Schadstoffe in Eiern

Liebe LeserInnen,

seit 1998 werden im trilateralen Wattenmeer (DK, D, NL) die Eier von Austernfischern und Flussseeschwalben auf Schadstoffbelastungen hin untersucht. Als Muschel- und Fischfresser, sind die beiden Arten sogenannte Topprädatoren und stehen damit weit oben in der Nahrungskette. Die Umweltchemikalien werden über die Nahrung aufgenommen, reichern sich im Körper an und gehen zur Brutzeit konzentriert in die Eier über. Die Belastungen der Eier spiegeln damit die Belastung des Vogels wider. Untersucht werden dabei unter anderem Quecksilber, sowie Industriechemikalien (polychlorierte Biphenyle (PCB), Hexachlorbenzol (HCB)) und Insektizide (Hexachlorcyclohexan (HCH), DDT). Diese Chemikalien sind in der Umwelt sehr stabil und werden kaum abgebaut. Aufgrund ihrer Fett-Löslichkeit werden diese Stoffe in der Nahrungskette weitergegeben, konzentriert und toxisch.

 

Trischen ist dabei eine von 16 Probenahmestellen. In den Berichten kann man sehen, dass die Belastungen hier besonders hoch sind. Daher habe ich darüber mit Frank Mattig vom ICBM – Institut für Chemie und Biologie des Meeres gesprochen.

 

Herr Mattig, die analysierten Eier nahe der Elbmündung sind ja scheinbar besonders stark kontaminiert?

Ja, die Elbe bringt die Schadstoffe mit sich. Das erklärt die hohen Werte an den Stationen an der Elbmündung und auf Trischen.

 

Viele Schadstoffe nehmen langfristig ab. Dennoch gibt es Parameter wie die sogenannten TEQs, die eher zunehmen und sogar den empfohlenen Grenzwert für Hühnereier um ein Vielfaches überschreiten. Was sind TEQs?

Mit TEQ oder „toxische Äquivalente“ werden die Anteile der toxischen (dioxinähnlichen) PCB bezeichnet. PCB ist ein Stoffgemisch. Es gibt 209 verschiedene Möglichkeiten wie es aufgebaut sein kann. Manche Varianten sind dabei toxischer als andere. PCBs sind generell sehr langlebige und stabile Verbindungen.

 

Würden Sie denn heute (wenn es erlaubt wäre) ein Seevogelei verzehren?

Eines schon, aber nicht regelmäßig. Die hier untersuchten Schadstoffe reichern sich im Fettgewebe von Tieren und Menschen und innerhalb der Nahrungskette an, also auch in meinem Körper. Da sind mir die weniger belasteten Hühnereier lieber.

 

Die definierten OSPAR-Ziele für Schadstoffe in Vogeleiern werden nach wie vor nicht erreicht. Was muss ihrer Meinung nach geschehen, um diese Ziele zu erreichen?

Viele Verbote von Schadstoffen in der Vergangenheit waren schon sehr hilfreich, aber wir kämpfen immer noch mit den Altlasten. Die Kontaminationen aus der Vergangenheit bekommen wir nicht mehr eingefangen. Längst verbotene Stoffe wie DDT, werden noch sehr lange Zeit in unserer Umwelt verbleiben. Wir müssen daher heute dafür sorgen weniger Schadstoffe in die Umwelt zu entlassen und die Tierwelt möglichst gut zu schützen, da sie ja bereits diesen Belastungen ausgesetzt sind.

Ich bedanke mich bei Herrn Mattig für das aufschlussreiche Gespräch.

Mit sehr nachdenklichen Grüßen von Trischen,

Ihre Anne

 

Schiffsbesuch

Am Freitag bekam ich Besuch von drei Herren und einer Dame. Das traditionelle Plattbodenschiff „Johanna von Amrum“ ankerte um die Mittagszeit bei ablaufendem Wasser am Rande der Schutzzone im Neufahrwasser. Das war kein Zufall, denn ich war mit der Crew verabredet. Nach etwa einer Stunde war das Wasser dann so weit abgelaufen, dass ich durch das Wasser waten und an Bord gehen konnte.

Dort traf ich auf Willem, Gerrit und Manfred. Willem und sein Sohn Gerrit navigieren die wunderschöne „Johanna von Amrum“ durch Flüsse, Kanäle und das Wattenmeer. Manfred ist Filmproduzent und dreht derzeit für den NDR eine Folge der Dokuserie „Land im Gezeitenstrom“.

 

Dafür soll Trischen nicht fehlen und so erzähle ich, nachdem ich an Bord geklettert war, über meine Arbeit, meine Motivation als Vogelwartin zu arbeiten und was momentan auf Trischen los ist. Anschließend sitzen wir gemütlich bei Kaffee, belegten Brötchen und frischem Obst zusammen und klönen über dies und das und natürlich über das Wattenmeer.

Auf einem traditionellen Schiff kann man gut in Erinnerungen schwelgen von Zeiten als es noch so viele Plattfische gab das man sie tatsächlich fast mit der Hand fangen konnte, als das Meer noch so unendlich reich erschien. Wir reden darüber wie es heute geworden ist und was wir uns für die Zukunft wünschen.

Die Zeit verging wie im Flug und schon stießen die ersten kleinen Wellen der Flut an den Rumpf. Zeit für mich zu gehen. Vorsichtig klettere ich nach unten, wo der Schlick doch etwas tiefer war als gedacht, und stapfe zurück zum Strand.

 

Fast ein bisschen wehmütig wieder nur für mich zu sein, ging ich dann zurück zur Hütte. Die „Johanna von Amrum“ machte sich auch schon kurze Zeit später auf den Weg nordwärts, denn morgen soll es für sie in die Eider gehen. Als Vorgeschmack kann man hier schon einmal die „Johanna von Amrum“ sehen.

Ich bin gespannt auf die Folge und werde hier berichten, wenn der Sendetermin feststeht.

 

 

 

Wie man Vögel zählt

Liebe LeserInnen,

immer wieder fragen mich Leute: Wie zählst du denn diese vielen Vögel? Doch wohl nicht einzeln? Könnten es statt 12.250 denn nicht auch 12.260 sein?

Also soll es heute ums Zählen gehen, zumal es eine der zentralen Tätigkeiten der Vogelwarte ist. Erst einmal zum grundlegenden Equipment. Ich benötige für eine Zählung mein Fernglas, das Spektiv, eine Zähluhr und ggf. die Fotokamera.

Als erstes schätze ich ab wie groß die Vogelgruppe in etwa ist. Meistens weiß ich das vorab schon recht genau, da ich ja schließlich täglich in die Flächen schaue. Bei einer Gruppe mit bis zu 1.000 Tieren kann man durchaus noch jeden einzelnen Vogel zählen, sofern sie für einige Zeit ruhig sind. Bei Schwärmen, die in Bewegung sind, würde das zu lange dauern. Da muss dann eventuell sogar nur schnell geschätzt werden. So war das teilweise bei den Weißwangengänsen, als große Gruppen schnell hintereinander die Insel überflogen.

Ist die Gruppe größer (über 1.000 Vögel), dann zähle ich am Rand der Gruppe eine kleine Teilgruppe aus. Zum Beispiel zähle ich 10 Vögel einzeln. Dann schaue ich mir an wie viel Platz diese 10 Vögel einnehmen (wie ein Klecks auf einem Bild). Diesen Vogelklecks lege ich dann schrittweise über die restliche Gruppe und zähle dann in 10er Schritten durch. Da Vogelschwärme aber nicht immer gleich dicht sitzen, passe ich die Klecksgröße während der Zählung immer wieder an. Dort wo die Vögel lockerer sitzen, wird er größer, dort wo sich dicht gedrängt sitzen wird er kleiner.

Generell gilt dabei immer: Je kleiner die zu zählende Gruppe, desto genauer das Ergebnis. Man kann sich schon vorstellen, wenn drei Personen gleichzeitig 43 Regenbrachvögel auf einer Wiese zählen, dann ist das Ergebnis bei den drei Personen wahrscheinlich sehr ähnlich. Wenn drei Personen aber 13.200 Eiderenten auf dem Wasser zählen, dann haben die drei Personen wahrscheinlich recht unterschiedliche Ergebnisse. Dieses Problem ist natürlich bekannt und wird bei den Auswertungen der Ergebnisse berücksichtigt.

Eine andere Methode ist das Auszählen von fotografierten Vögeln. Das mache ich hier auf Trischen zum Beispiel bei den Seeschwalben oder Lachmöwen. Da ich die Kolonien nicht gut einsehen kann und zu sehr störe wenn ich hingehe, warte ich in der Distanz auf einen Moment das möglichst alle Vögel der Kolonie auffliegen. Wenn ich Glück habe, fliegt die Rohrweihe oder der Seeadler über – dann sind sie alle in der Luft! Das Bild werte ich dann am Computer aus.

Seeschwalben am Computer ausgezählt

Und manchmal verbinde ich mehrere Techniken miteinander. Wenn ich in diesen Tagen die Möwen zähle, dann gehe ich auf die Düne, zähle Silber- und Heringsmöwen auf dem Boden. Am Ende mache ich ein Foto von den fliegenden Möwen über mir und addiere später alles zusammen.

Also eigentlich gar nicht so schwierig aber dennoch benötigt es etwas Übung und Erfahrung für eine gute Vogelzählung.

 

Der Eine geht, der Andere kommt

Liebe LeserInnen,

vor ein paar Tagen habe ich gleich zwei spannende Tiere zusammen beobachtet, die auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun haben.

der Vogel

Es ging damit los das ich einen toten Eissturmvogel am Strand gefunden habe. Eissturmvögel sind faszinierend, da sie als echte Hochseevögel die meiste Zeit ihres Lebens auf dem Wasser verbringen. Außerhalb der Brutzeit schlafen sie sogar auf dem Wasser. In Deutschland brüten Eissturmvögel nur auf Helgoland und streifen außerhalb der Brutzeit im Nordatlantik umher. Der Eissturmvogel gehört zu den sogenannten Röhrennasen. Die auf dem Schnabel aufsitzenden Röhren dienen dazu, dass aufgenommene Salz aus dem getrunkenen Meereswasser wieder auszuscheiden.

Ihre Nahrung sammeln Eissturmvögel von der Meeresoberfläche auf. Oftmals halten sie dabei Plastikstücke für Futter und verschlucken diese. Seit vielen Jahren wird daher der Mageninhalt von Eissturmvögeln analysiert. Also habe ich den toten Vogel für eine Analyse in eine Tüte gesteckt und mit zur Hütte genommen. Nach einem kurzen Telefonat habe ich aber erfahren, dass wegen der Vogelgrippe zurzeit leider keine Eissturmvögel angenommen werden können. Also bringe ich den Vogel wieder an den Strand. Und in dem Moment als er aus der Tüte rutscht, entdeckte ich das andere spannende Tier.

der Käfer

Ein Totengräber (Nicrophorus vespillo) hatte sich über den Eissturmvogel hergemacht. Ich habe ihn kurzerhand zwischen zwei Muschelschalen gefangen genommen, um ihn zu fotografieren. Ein wunderschöner großer Käfer, der sich von Aas ernährt. Bei kleineren Kadavern, z.B. Mäusen, macht der Totengräber seinem Namen alle Ehre. Er vergräbt diese im Boden, um dadurch seinen Nachkommen eine geeignete Brutstätte zu bereiten. Der vergrabene Kadaver bietet nämlich genügend Nahrung und Schutz. Eine weitere Besonderheit ist die vom Weibchen durchgeführte Brutpflege, was bei Käfern ungewöhnlich ist. Sie füttert die frisch geschlüpften Larven, bis sie sich allein ernähren können.

Mein gefundener Totengräber wird den viel zu großen Eissturmvogel nicht vergraben haben. Aber er wird sich an ihm satt fressen und damit eine sehr wichtige ökologische Funktion erfüllen, nämlich den Kreislauf des Lebens wieder zu schließen und dafür zu sorgen das der tote Eissturmvogel eben auch wieder zersetzt wird.

Also habe ich den Käfer nach dem Foto wieder an den Strand gebracht und beim Eissturmvogel befreit. Und da ist er auch gleich aus der Muschelschale geklettert und im Vogel verschwunden.

Ich wünsche guten Appetit!

 

 

Vogelzug extrem

Liebe LeserInnen,

bisher ist der Vogelzug auf Trischen durch das nasskalte Frühjahr recht spärlich ausgefallen. Viel Wind, Regen und kalte Temperaturen machen eben auch den Zugvögeln keine Freude. Am Montag war dann seit längerem mal wieder ein richtig schöner Tag. Glatte See, eine leichte Brise und Sonnenschein ließen mich auf verstärkte Zugaktivität hoffen, zumal ich optimale Sicht hatte.

Kurz nach Sonnenaufgang, um 5:30 Uhr, ging es dann auch gleich richtig los: Weißwangengänse zogen.

Im Minutentakt kamen lange Ketten von Gänsen über Trischen geflogen. Kaum hatte ich einen Schwarm erfasst und notiert, tauchte schon der nächste am Horizont auf. Es war wie ein nicht enden wollender Strom von durchziehenden Gänsen, die Luft erfüllt von ihren lauten Rufen.

Die Größe der Schwärme variierte dabei von 60 – 3.000 Vögel.

Erst vier Stunden später wurde es langsam weniger, sodass ich um 10 Uhr meine Beobachtungen beendete. Zu dem Zeitpunkt hatte mein Magen schon längst lauthals nach Nahrung und Kaffee verlangt und es war wirklich Zeit für ein Frühstück!

Nachmittags kamen dann noch einmal weitere Gänse durch. Und am Ende des Tages hatte ich über 46.000 Weißwangengänse über Trischen gezählt!

Das Phänomen Vogelzug ist für mich am schönsten, wenn ich die Gelegenheit habe aktiv abziehende Vögel zu beobachten. Ich sehe diese Gänse und weiß, dass sie sich genau in diesem Moment auf den langen Weg in ihre sibirischen Brutgebiete machen.

Am Dienstag und Mittwoch kamen dann noch einmal insgesamt 24.000 Gänse durch, sodass ich in nur drei Tagen über 70.000 Gänse gezählt habe – ich wünsche ihnen eine sichere und gute Reise.

 

rastende Limikolen mit abziehenden Gänsen