Expertentreffen für den Luchs – Tagung in Bonn

Luchstagung in Bonn – Foto: Silvester Tamás.

Experten waren sich einig: der Luchs braucht neben nachhaltigen Auswilderungsprogrammen auch eine engere Vernetzung der Lebensräume und mehr Unterstützung aus der Politik

Am 25.05.2018 waren wir vom PLAN P (NABU Thüringen) von der HIT-Umweltstiftung zum Expertentreffen an die Universität nach Bonn eingeladen, um gemeinsam mit Naturschutzverbänden, mit Experten laufender Auswilderungsprojekte und internationalen Fachleuten über die Rückkehr des Luchses nach Deutschland zu diskutieren. Die Tagung bot hochwertige und aktuelle Referentenbeiträge zur aktuellen Situation des Luchses in NRW, in Deutschland aber auch in ganz Europa. Die erfolgreichen Auswilderungsprojekte des Nationalparks Harz und in Rheinland-Pfalz verdeutlichten, wie wirksam ein gut abgestimmtes Zusammenwirken aller Interessensgruppen für den Luchs sein kann. In Bayern dagegen stagniert die Situation. Obwohl es dem Luchs im Nationalpark Bayerischer Wald scheinbar gut geht, schafft er es nicht, sich erfolgreich von dort auszubreiten. Einzelne Luchswiederansiedlungsprojekte in Europa begannen bereits in den 1970er Jahren. So leben heute in der Schweiz bereits 130 bis 150 erwachsene Luchse. In Deutschland aktuell etwa 80. In Österreich, Tschechien und Bayern scheint die illegale Jagd auf den Luchs die Hauptursache für die Stagnation der dortigen Luchspopulation zu sein. Hessen erlebte in den letzten beiden Jahren einen Zusammenbruch seines kleines Luchsvorkommens mit ursprünglich eigenständiger Reproduktion. Verantwortlich dafür waren hochwahrscheinlich ein epidemischer Räudeausbruch unter den Katzen und die verhältnismäßig hohe Mortalität im Straßenverkehr. Aktuell leben dort nur noch zwei Kuder. In Slowenien dagegen stagniert die Reproduktion vermutlich aufgrund genetischer Barrieren.

Auf der Tagung wurden als wesentliche Aspekte der erfolgreichen Bemühungen für das Erreichen einer stabilen west- und mitteleuropäischen Metapopulation aktive Wiederansiedlungsprojekte, kleinere Bestandsstützungen durch gezielte Einzelauswilderung, die Verhinderung der illegalen Jagd und die Wiedervernetzung geeigneter Landschafts- und Lebensräume für den Luchs herausgearbeitet. In Summe große Aufgaben. Diese zu bewältigen gelingt nur, wenn alle deutschen Bundesländer und die betroffenen EU-Staaten an Strategien arbeiten, die den Aufbau und das nachhaltige Zusammenführen von kleineren Luchspopulationen in geeigneten Landschaften West- und Mitteleuropas politisch wollen, wissenschaftlich fördern und auch finanzieren. Ein gutes Beispiel hierfür könnte das in Spanien und Portugal laufende Projekt IBERLINCE sein. Dort gelang es innerhalb der zurückliegenden 15 Jahre den iberischen Pardelluchs unter massiven Einsatz von finanziellen Mitteln, wissenschaftlich betriebenen Auswilderungsstationen und viel Personal vor dem Aussterben zu bewahren. Heute leben auf der iberischen Halbinsel 545 Pardelluchse!

Auswilderung und Wiedervernetzung brauchen die Begleitung von öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen zur Akzeptanzförderung und belastbare Monitoringdaten, sowie eine konsequente Umsetzung der bereits politisch formulierten Wiedervernetzung unserer Landschaften. Unsere Landschaft muss für alle Wildtiere wieder durchlässiger werden. Jährlich sterben auf deutschen Straßen mehr als 250.000 Wildtiere, darunter auch Wölfe und Luchse. Gefahrenstellen müssen für Mensch und Tier entschärft oder ganz beseitigt werden.

Das Resümee der Tagung fiel für die teilnehmenden Experten und Referenten durchaus positiv aus. Man ist sich jedoch bewusst, dass es für den Luchs noch sehr, sehr viel zu tun gibt und wir erst am Beginn kommender viel größerer Herausforderungen stehen, die zuforderst auf dem politischen Parkett bewältigt werden müssen. Wir sollten es nicht nur wollen, dass das schöne Pinselohr wieder zurück in unsere Heimat kommt, sondern auch aktiv etwas dafür tun. Davon profitieren auch zahlreiche andere Wildtiere.

Und es darf ruhig auch etwas kosten ! Das Life-IBERLINCE-Projekt auf der iberischen Halbinsel hat inklusive aller flankierenden Maßnahmen bis heute etwa 75 Mio. EUR gekostet. Die nachhaltigen positiven Effekte jedoch für die Landschaftsentwicklung und den Tourismus liegen bereits jetzt schon um ein Vielfaches höher.

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