Das Märchen von der umweltfreundlichen Kaffeekapsel

Das Märchen von der umweltfreundlichen Kaffeekapsel

Lungo, Ristretto, Crema, Americano oder einfach nur Classic: All das gibt es bei einer Kaffeekapselmaschine bequem per Knopfdruck. Seit Jahren freuen sich die Hersteller über steigende Absatzzahlen – doch mit ihnen wachsen auch die Müllberge, die die Einmalkapseln produzieren. Unvorstellbare 8 Millionen Kapseln werden in Deutschland pro Tag verbraucht. Für uns Menschen mögen Kapselmaschinen ein Komfort sein – für die Umwelt sind sie eine kleine Katastrophe.

Eine Kapsel umfasst fast genau so viel Verpackung wie Kaffeeinhalt, was zu einem gigantischen Müllberg führt, der zum überwiegenden Teil verbrannt wird. Ohne Kaffeekapsel kommt der Kaffeesatz in den Bioabfall und dient der Natur wieder als Nährstofflieferant. Kaffeekapseln machen diesen Kreislauf unmöglich, außer man trennt aufwändig Kaffeesatz und Kapsel – aber wer macht das schon … Auch wenn einige Hersteller auf die Recyclingfähigkeit der Kapseln hinweisen, ist das doch nur Theorie. Denn unterschiedliche Standards sowohl in der Müllsammlung als auch in den Sortieranlagen sowie das relativ hohe Gewicht der Kapseln durch den enthaltenen Kaffeesatz erschweren die automatisierte Sortierung der Kapseln. Man kann deshalb davon ausgehen, dass die meisten Kapseln nicht richtig sortiert und somit nicht recycelt werden, sondern letztlich doch in der Müllverbrennung landen. Hinzu kommt der enorme Energieaufwand in der Produktion der Kaffeekapsel, insbesondere von jenen aus Aluminium. Insgesamt ist die Ökobilanz der Kaffeekapseln also denkbar schlecht.

Bioabbaubare oder kompostierbare Kapseln sind nicht besser

Angesichts dieser negativen ökologischen Folgen und des zunehmend schlechten Images von Kaffekapseln, bieten inzwischen verschiedene Unternehmen Kunststoffkapseln an, die mit „kompostierbar“ oder „bioabbaubar“ beworben werden. Der Ansatz hierbei: Die Verbraucherinnen und Verbraucher werfen die Kapseln zusammen mit den Küchen- und Gartenabfällen in die Biotonne, deren Inhalt anschließend in Kompostwerken oder Vergärungsanlagen verwertet und schließlich als Dünger oder Komposterde recycelt wird. Klingt in der Theorie gut, verursacht in der Realität jedoch neue Probleme!

Zwar gelten die biologisch abbaubaren Kapseln gesetzlich als kompostierbar und dürfen auch so bezeichnet werden, wenn sie über die – veraltete – Norm EN 13432 zertifiziert wurden. Die Praxis zeigt aber, dass die Kapseln erhebliche Probleme in den Kompostieranlagen verursachen. Während nach etwa zwei Wochen in der großtechnischen Kompostierung Speisereste und Gartenabfälle abgebaut sind, findet man die Kapseln in nahezu unverändertem Zustand in den Komposterden. Die Folge: Sie müssen händisch aussortiert werden. Das Problem ist, dass die Kapseln in der Theorie zwar biologisch abbaubar sein mögen, die meisten Kompostanlagen in Deutschland aber viel schneller arbeiten. Ähnlich verhält es sich in Vergärungsanlagen. Auch hier werden die Kapseln in der Feinaufbereitung der Gärreste aussortiert. Hinzu kommt, dass die biologisch abbaubaren Werkstoffe (BAW) – das Material, aus dem die Kapseln bestehen – keinerlei Mehrwert für den Kompost oder das Gärprodukt liefern. Ganz im Gegenteil: Kompostproduzenten lehnen BAW-Zusätze explizit ab, da ihre Kunden und Kundinnen diese Fremdstoffe in den Düngerprodukten nicht akzeptieren. Apropos: Auch auf dem heimischen Komposthaufen im Garten hat „bioabbaubarer“ Kunststoff nichts zu suchen.

Mehrweg-Kapseln als Weg aus dem Mülldilemma

Wer seine Kapselmaschine weiternutzen will, sollte unbedingt zu umweltfreundlichen Mehrwegkapseln greifen, die man einfach mit dem Kaffeepulver seiner Wahl füllt. Das schont auch den Geldbeutel, da Kaffee in Kapseln viel teurer ist als in der Großpackung. Auf Umwelt-Slogans bei Einweg-Kapseln wie recyclingfähig, bioabbaubar oder kompostierbar sollte man nicht vertrauen. Und nicht zu vergessen beim Kaffeekauf: Unbedingt auf bio und fair achten. Informationen zu Bio- und Fairtrade-Zertifizierungen sind hier zu finden.

Abfallvermeidung steht an erster Stelle

Die Kaffeekapseln stehen stellvertretend für eine wachsende Reihe von Produkten, die mit den Slogans „biologisch abbaubar“ und „kompostierbar“ als ökologische Alternative zu konventionellen, also fossil basierten Kunststoffprodukten beworben werden. Bioabfallbeutel oder biobasiertes Einweggeschirr sind weitere Beispiele. Hier ist es wichtig, kritisch zu analysieren, ob diese neuen Produkte wirklich (schon) umweltfreundlicher sind. In diesem Kontext muss auch unbedingt die europäische Norm zur Kompostierbarkeit an die aktuelle Anlagentechnologie angepasst werden.

Für uns Verbraucher gilt: So begrüßenswert die Suche nach neuen innovativen Materialien und Produkten angesichts endlicher fossiler Ressourcen und immer größer werdender Probleme mit Plastikmüll auch ist, dürfen wir darauf nicht als Allheilmittel vertrauen. Stattdessen sollten wir in erster Linie darauf achten, Verpackungsmüll zu vermeiden und zu Mehrweglösungen  zu greifen.

Titelbild: Einweg-Kaffeekapsel (links) und eine Mehrweg-Lösung (rechts) – Foto: Gudrun Bax

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Michael Jedelhauser
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1 Kommentar

Klaus-Peter

13.07.2018, 12:19

Die Kaffeekapseln sind wohl die "Spitze des Müllbergs" - und das Nachfüllen ist dabei keine "bequeme Lösung". Aluminium als Verpackung hat eine besondere Problematik, nicht nur wegen dem Energieeinsatz, auch wegen des Rotschlamms, den niemand gebrauchen kann. Ich wüsste aber auch nicht, was man gegen diesen Unsinn machen kann - schließlich "zwingen" ja nur die Werbeversprechen die VerbraucherInnen, sich derart überteuert eine Tasse Kaffee zu leisten.

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