Verpackungswahnsinn und Plastikrecycling

Verpackungswahnsinn und Plastikrecycling

Wer hat sich nicht schon geärgert über die Berge von (Plastik-)Verpackungen nach einem normalen Einkauf. Bananen in Plastikfolie, Weintrauben in Hartschalen, Mogelpackungen mit viel Luft in der Verpackung usw – wir machen immer mehr Müll, inzwischen über 600 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Nur die Dänen und Zyprioten toppen dies noch.

Kunststoff spielt eine immer größere Rolle bei Verpackungen und damit auch bei den Abfällen: in Deutschland sind bereits 60 Prozent unserer Kunststoffabfälle Verpackungen (Endverbraucher). Das bedeutet:

  • Drei Millionen Tonnen Kunststoff-Verpackungsabfälle im Jahr
  • 37 Kilogramm pro Kopf
  • 94 Prozent Steigerung seit 1995
  • 60 Prozent sind Verpackungen
  • 450.000 Tonnen allein für Pfand-Einwegflaschen aus Kunststoff
  • 50.000 Tonnen für Obst- und Gemüseverpackungen: 63 Prozent der Ware wird inzwischen schon vorverpackt verkauft

Weitere Informationen dazu unter www.NABU.de/kunststoffabfall

Oftmals sind Verpackungen unnötig – Foto: NABU/K. Istel

Viele Verpackungen wären vermeidbar – die beste Lösung für Natur und Umwelt. Die Verpackungen, die nicht vermeidbar sind, müssen besser werden und es muss mehr Material recycelt werden. Hier sollte das Wertstoffgesetz ansetzen, das nun leider zu einem Verpackungsgesetz degradiert wurde. Das bedeutet, dass auch in Zukunft der Großteil „wertstoffhaltiger Abfälle“ wie Spielzeug aus Kunststoff, Plastikschüsseln und Kochtöpfe weiterhin über die Restmülltonne in der Müllverbrennung landen statt in der Recyclinganlage.

Aktuell im Parlament: Das neue Verpackungsgesetz

Der NABU und andere Umweltverbände haben in den letzten Jahren viel Hoffnung und Energie in eine Weiterentwicklung und Verschärfung der Verpackungsverordnung gelegt, um die Potenziale für Abfallvermeidung und Recycling zu heben. Leider enttäuscht das Verpackungsgesetz, das Ende März  im Bundestag verabschiedet wurde, die Verbraucherinnen und Verbraucher  in den meisten Punkten.

Verpackungsgesetz statt Wertstoffgesetz
Zwei Umweltminister und eine Umweltministerin sind daran gescheitert, die Verpackungsverordnung in ein Wertstoffgesetz zu überführen. Die Umweltverbände hatten sich für eine bundesweite Wertstofftonne eingesetzt.

Mit einem „Wertstoffgesetz“ wäre bundesweit aus der Gelben Tonne, in die offiziell nur Verpackungen geschmissen werden dürfen, eine Wertstofftonne geworden. Hierüber hätten nicht nur Verpackungen, sondern auch andere Gegenstände aus Alu, Blech und Kunststoffen wie der kaputte Plastikeimer oder eine ausrangierte Bratpfanne entsorgt werden dürfen. Nun ist die Einführung in den Kommunen freiwillig und hängt davon ab, wie sich die lokalen kommunalen und privaten Entsorgungsunternehmen verstehen. So bleibt die Mülltrennung für die Bürgerinnen und Bürger unklar, im schlimmsten Fall landen gut recycelbare Wertstoffe in der Müllverbrennung.

Höhere Vorgaben zu Recyclingquoten
Aktuell recyceln wir nur die Hälfte der Kunststoffverpackungen – der Rest wird (immerhin noch zur Energiegewinnung) verbrannt. Technisch wäre viel mehr möglich, aber mehr zu recyceln ist derzeit noch nicht wirtschaftlich attraktiv und auch nicht  gesetzlich vorgegeben. Die aktuelle gesetzliche Mindestquote von 36 Prozent erfüllen wir schon seit Jahren.

Mülltrennen weiterhin wichtig
Recycling funktioniert nur dann gut, wenn es sehr viel vorsortiertes Material gibt. Hierfür muss zuhause vorsortiert werden, denn die Sortieranlagen können vermischten und stark verunreinigten Müll nicht voneinander trennen.

Mit dem Verpackungsgesetz werden die Recyclingquoten endlich angehoben. Im ersten Gesetzesentwurf sollte die Quote für Kunststoffverpackungen noch auf 72 Prozent gesteigert werden – die Recyclingbranche hielt dies für ambitioniert, aber machbar. Im nun verabschiedeten Entwurf haben sich aber leider Hersteller- und Kunststoffverbände durchgesetzt: Die Quote liegt nur noch bei 63 Prozent und soll auch erst ab 2022 gelten.

Im Klartext:

  • Die Bundesregierung feiert die höheren Quoten als toller Umweltschutz und Anlass für das Gesetz, aber letztlich hätte sie bereits 2013/2014 bei der Novelle der Verpackungsverordnung die Recyclingquoten anheben können und müssen.
  • Die Entsorgungswirtschaft hat nun fünf Jahre Zeit, eine Quote zu erfüllen, die unter der aktuellen technischen Machbarkeit liegt. Die Frage ist, ob die Bundesregierung damit tatsächlich die notwendigen wirtschaftlichen Impulse für den Ausbau der Recyclingstrukturen setzen wird.

Deswegen fordert der NABU: die neue Quote sollte 72 Prozent betragen,  schon 2019 in Kraft treten und sich wie ursprünglich vorgesehen nach drei Jahren dynamisch um jeweils fünf Prozent erhöhen.

Design for Recycling
Damit Verpackungen recycelt werden können, sollten wichtige Grundsätze beachtet werden: Monomaterial einsetzen statt einen Materialmix wie Papiertüten mit Sichtfenster; keine Zusatzstoffe (so genannte Additive) verwenden, die das Recycling behindern; keine schwarzen Kunststoffe, weil viele Sortieranlagen diese noch nicht erkennen können.

Mit dem Verpackungsgesetz wird nun ein Anfang gemacht, um Unternehmen zu belohnen, die recyclingfähige Verpackungen einsetzen und Recyclingmaterial für Verpackungen nutzen. Leider gibt es dazu aber keine konkreten Vorgaben und keine öffentliche Kontrolle.

Mehrwegquote für Getränkeverpackungen

In der alten Verpackungsverordnung gab es eine Zielquote von 80 Prozent für Mehrweg und ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen. Diese (unverbindliche) Vorgabe wurde seit Jahren deutlich verfehlt – zuletzt lag die Quote bei circa 45 Prozent und wurde nur erreicht, weil Bier fast ausschließlich in Mehrwegglas verkauft wird. Aber anstatt dass etwas dagegen getan wurde, hatte die Bundesregierung die Zielquote im Gesetzentwurf einfach ganz gestrichen.

Bis zum letzten Tag haben der NABU und andere Umweltverbände sich dafür eingesetzt, dass die Quote wieder rein kommt. Erfreulicherweise haben sich die Bundestagsabgeordneten der Regierungskoalition dann tatsächlich auch noch zwei Tage vor der Abstimmung im Bundestag einigen können, die Quote wieder rein zu nehmen: 70 Prozent Mehrweg sollen es werden.

Leider hat man aber aus der Vergangenheit nichts gelernt: Wie früher gibt es weder ein Jahr, wann die Quote erreicht sein soll, noch gibt es Sanktionen, wenn die Quote nicht erfüllt wird. Die Erfahrungen seit den 1990er Jahren lassen leider wenig hoffen, dass so Mehrweg wieder in Schwung kommt.

Der NABU hat den wirkungsvollsten Anreiz zur Mehrwegförderung schon 2009 ausgearbeitet: eine Getränkeverpackungssteuer. Diese würde Einwegsysteme teurer machen und Mehrwegsysteme optimieren.

Abfallvermeidung, Abfallvermeidung, Abfallvermeidung!

Über die Debatte über Kunststoffe und Plastikverpackungen dürfen wir aber nicht vergessen: Alle Einwegverpackungen gehören auf den Prüfstand! Auch die aus Papier, Aluminium, Weißblech und Glas. Diese haben in der Regel keine besseren Ökobilanzen als Kunststoff. Auch nachwachsende Rohstoffe sind zu schade für Einwegverpackungen!

Werden Sie selbst aktiv! Werden Sie selbst aktiv!
  • Vermeiden Sie Abfälle – jede eingesparte Verpackung schon wertvolle fossile oder nachwachsende Ressourcen.
  • Trennen Sie Ihren Müll, nur wenn gut vorsortiert wird, kann hochwertig recycelt werden.
  • Machen Sie sich durch intelligente Fehlwürfe selbst eine Wertstofftonne, sollte es in Ihrer Kommune keine offizielle Wertstofftonne geben.

Weitere Tipps:

 

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Katharina Istel
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2 Kommentare

Eva Dust

16.05.2017, 15:09

Ich verstehe das alles nicht, es wird doch seit bald drei Jahrzehnten über Verpackungsmüll geredet und Umweltverbände engagieren sich bestimmt schon seit 25 Jahren dagegen. Ich habe auch ein paar Petitionen dazu in den Bundestag und Brüssel eingereicht, aber irgendwie ist mit den Jahrzenten alles schlimmer statt besser geworden. Wissenschaftlern die Zukunftsprognosen über Umweltbelastungen, Ressourcenverbrauch und ähnliches erstellen erhalten wohl einfach nach wie vor nicht die Wichtigkeit die Ihnen zustände und die Wirtschaft und große Firmen mit viel Geld im Hintergrund haben offensichtlich irgendwie mehr Einfluss. Da fällt einem schon das uralte Zitat ein: Erst wenn der letzte Baum gerodet und der letzte Fisch geangelt ist werden die Weißen begreifen, dass man Geld nicht essen kann - so sieht es ja wohl auch aus wenn man die Überfischung der Meere betrachtet und viele andere Umweltprobleme. Die Menschheit fährt mit Volldampf ins Chaos und in den Untergang. Erst wenn es für jeden spürbar und sichtbar ist was wir da anrichten wird man umdenken auch da oben, aber dann wird es zu spät sein. Da kann man direkt Menschen verstehen die sich wünschen eine Seuche würde weltweit um den Globus gehen und ca. die Hälfte der Menschheit vernichten damit sich die Erde und die Tierwelt wieder erholen kann.

Sonnenschein

12.04.2017, 08:43

Mein Eindruck: Seit das Thema Plastik-Vermutzung thematisiert wird, sind viele Produkte nicht nur in einer Lage Plastrik verpackt, sondern es wird noch eine 2. Hülle hinzugefügt. Es ist unglaublich!!!! Vielleicht sollte man in den Schulen eine Stunde 'Sorgen für unsere Zukunft und Umwelt' o.ä. einführen, damit Kinder und Jugendliche endlich ein Verständnis für dieses Thema bekommen. Oder wie in USA: Da müssen Strafgefangene (natürlich keine Schwerver-b recher!!!) die Straßen von Müll freiräumen.

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