Falsches Signal – Naturschutz ist kein Luxus !

Luchsin Tessa, vergiftet mit Carbofuran, 2012, Nationalpark Bayerischer Wald. – Foto: Nationalpark Bayerischer Wald.

Bund der Steuerzahler rügt Ausgaben für Luchsprojekt im Pfälzerwald 

Naturschutz ist kein Luxus! Doch wenn man das aktuelle „Schwarzbuch“ des Steuerzahlerbundes in die Hand nimmt, muss man zu einem anderen Schluss kommen. Demnach seien offenbar vergleichsweise moderate Ausgaben für ein tatsächlich dringend notwendiges Artenschutzprojekt im Pfälzerwald (Rheinland-Pfalz) „Verschwendung“.

Doch was ist geschehen? Der Bund der Steuerzahler hat in seinem jüngsten „Schwarzbuch“ unter anderem Ausgaben für das aktuelle Luchs-Wiederansiedlungsprojekt im Pfälzerwald gerügt. Die Wiederansiedlung der Eurasischen Luchse (Lynx lynx) wird dort mit 50% durch das EU LIFE-Programm gefördert und hat ein Gesamtvolumen von 2,75 Mio. €. Neben der Stiftung und ihren Projektpartnern beteiligen sich das Land Rheinland-Pfalz, die Deutsche Wildtier Stiftung, die Landesverbände von NABU und BUND, die HIT Umweltstiftung sowie weitere Förderer an der Finanzierung des Vorhabens. Die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz unterhält ein Projektbüro in der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) in Trippstadt. Mithilfe des europäischen Förderprogramms LIFE-Natur führt die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz mit ihren Projektpartnern Landesforsten Rheinland-Pfalz, SYCOPARC in Frankreich sowie dem WWF das Projekt zur Wiederansiedlung der Luchse durch. Das Vorkommen soll zum Schutz und Erhalt einer Art beitragen, die in Europa nur mehr in wenigen Rückzugsgebieten vorkommt und in Zentral- und Westeuropa als gefährdet einzustufen ist. Das Projekt ist im Januar 2015 gestartet und endet im September 2021. Naturschutzexperten der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) haben die Konzeption geprüft und sehr positiv bewertet.

Doch was ist das Problem? Die Rückkehr der Luchse nach Deutschland und nach West- und Mitteleuropa ist ein zentrales Anliegen europäischer Bemühungen für den Arten- und Naturschutz. Grundlage hierfür bildet unter anderem die sogenannte FFH-Richtlinie 92/43/EWG (Flora-Fauna-Habitatrichtlinie). Diese besagt – kurz gesprochen -, dass alle EU-Länder alles dafür tun und ausreichend finanzieren müssen, was die Rückkehr und Lebensbedingungen von Luchsen (auch von Wölfen, Braunbären etc.) günstig beeinflusst. Tatsächlich aber galten Luchse bis in die 1970er Jahre in Zentraleuropa als ausgestorben bzw. als ausgerottet. Es gab nur noch wenige Refugien in Europa, wo Luchse noch natürlich vorkamen und noch vorkommen (Skandinavien, Karpaten, Baltikum). Nur in wenigen einzelnen Fällen gelang es Luchse in Mitteleuropa, künstlich durch Menschenhand, anzusiedeln (Harz, Schweiz, Bayern/Tschechien). Von einer stabilen und zusammenhängenden, sich ständig im Austausch befindlichen europäischen Luchspopulation ist man jedoch – auch nach nunmehr fast 50 Jahren Bemühungen für diese Art – immer noch weit entfernt! Um aber eine stabile, regenerationsfähige und genetisch gesunde und dazu eine sich im ständigen Austausch befindliche Luchspopulation in Europa voranzubringen, braucht es zahlreiche kleine Subpopulationen, die sozusagen als „Lebensbrücken“ und „Trittstein-Populationen“ fungieren. Hierbei spielt der Pfälzerwald mit seiner Verbindungsfunktion zwischen den Waldgebieten im Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Deutschland eine entscheidende, ja strategisch sogar überlebenswichtige Rolle für den Luchs. Und es scheint bislang zu funktionieren! Denn den bisher angesiedelt Luchsen geht es gut im Pfälzerwald !

Das ist aber nicht überall so! Luchsen fehlt es überregional und international gesehen immer noch an der notwendigen politischen und finanziellen Unterstützung. Luchse spielen als sogenannter Spitzenprädator eine wichtige Rolle im komplexen Ökosystem. Dabei werden Luchse nicht selten als Konkurrenten in der Jagd gesehen und leider auch durch Menschen getötet (mutmaßlich durch Hobby-Jäger). Auch der Straßenverkehr greift limitierend in die Luchspopulation ein. Häufig werden Luchse auf ihren Wanderung überfahren. Es fehlt an ausreichend geeigneten Querungshilfen und Vernetzungsmöglichkeiten, aber auch an Lebensraumschutz. Deshalb sind Trittstein-Projekte, wie jenes im Pfälzerwald, so wichtig und notwendig. Eigentlich braucht es aus wissenschaftlicher Sicht gesehen noch vielmehr an vergleichbaren Projekten.

Der langfristige Erfolg von Luchs-Wiederansiedlungen hängt heutzutage von der Akzeptanz der Luchse in der Gesellschaft ab. Akzeptanz kann sich nur entwickeln bzw. fortbestehen, wenn ausreichend Wissen zur Tierart vorhanden ist und eine Abstimmung mit den beteiligten Interessensgruppen wie Jägern und Weidetierhaltern erfolgt. So ist eine anfängliche große Investition in die breite Öffentlichkeitsarbeit eine mehr als sinnvolle und nachhaltige Vorgehensweise. Die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz steht im regelmäßigen Austausch mit den Interessengruppen, hält Bildungs- und Informationsmaterial vor und engagiert sich bei Veranstaltungen. Dabei wird sie regelmäßig durch Vertreter der Jagd, der Tierhalter und des Naturschutzes begleitet.  Wie gut eine Wiederansiedlung funktionieren kann, beweist aktuell das Projekt im Harz. Hier ist die Luchspopulation seit den ersten Freilassungen 2000 in Ausbreitung begriffen. Darüber hinaus hat der Luchs mittlerweile auch einen spürbaren Effekt für den nachhaltigen Tourismus und damit auch für die Menschen in der Region!

Aus unserer Sicht – und der vieler unserer Kollegen in Deutschland und Europa – liegt der Steuerzahlerbund dieses Mal mit einigen seiner Kritikpunkte meilenweit neben seinen Zielaufgaben. Denn Natur- und Artenschutz sind keine Billigkeitsleistungen des Staates, sondern verpflichtender Bestandteil der solide zu finanzierenden Staatsaufgaben (Etat). Man kann es nur als einen schlechten Witz verstehen, wenn der Bund der Steuerzahler meint, dass hier das Geld „verschwendet“ worden sei, zumal der Staat tatsächlich Milliarden Euro an Steuergeldern in marode Infrastrukturprojekte, in die gescheiterten Maut-Bemühungen und in eine naturfeindliche, die Artenvielfalt zerstörende Landwirtschaft versenkt.

Von uns gibt es für den Steuerzahlerbund ein ganz klares „Daumen runter der Woche“ dafür!

Mehr zum Luchsprojekt im Pfälzerwald https://snu.rlp.de/de/projekte/luchs/

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