Filterpflicht auch für Binnen- und Fahrgastschiffe

Filterpflicht auch für Binnen- und Fahrgastschiffe

Für Touristen sind sie ein willkommenes Gefährt für Sightseeingtouren, Anwohner und Passanten hingegen rümpfen immer öfter verstört die Nase, wenn einer der mehr als 100 Berliner Ausflugsdampfer etwa auf der Spree an Reichstag und Museumsinsel vorbeifährt und eine stinkende Abgasfahne hinter sich herzieht. Kein Wunder, liegen diese Orte doch mitten in einer „grünen“ Umweltzone. Autos, Lkw und Busse mit Dieselmotor brauchen eine entsprechende Plakette, um hier fahren zu dürfen und müssen folglich mindestens die Abgasnorm Euro 3 erfüllen und einen Partikelfilter haben. Auch die Güterschifffahrt trägt mitunter erheblich zur Luftverschmutzung bei. So verglich das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen den Schadstoffausstoß der Rheinschifffahrt mit dem einer stark befahrenen Autobahn. Gerade an stark frequentierten Wasserstraßen, aber auch Anlege- oder Wendestellen, können die Emissionen lokal schnell zu einem relevanten Faktor werden – wie nicht zuletzt Luftschadstoffmessungen des NABU in den vergangenen Jahren eindrücklich belegen konnten.

Das Problem: Binnen- und Fahrgastschiffe fallen bisher nicht unter die Umweltzonenregelung und auch die gesetzlichen Anforderungen an ihre Motoren sind deutlich schwächer als für Straßenfahrzeuge. Technisch betrachtet ist eine solche Differenzierung kaum nachvollziehbar, da Systeme wie Partikelfilter und Stickoxidkatalysatoren zur Abgasnachbehandlung bei Dieselmotoren seit Jahren eingesetzt werden und entsprechend auch für alle Schiffe verpflichtend vorgeschrieben werden könnten. Denn auch, wenn ab 2019 alle neuen Motoren für Binnenschiffe strengere Vorgaben für Stickoxide und Rußpartikel erfüllen müssen, bleibt das Gros der bestehenden Flotte davon unberührt. Angesichts einer Lebenserwartung von mehreren Jahrzehnten ist anhand dieser Regulierung keine rasche Abhilfe zu erwarten.

Das Land Berlin plant nun, eine Bundesratsinitiative zu starten, um die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, Binnen- und Fahrgastschiffen die Verwendung eines Partikelfilters vorschreiben und sie in die Umweltzonenregelung mit einbeziehen zu können. Ein sinnvoller, wenn auch längst überfälliger Schritt. Da viele der betreffenden Flüsse als Bundeswasserstraße ausgewiesen und entsprechend dem Zugriff der jeweiligen Kommune entzogen sind, muss hier eine einheitliche Regelung auf Bundesebene getroffen werden. So würde abgasgeplagten Städten ein weiteres Instrument im Kampf gegen zu hohe Feinstaub- und Stickoxidkonzentrationen an die Hand gegeben. Daher fordert der NABU Bundesländer und Bundesregierung auf, sich den Forderungen des Berliner Senats anzuschließen und schnellstmöglich den Weg für entsprechende Regelungen frei zu machen.

Weitere Elemente der Berliner Initiative, wie die verpflichtende Abnahme von Landstrom, die das Abstellen der Motoren während der Liegezeiten vorsieht, würde betroffenen Anwohnern deutliche Erleichterung verschaffen – allein die Nutzung von erneuerbarer Energie wäre hier eine sinnvolle Ergänzung. Auch die auf Landesebene geplante Entwicklung einer Klimaschutzvereinbarung „Sauberer Schiffsverkehr“ mit klaren Zeit- und Maßnahmenplänen für die Nach- und Umrüstung der Bestandsschiffe mit Partikelfiltern sowie der verstärkten Prüfung von alternativen Antrieben bei Neuanschaffungen könnten sich als wegweisend entpuppen, um die Branche stärker bei Klima- und Umweltschutz in die Pflicht zu nehmen. Denn gleichzeitig ist klar, dass Binnenschiffe gerade beim Transport von Gütern künftig eine stärkere Rolle spielen sollten, um die Klimaziele auch im Verkehrssektor erreichen zu können. Doch während sich ihr Hauptkonkurrent Straßengüterverkehr längst mit elektrifizierten und potenziell CO2-neutralen Antriebskonzepten befasst, hadert die eigentlich effizientere Binnenschifffahrt immer noch mit ihrem Luftschadstoffproblem. Zeit, das nicht zuletzt aus Eigennutz zu ändern.

Titelbild: Touristikschiffe in Berlin – Foto: RfK/Bachmann

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3 Kommentare

Frank Kirschberger

07.02.2018, 16:54

Ein wichtiger und sehr gut auf den Punkt gebrachter Beitrag - vielen Dank dafür! Vielleicht einmal eine Anmerkung aus umweltethischer Perspektive. Jeder Mensch darf mit Recht erwarten, dass sowohl seine Gesundheit als auch seine (klimabedingten) Lebensumstände nicht eingeschränkt oder sogar gefährdet werden. Dies gilt vor allem dann, wenn zu den jeweils praktizierten Verhaltensweisen durchaus praktikable Alternativen bestehen. Im Falle des Umwelt- und Klimaschutzes ist es in der heutigen Zeit technisch problemlos möglich, deutlich sauberere und umweltfreundlichere Antriebstechnologien zu verwenden. Ein Argument, diese könnten eventuell aus Kostengründen nicht gewählt und gefordert werden, um die Gewinnmargen und die Rentabilität der Betreiber von - in diesem Falle Booten und Schiffen - nicht zu gefährden, kann deshalb nicht überzeugen. Wo die Wahlmöglichkeit besteht, sich zwischen gesundheits- und klimagefährdeten Varianten auf der einen, und (relativ) sauberen und weniger gesundheitsbeeinträchtigenden Alternativen auf der anderen Seite zu entscheiden, ist es moralisch immer verpflichtend, sich für die weniger schädliche Form der Nutzung zu entscheiden. Rentabilität und Gewinnmaximierung sind dafür jedenfalls keine relevanten Kriterien. Insofern ist dieser - längst überfälligen Entscheidung - auch aus umweltethischer Perspektive zuzustimmen.

Sabine

05.02.2018, 16:50

Das wird aber auch wirklich höchste Zeit, dass die Schiffe in all diese Umweltschutzmaßnahmen mit eingebunden werden ! Wahrscheinlich ist den meisten Menschen gar nicht bekannt, dass viele Umweltgesetze für Schiffe gar nicht gelten ? Bevor nun schon über Fahrverbote von zugelassenen Diesel-Pkw diskutiert wird, muss dringend auch hier Abhilfe geschaffen werden, zumal die Binnenschifffahrt ständig wächst.

Daniel Rieger

05.02.2018, 20:06

Herzlichen Dank für die Rückmeldung! In der Tat gibt es bei Binnenschiffen regulatorisch großen Nachholbedarf. Tatsächlich stellt sich die Situation in vielen Städten jedoch so dar, dass sich die Frage nach einem Entweder-oder (Pkw oder Schiff) gar nicht stellt. Vielmehr müssen die unterschiedlichen Verkehrsträger gleichermaßen angegangen werden, um die Abgasbelastung auf ein unbedenkliches Maß zurückzuführen.

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