Vogelschutz Beiträge

Waltrauds trauriges Ende

Leider haben wir am Wochenende Waltraud verloren.

Der junge Schwarzstorch hatte sich, nachdem der Vogel zunächst im Nationalpark Donana verweilte (s. voriger Beitrag), Ende letzter Woche doch nochmal Richtung Gibraltar aufgemacht. Während viele Zugvogelarten diesen Bereich für den Weiterzug nach Afrika nutzen, halten sich in den ausgedehnten Grünland- und Heckenbereichen ganz im Süden vom europäischen Festland auch verschiedene Greifvögel (u. a. Schmutz- und Gänsegeier, Kaiser- und Habichtsadler) auf.

Rund 3 Kilometer von der Küste entfernt nordöstlich von Tarifa fiel dann bei der Fernwartung des Senders auf, dass etwas passiert sein muss. Am Samstag wurde von uns die „Andalucian Bird Society“, ein regionaler Naturschutzverband, kontaktiert. Die Kollegen wurden – ausgestattet mit den letzten Koordinaten des Vogels – darum gebeten, diesen Bereich abzusuchen und den Vogel ggf. zu bergen.

Der Raum in Südspanien, in dem sich der Schwarzstorch zuletzt aufhielt. Im Hintergrund ist die Meerenge zwischen Europa und Afrika, die Straße von Gibralter, zu erkennen.

Am Sonntag erhielten wir dann die traurige Nachricht, dass Waltraud verstorben ist. Anhand der Spuren vor Ort und Federfunden ist es für die Aktiven vor Ort sehr wahrscheinlich, dass unser Schwarzstorch von einem Habichtsadler geschlagen wurde. Der Sender wurde geborgen und befindet sich wieder auf dem Weg zu uns.

Habichtsadler sind flexible und für einen Vogel dieser Größe außerordentlich wendige und schnelle Jäger. Die Jagdweise ähnelt oft der des Habichts. Häufig jagen Habichtsadler Säuger oder Vögel am Boden von einem versteckten Ansitz aus. Vögel werden dabei nach dem Auffliegen auch länger verfolgt. Der europäische Bestand des Habichtsadlers, der u. a. in Südspanien, Süditalien und in Griechenland vorkommt, wird auf 1.100 bis 1.200 Brutpaare geschätzt.

Was nun?

Der Verlust unseres Schwarzstorchs ist sehr bedauerlich! Mit einer natürlichen Todesursache (hier die Prädation durch einen Adler) können wir gleichwohl besser leben als mit einem anthropogen bedingten Verlust (also durch Menschenhand).

In den letzten beiden Monaten haben wir über 30.000 Daten hinsichtlich der vertikalen wie horiziontalen Raumnutzung von Waltraud erhalten, die wir nun für unsere Naturschutzarbeit nutzen können. Auch den BIRDLIFE-Partnern in Frankreich und Spanien werden wir die Senderdaten zur Verfügung stellen.

Schwarzstorch Waltraud

In den kommenden Monaten werden wir NABU-intern beraten, ob und in welchem Umfang wir in Zukunft mit der Besenderung von Schwarzstörchen verfahren werden. Denn für diese seltene Waldvogelart sind effektive Schutzmaßnahmen im Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet wichtiger denn je.

An dieser Stelle endet vorerst unser Blog. Bei Gelegenheit werden wir uns mit weiteren Aspekten des Schwarzstorchschutzes wieder melden.

Buen día – Unser Vogel erreicht Spanien

Unsere besenderte Schwarzstorch-Dame Waltraud überflog heute Vormittag die Pyrenäen und hat somit Spanien erreicht.

Der Vogel legte zuletzt täglich zwischen 140 und 270 Kilometern zurück, dies in bis zu fast 1.000 Metern Höhe. Die durchschnittliche Fluggeschwindigkeit lag bei etwa 25 Kilometern/Stunde.

In aller Regel suchte der Vogel zunächst zwischen 6 und 9 Uhr morgens nach Nahrung, um dann den Zug fortzusetzen. Zwischen 17 und 19 Uhr landete der Vogel jeweils, suchte kurz Nahrung und flog dann abends gegen halb acht zum jeweiligen Schlafplatz.

Als Nahrungsgebiete dienten – soweit erkennbar – insbesondere extensive Grünlandbereiche, Auen und Teiche. Dabei besuchte der Vogel wahrlich schöne Ecken in Frankreich, denn er nutzte für Nahrungsaufnahmen und Übernachtungen so gut wie immer Naturparke.

Imposant sind die Aufnahmen (s. u.), die die Nutzung der Thermik in den Pyrenäen zeigen und heute erhoben wurden. Dabei sind im Sekundentakt Daten gewonnen worden, die somit den Flug in Echtzeit aufzeichnen konnten.

Zugroute des Schwarzstorchs vom 28. September bis 1. Oktober 2025.

 

Der Vogel nutzte die Thermik, um sich in den Pyrenäen in die Höhe zu schrauben. Zum Teil wurden im Sekunden-Takt Daten erhoben.

 

Unterwegs im Herzen Frankreichs

Unser Sendervogel Waltraud ist weiter unterwegs Richtung Südwesten. Dabei überbrückte der Vogel vorgestern etwa 60 und gestern rund 140 Kilometer. Derzeit hält sich der Vogel im Nationalpark Forêts im Herzen Frankreichs auf.

Der Nationalpark Forêts (französisch Parc national de forêts, Informationen unter nationalgeographic.de: Frankreichs neuster Nationalpark: Für Natur, Mensch und Wirtschaft) ist der jüngste der elf Nationalparks in Frankreich. Der Nationalpark wurde am 6. November 2019 per Dekret des Staatsrats gegründet und dient primär dem Schutz von Laubwäldern. Das Schutzgebiet soll die bewaldeten Mittelgebirgszüge im Gebiet „Châtillonnais“ schützen, genauer gesagt auf dem Plateau von Langres im Bereich der Städte Châtillon-sur-Seine, Arc-en-Barrois und Auberive. Dieser Raum ist repräsentativ für die Laubwaldbedeckung der Hochebenen im Südosten des Pariser Beckens. Eine der Zielarten des Nationalparks ist der Schwarzstorch.

Vier Aufgabenbereiche wurden definiert:

  • Verbesserung der Kenntnis des Natur- und Kulturerbes durch wissenschaftliche Begleitung.
  • Erhaltung, Verwaltung und Wiederherstellung des Natur- und Kulturerbes.
  • Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Förderung der Bildung für Umwelt und nachhaltige Entwicklung.
  • Mobilisierung aller Kräfte, um einen nachhaltigen ökologischen Umbau zu gewährleisten.

Es ist fazinierend, wie zielgerichtet der Vogel in den vergangenen Tagen strukturreiche Auenlandschaften aufsuchte und ein Gespür dafür hat, in welchen Räumen möglichst störungsarm die Nahrungssuche stattfinden kann.

Zugroute des Sendervogels am 26. und 27. September 2025.

In den kommenden Tagen berichten wir vom weiteren Zuggeschehen.

Glück im Unglück – und der Start zu einem neuen „Reise-Blog“

Mitte September musste leider ein junger Schwarzstorch aufgegriffen werden, der zu verhungern drohte.

Durch die Dürre sind Bachläufe vielerorts ausgetrocknet, Felder abgeerntet, Wiesen gemäht. Zum Glück konnte der Vogel gefangen und in die Auffangstation des NABU Oberbiel bei Wetzlar gebracht werden. Die NABU-Gruppe um Ottfried Schreiter und Martin Kallabinsky hatte sich in den Tagen danach mit aller Vorsicht um den Vogel gekümmert und mit Forellen, Eintagsküken und anderen „Leckereien“ versorgt.

Ausgestattet mit modernster Technik

Über Ornitela, einer Firma aus Litauen, konnte ein Sender besorgt werden, der innerhalb weniger Tagen die NABU-Landesgeschäftsstelle in Wetzlar erreichte. Ornitela (https://www.ornitela.com/) ist spezialisiert auf Sender bzw. die Telemetrie, um die Raumnutzung von Vögeln erforschen zu können. Von der Firma stammen auch die Sender, die wir im Rahmen des Rotmilan-Projekts (s. „On tour mit Milan“, ebenfalls auf dem NABU-Blog) genutzt haben. Am Sender können vielfältige Einstellungen vorgenommen werden. Derzeit liefert uns der Vogel alle 5 Minuten seine vertikale und horiziontale Position.

Am 17. September erhielt der Vogel seinen kleinen Beinsender, ebenso einen Ring der Vogelwarte Helgoland. Dies wäre ohne die Unterstützung von Gerd Bauschmann (ehemals Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) nicht möglich gewesen. Eingebunden in Pflege und Besenderung war zudem u. a. Martin Hormann von Hessen-Forst, ein bundesweit anerkannter Spezialist für die Art.

Der diesjährige Schwarzstorch am 17. September. Gut zu erkennen ist der Sender am rechten Bein.

Anstatt loszufliegen, hielt sich Waltraud (die „Herrscherin des Waldes“), wie ihn die NABU-Gruppe getauft hatte, noch mehrere Tage in Oberbiel auf. Warum wegfliegen, wenn es hier doch so lecker ist? Doch ab dem Moment der Beringung/Besenderung wurde der Vogel nicht mehr gefüttert und hätte jederzeit seine Reise in den Süden beginnen können, lief aber noch einige Tage durch den kleinen Ort, suchte auf den umliegenden Feldern nach Nahrung und übernachtete auf den Hausdächern Oberbiels. Zahlreiche Anrufe (wohlgemerkt aus ganz Hessen) von besorgten Personen erreichten den NABU. Schön, dass sich so viele Menschen um den Schwarzstorch sorgten.

Ab in den Süden

Am 23. September war es dann jedoch soweit: Vormittags bei Sonnenschein und Rückenwand hob der Vogel ab und hatte innerhalb weniger Stunden bereits Hessen und Rheinland-Pfalz hinter sich gelassen; um halb drei am Nachmittag war er bereits im Saarland. Bei rund 300 Metern Höhe und mit rund 45 Kilometern/Stunde hat der Vogel somit bereits gut Strecke gemacht. Der Vogel scheint also fit zu sein. Zeitnah folgen weitere Blogeinträge.

Hintergründe der Besenderung

Wir hoffen, dass ein langes Leben auf den Vogel wartet. Da die Besenderung eines einzelnen Vogels keine repräsentative Stichprobe und somit keine wissenschaftliche Untersuchung darstellen kann, handelt es sich vielmehr um das Einzelschicksal eines jungen Storchs. Die gesammelten Daten stellen wir gleichwohl größeren Besenderungsprojekten zur Verfügung. Wichtige Erkenntnisse für den Schutz dieser Art können wir – insbesondere bei einem längeren Leben des Storchs – auch mit nur einem Vogel gewinnen können.

Von Interesse ist zudem, wie sich die Pflegephase in Oberbiel ausgewirkt hat. Offene Fragen sind z. B.: Hat er die Scheu vor Menschen verloren? Sucht der Vogel in Zukunft häufiger Siedlungsräume auf?

Und ebenso wichtig: Wir werden hier im NABU-Blog über den Storch berichten und dabei auch wertvolle Aspekte des Vogelschutzes, des EU-Wiederherstellungsgesetzes, des Wasserrückhalts in der Landschaft, des Wald-Naturschutzes und viele weitere Themen beleuchten. All dies spielt für den Fortbestand der Art eine Rolle!

Viel Spaß beim Lesen der Schwarzstorch-Blogbeiträge,

Ihr Maik Sommerhage (Landesvorsitzender NABU Hessen)

Sender und Ring des Schwarzstorchs. Durch zahlreiche Studien ist bekannt, dass sich die Vögel daran nicht stören. Gleichzeitig liefern die Vögel wichtige Informationen für ihren Schutz, in den letzten Jahren vor allem auch durch verschiedene Telemetrie-Projekte.