Paraffin am Strand

Liebe LeserInnen,

vor einigen Wochen habe ich jede Menge Paraffinklumpen gefunden, die sich ĂŒber den gesamten SpĂŒlsaum verteilten. Zeitgleich bekam ich eine Anfrage vom BSH (Bundesamt fĂŒr Seeschifffahrt und Hydrographie) ob ich von Paraffinfunden auf Trischen Proben nehmen kann. Das habe ich gemacht und wollte wissen, was es mit diesem Paraffin denn eigentlich auf sich hat. Dazu habe ich Nicolas Fitz interviewt, der als Chemie-Ingenieur im Bereich der Ölforensik des BSH arbeitet.

Nicolas, was ist eigentlich genau Paraffin?

Bei Paraffinen handelt es sich um eine Substanzgruppe von Kohlenwasserstoffen, die aus Erdöl gewonnen wird. Wenn wir von den uns bekannten Meeresverschmutzungen ĂŒber „Paraffin“ sprechen, meinen wir „Paraffinwachs“, also ein Substanzgemisch in fester Form. Wie auch bei den meisten Mineralölen, lĂ€sst die geringere Dichte sie auf Wasser schwimmen.

 

WofĂŒr wird Paraffinwachs genutzt?

Paraffinwachs kann als ein chemischer Rohstoff betrachtet werden, der enorm viele Anwendungsgebiete bedient. Kerzen sind sicherlich die bekannteste Anwendung, doch auch in vielen weiteren Industrieprodukten, Lacken/Farben, Holzschutz/Beschichtungen bis hin zu kosmetischen oder medizinischen Zwecken wird Paraffin eingesetzt.

 

Woher kommen die Paraffinbrocken am Trischener Strand?

Durch die oben beschriebenen vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten, plus durch den weltweit steigenden Konsum, entsteht eine sehr große Nachfrage nach diesem Rohstoff. Paraffin wird deshalb in großen Mengen in Chemikalien-Tankern transportiert und landet in den entsprechenden HĂ€fen bei uns an, so auch z.B. in Hamburg.

Die Tanks der Schiffe mĂŒssen, wenn ein anderes chemisches Produkt transportiert werden soll, gereinigt werden. Das mit Paraffinwachs beladene Waschwasser wurde bisher auf offener See gelenzt. So gelangt Paraffinwachs in die Umwelt, verdriftet und landet auf diesem Wege auch im SpĂŒlsaum auf Trischen.

Ziel ist es anhand von Proben zu ermitteln woher das Paraffin kommt. Wie muss ich mir das vorstellen?

Im Falle von Mineralöl und dessen Produkten schauen wir auf eine große Gruppe chemischer Markersubstanzen. Diese bilden einen sehr charakteristischen Fingerabdruck des Öls. Dieses Vorgehen ist Teil der Ölforensik.

Im Falle von Paraffinwachs funktioniert das nicht in vergleichbarer Weise. WĂ€hrend der Herstellung des Paraffinwachses in der Raffinerie werden zu viele dieser Marker entfernt oder verfĂ€lscht. Eine Zuordnung analog zum Öl ist damit nicht möglich. Ein Verfahren fĂŒr die Identifizierung von Paraffinwachs befindet sich noch in der Entwicklung. Wir arbeiten dran.

 

Ich habe immer gedacht das Einleiten von Paraffin auf offener See sei illegal?

Die maßgebliche gesetzliche Grundlage bildet das Internationale Übereinkommen zur VerhĂŒtung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen). Hier ist das Einleiten von TankwaschwĂ€ssern, unter bestimmten Bedingungen, nicht verboten.

Dieses Übereinkommen wurde zum 01.01.2021 verschĂ€rft. Kernpunkt der VerschĂ€rfung ist, dass die 1. Tankwaschung nach der Entladung nun im Hafen zur Entsorgung abgegeben werden muss. Es ist richtig anzunehmen, dass in dieser die grĂ¶ĂŸte Menge an LadungsrĂŒckstĂ€nden verbleibt. Und damit der Eintrag von Paraffinwachs in die Meeresumwelt sehr stark reduziert werden kann.

Kann Paraffin negative Auswirkungen auf die Meeresorganismen haben?

Reine Paraffine besitzen zunĂ€chst einmal keine akute ToxizitĂ€t. Sie sind aber ein Fremdsubstrat in der Umwelt, was da nicht hingehört. Das Problem liegt eher in den „Begleitsubstanzen“. Paraffin als Rohprodukt kann noch problematische Substanzen aus dem Rohöl enthalten, aus welchem es gewonnen wurde. Ein weiterer Punkt sind die Chemikalien, die – erlaubt oder unerlaubt – zur Reinigung der Tanks eingesetzt wurden.

Die UnabhÀngige Umweltexpertengruppe des Havariekommandos (UEG) schrieb 2014 in ihrer Stellungnahme dazu:

In Tankschiffen werden vor allem industrielle Rohprodukte befördert, die meist keinen hohen chemischen Reinheitsgrad besitzen. So stammen die „Verunreinigungen“ der Paraffine mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aus dem Gewinnungsprozess der Paraffine. Diese Verunreinigungen können in Konzentrationen auftreten, die fĂŒr sich ein Risiko fĂŒr Mensch und Umwelt darstellen können.

Generell sollte also IMMER Vorsicht geboten sein bei solchen Funden. Auch wenn es wie Paraffinwachs aussieht, muss es das nicht sein! Das heißt, man sollte es nicht aufsammeln.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/M/meeresschutz/Downloads/paraffin.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Vielen Dank, Nicolas Fitz, fĂŒr die aufschlussreichen und ausfĂŒhrlichen Antworten. Und wie so oft, werfen Antworten wiederum neue Fragen auf: Wo kommt in meinem Haushalt Paraffin zum Einsatz? Wo und wie könnte ich es vermeiden? Welche Alternativen gibt es?

Und fĂŒr jetzt hoffe ich erstmal, dass ich keine weiteren Verschmutzungen mit Paraffin finden werde.

 

Nest frei!

„Freies Nest mit Meerblick an handwerklich versiertes Vogelpaar zu vergeben. Wegen Wasserschaden sind einige Ausbesserungen nötig, aber die Grundsubstanz des Nestes ist gut erhalten. Das Nest liegt gĂŒnstig, nur wenige Meter von nahrungsreichen WattflĂ€chen entfernt“. So in etwa wĂŒrde sich wohl die Annonce lesen, wenn es in der Vogelwelt eine Zeitung gĂ€be.

Was sich hier wie ein Scherz liest, passiert aber tatsÀchlich.

 

Die Geschichte dazu

Am 12. Juni kam es auf Trischen zu erhöhten WasserstĂ€nden von + 0,5 Metern ĂŒber dem sogenannten Mittleren Tidehochwasser (MTHW). Das hohe Wasser fĂŒhrte zu dramatischen Ereignissen, welche ich von der HĂŒtte aus beobachten konnte. Ich sah, wie Austernfischer und Flussseeschwalben ihre Nester, bzw. die darin befindlichen Eier verloren.

Die noch kleinen KĂŒken der Rotschenkel sammelten sich derweil auf höheren Gras-Bulten. Diese Bulten wĂŒrden aber auch bald unter Wasser sein, da es zu dem Zeitpunkt noch 40 Minuten bis zum Hochwasser dauerte und das Wasser stieg und stieg. FĂŒr mich persönlich war das ein ganz schön schwerer Moment, denn auf meinen beiden Schultern saßen plötzlich Engelchen und Teufelchen. Der eine sagte: “Schnapp dir schnell einen Jutebeutel und rette die KĂŒken vor dem Ertrinken!“. Der andere sagte: „Nein tu das nicht. Du wirst sie noch weiter ins Wasser scheuchen und alles nur noch schlimmer machen!“. Hin- und hergerissen habe ich mich fĂŒr Letzteres entschieden: Natur Natur sein lassen. Eine gute Entscheidung, da die KĂŒken – erst eines, dann alle weiteren – unter lauten Rufen der Elternvögel sich tapfer durch das Wasser in die höhere Salzwiese gekĂ€mpft haben. Und dann war endlich Hochwasser erreicht und das Schlimmste ĂŒberstanden.

 

 

Immer wieder kam und kommt es an der NordseekĂŒste zu kleinen sommerlichen Sturmfluten. Die Brutvögel der StrĂ€nde und Salzwiesen reagieren darauf natĂŒrlicherweise mit Nachgelegen, um den Verlust auszugleichen. Es ist jedoch bekannt, dass es (bedingt durch den Klimawandel) immer hĂ€ufiger zu Sommersturmfluten kommen wird. Eine Tatsache, die wir schon heute beobachten können. Diese Ereignisse können im schlimmsten Fall zu einem Totalausfall einer ganzen Brutsaison fĂŒhren, vor allem wenn die KĂŒken bereits geschlĂŒpft sind und die Flut nicht ĂŒberleben. DarĂŒber ob und ab wann sich diese VerĂ€nderungen auf ganze Vogelpopulationen auswirken, kann man nur vermuten.

Nun blieben die beiden Nester von Austernfischer und Flussseeschwalbe also leer und verlassen zurĂŒck. Aber siehe da: Bald schon hatten die Austernfischer in genau die gleiche Nestmulde wieder drei Eier gelegt. Und in der Nestmulde der Flussseeschwalbe hatten sich Lachmöwen neu eingerichtet. Die Mulde wurde vorab noch etwas aufgepolstert und los ging es mit der Brut. Schauen Sie auf den Bildern bei der Seeschwalbe und der Lachmöwe mal genau hin. Sie können eine kleine Nestmarkierung (ein kleiner Holzpfahl) entdecken die zeigt das es sich um ein und dasselbe Nest handelt. Nun hoffe ich, dass das Wasser bis zum SpĂ€tsommer nicht mehr so hoch auflĂ€uft und die beiden Vogelpaare erfolgreich ihre Brut beenden können.

 

 

historischer Fund?

Liebe LeserInnen,

vielleicht haben Sie auch schon mal etwas gefunden, was so ein bisschen wie ein Schatz war. Irgendwas Altes oder vielleicht Wertvolles? Aufregend, wenn man entdeckt das man etwas Spannendes gefunden hat.

So ein unberĂŒhrter Strand wie auf Trischen bietet mir quasi mit jeder Tide neue Gelegenheit etwas Interessantes zu finden. Die meisten Dinge gehören natĂŒrlich eher der Kategorie MĂŒll an, der auch manchmal spannend, aber weniger wie ein Schatz ist.

Heute möchte ich Ihnen ein paar „historische“ Strandfunde vorstellen, welche aus Metall sind.

Da gibt es zwei GefĂ€ĂŸe, welche vermutlich mal einfache Konservendosen waren. Das Metall ist im Laufe der Jahre so stark aufgeblĂŒht das die Dosen kaum noch zu erkennen sind. Ebenfalls aus dem Haushalt stammt das BĂŒgel- oder PlĂ€tteisen, welches durch eine Schnur mit der Schere verbunden war. Auch wenn damit nicht mehr gebĂŒgelt oder geschnitten werden kann sind sie noch gut zu erkennen.

 

Auch in die BĂŒgelflasche wird wohl nie wieder etwas eingefĂŒllt werden. Hinzu kommen noch eine Harke und diverse Metallplatten welche vermutlich von alten Öfen stammen. Die runde Metallplatte scheint mal in einer KĂŒchenhexe gelegen zu haben – aber da bin ich mir nicht so sicher.

 

Und Gestern habe ich kurz vor dem DĂŒnenĂŒbergang zur HĂŒtte ein 5-Mark-StĂŒck von 1951 gefunden. Die Vorderseite ist noch gut lesbar, nur die RĂŒckseite ist unkenntlich geworden. Das war mein bisher bester Fund aus dem Bereich Metall. Wertlos zwar, aber das ist egal. Denn irgendwie hat die MĂŒnze schon einen Hauch von „historisch“ an sich. Die schafft es jedenfalls ins Regal statt in den MĂŒlleimer.

 

 

 

Wer brĂŒtet denn da?

Liebe LeserInnen,

es wurde in der Vergangenheit schon öfter ĂŒber das Kartieren von Brutvögeln geschrieben. Dennoch möchte ich hier die vorlĂ€ufigen Ergebnisse fĂŒr diese Saison vorstellen, zumal die Brutvogelkartierung eine der zentralen Aufgaben im FrĂŒhjahr ist.

Ganz grob teilen sich die Brutvögel in zwei Gruppen: KoloniebrĂŒter und EinzelbrĂŒter.

Zu den KoloniebrĂŒtern gehören auf Trischen die Kormorane, Löffler, Seeschwalben und Möwen. Eher einzeln brĂŒten dagegen Feldlerchen, Wiesenpieper, Austernfischer und Rotschenkel. Entsprechend verschieden sind dann auch die Methoden, wie diese Arten erfasst werden.

Die KoloniebrĂŒter werden oft anhand von Fotos von auffliegenden Vögeln, Luftbildern (z.B. Drohne) oder NesterzĂ€hlungen ausgewertet. Oder es werden einfach alle Vögel gezĂ€hlt und anschließend mit dem Korrekturfaktor 0,7 multipliziert, was dann die Brutpaarzahl ergibt.

FĂŒr die EinzelbrĂŒter, welche hier vor allem in den Salzwiesen brĂŒten, gehe ich die FlĂ€che ab und notiere die einzelnen Brutpaare.

In vielfacher Hinsicht ein herausforderndes Unternehmen. Zum einen brĂŒten auf Trischen sehr viele Vögel und zum anderen ist das GelĂ€nde unĂŒbersichtlich und teilweise schwer zu begehen. Man kommt nicht drum herum einige der vielen tiefen und schlickigen Priele, welche die Salzwiesen durchziehen, zu durchqueren.

 

Spannend war auch zu sehen, wie viele der alten Siedlungsspuren noch in den Salzwiesen erkennbar sind. Alte SchafdĂ€mme und GrĂŒppen, das sind aufgeworfene erhöhte lĂ€ngliche Kuppen, sind heute noch gut zu erkennen. Aber dazu ein anderes Mal mehr. Hier noch eine Übersicht der Verteilung und eine Liste fĂŒr ein paar ausgewĂ€hlte Arten:

Kormoran 119 Nester

Löffler 179 Nester

Nonnengans 25

Sandregenpfeifer 3

Austernfischer 72

Rotschenkel 77

Lachmöwe 383

Sturmmöwe 26

Heringsmöwe 1702

Silbermöwe 1298

Mantelmöwe 9

Flussseeschwalbe 267

KĂŒstenseeschwalbe 7

Zwergseeschwalbe 15

Feldlerche 31

Wiesenpieper 39

Rauchschwalbe 1

Ja, Sie haben richtig gelesen. Ein Brutpaar Rauchschwalben habe ich kartiert. Da ist ja klar wo die wohl brĂŒten. Seit einigen Tagen habe ich nĂ€mlich neue Mitbewohner bekommen! Die stelle ich demnĂ€chst aber noch einmal ausfĂŒhrlich vor.

 

 

 

Im Penthouse

Liebe LeserInnen,

wir alle kennen die verschiedensten Formen von Nestern. Die Meisen und Sperlinge in den NistkĂ€sten, die Amsel und das Rotkehlchen in der Efeuwand und im dichten GebĂŒsch, der Kiebitz in der Ackerfurche.

Hier auf Trischen brĂŒten alle Vögel am Boden. Die Möwen drehen flache Mulden und staffieren diese mit Grashalmen aus. Die Austernfischer legen manchmal ihre Eier auch einfach in den Sand, genau wie die Zwergseeschwalben und Sandregenpfeifer. Die Rotschenkel wiederum verstecken ihre Nester so gut, dass man sie nie finden kann.

Aber der Löffler ĂŒbertrifft sie alle in Extravaganz. Hoch hinaus baut er seine Nester. Kunstvoll aufgetĂŒrmt, stehen sie mal Einzeln und mal in Gruppen zusammen. SorgfĂ€ltig werden Äste zusammengesteckt und das Innere des Nestes mit weicherem Material ausgepolstert, wo der Löffler im Schnitt 3 Eier reinlegt. Der Turm muss schon gut konstruiert sein, damit der recht große Vogel darauf auch Halt findet.

 

Vor einigen Tagen war ich mit drei Helfern in der Löfflerkolonie, um die Nester mit dem GPS-GerĂ€t einzumessen und die Eianzahl aufzunehmen. In manchen Nestern konnten wir leider auch Seile, SchnĂŒre oder Folien finden, die wir entfernt haben. Noch gab es keine Anzeichen, aber schon bald werden die KĂŒken schlĂŒpfen.

Und kurz bevor wir fertig sind, entdecken wir ein Nest etwas abseits der Kolonie. Das war so unglaublich hoch wie kein anderes! Scherzend und lachend, dass das ja wohl das Luxus-Penthouse ist, verlassen wir die Kolonie, mit 179 Nestern im GPS-GerĂ€t und 551 gezĂ€hlten Eiern – so viele wie noch nie auf Trischen!

 

Das milde Wetter in diesen Tagen ist optimal, damit die Kleinen schlĂŒpfen und dann schnell groß werden können.