätigt sich, dass durch Deutschland eine so genannte Zugscheide verläuft, wobei östliche Tauben über Südost und westliche Tauben in südwestlicher Richtung abziehen. Das deckt sich auch mit den Ergebnissen von Ringfundanalysen, die die Namensgeberin der hessischen Turteltaube Dr. Melanie Marx im Rahmen ihrer Dissertation durchgeführt hatte.

Neugierig erwarten wir nun, dass die Turteltaube Melanie ihre Zwischenrast beendet und weiterzieht und sind gespannt darauf, welche Route sie weiter nehmen wird.

Zwei der drei Lieberoser Turteltauben sind bereits unterwegs

Als erste der in diesem Jahr in Deutschland besenderten Turteltauben hatte sich Jenny auf die Reise begeben. Bereits am 6. August war sie aus ihrem Brutgebiet in der Niederlausitz auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lieberose in Richtung Südosten durchgestartet und hatte dann östlich von Dresden, im Dreiländereck zwischen Polen, Deutschland und Tschechien vom 7. bis zum 8. August eine kurze Zwischenrast eingelegt.

Lebensraum unserer Lausitzer Turteltauben in der Lieberoser Heide, Foto: Yvonne Schumm

In Tschechien, wo die Brutbestandszahlen der Turteltaube wie in den meisten Europäischen Ländern in den letzten Jahren stark zurückgehen, hatte die Tschechische Ornithologische Gesellschaft (ČSO), der dortige BirdLife Partner, die Art in diesem Jahr zum Vogel des Jahres gekürt. Jenny hatte ihr Gastland allerdings schon zwei Tage später durchquert und hielt sich dann bis Ende August in der Slowakei nahe der Grenze zu Tschechien und Österreich auf. Möglicherweise hat Jenny dort ihre komplette Nachbrutmauser abgeschlossen und somit auch die Schwungfedern erneuert, die für die bevorstehenden langen Zugstrecken besonders wichtig sein werden. Am 31. August ging es dann in einer weiteren Etappe bis ins nordwestliche Ungarn, wo sie seither ca. 35km nördlich des Balaton-Sees rastet. Wir nehmen an, dass sie sich dort nun Fettreserven für den langen Zug nach Afrika anfrisst. Gespannt warten wir darauf, wann es weitergeht und welche Richtung Jenny als nächstes einschlagen wird.

Die zweite Taube, die sich aus der Niederlausitz auf den Weg gemacht hat ist Luciano. Er war am Abend des 29. August ebenfalls in südöstliche Richtung losgeflogen und am nächsten Morgen bereits in Ungarn angekommen, allerdings etwa 200km weiter südöstlich als Jenny. In einer Nacht hatte er mit zirka 700 km eine ganz beachtliche Strecke zurückgelegt. Im Südosten Ungarns rastet er dort seither unweit der Theiß, einem Nebenfluss der Donau. Vermutlich wird er in den kommenden Tagen weiterfliegen.

Von den Niederlausitzer Turteltauben hält sich somit nur noch Cyril in seinem Brutgebiet in der Lieberoser Heide auf. Auch er dürfte seinen nachbrutzeitlichen Gefiederwechsel bereits abgeschlossen haben und sich wohl demnächst auf die Reise in Richtung Winterquartier begeben, noch bevor in der Region südlich von Berlin der Herbst richtig einsetzt. Wie bereits Jenny und Luciano wird auch Cyril wahrscheinlich auf dem Herbstzug die Südostroute wählen, aber ganz sicher können wir uns da im Augenblick noch nicht sein.