„Mensch, Wolf!“ Resümee und Ausblick zur internationalen Wolfskonferenz des NABU

Drei Tage Wolfskonferenz liegen hinter uns. Drei interessante Tage voller Fakten zum Wolf, Erfahrungsberichte aus verschiedenen Wolfsregionen, Anforderungen an das Miteinander von Mensch und Wolf, Appelle, Hinweise und Diskussionen. Drei Tage, die nicht nur interessant, sondern auch sehr inspirierend waren und uns mit neuen Ideen und gestärkter Motivation auf die anstehenden Aufgaben blicken lassen.

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

David Mech (li), einer der bekanntesten Wolfsforscher der Welt, spricht Vorurteile und Mythen zum Wolf an: „Misinformation is one of the biggest problems with wolves.“

Im Zentrum der Konferenz standen die unterschiedlichen – und nicht immer konfliktfreien – Perspektiven auf das Zusammenleben von Mensch und Wolf: So zeigten Nutztierhalter, Jäger, Naturschützer, Vertreter der Politik und Wissenschaftler aus Deutschland, Europa und den USA ihre Sichtweisen und Lösungen auf.

Dabei hat sich die Konferenz insbesondere den Einstellungen, Emotionen und Vorbehalten gegenüber Wölfen gewidmet, oder anders gesagt: den menschlichen Dimensionen des Wildtiermanagements. Manch einer mag sich fragen, ob Management und Wildtiere nicht ein Widerspruch in sich sind. Und so meinte eingangs auch Elsa Nickel, Abteilungsleiterin Naturschutz im Bundesumweltministerium, dass der große Lerneffekt beim Wolf sein könne, eben nicht alles managen zu müssen, sondern in Deutschland ein bisschen mehr Wildnis zu wagen.

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

Drei Tage NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

Michael Manfredo vom „Department of Human Dimensions of Natural Resources“ der Colorado State University aus den USA ergänzte: „Das Management von Wildtieren ist zu 10 Prozent Biologie und zu 90 Prozent das Management der Menschen, die mit den Wölfen leben.“ Denn der Mensch-Wildtierkonflikt, so Manfredo weiter, sei ein globales Thema und in Wirklichkeit ein Wertekonflikt über die Bedeutung und den Wert von Wildtieren in unserer Gesellschaft.

Für Nutztierhalter beispielsweise ist die Nachbarschaft mit dem Wolf alles andere als eine Liebesehe. Den Schäfern macht nicht nur der finanzielle Mehraufwand durch neu erforderliche, wolfssichere Zäune zu schaffen. Auch die Versorgung ihrer speziell ausgebildeten Herdenschutzhunde schlägt zu Buche. So bringt die Anwesenheit von Wölfen für die Schäfer insgesamt einen größeren Arbeits- und finanziellen Aufwand mit sich.

Doch Beispiele aus Kroatien und Italien belegten, dass ein Nebeneinander von Wolf und Schäfern gelingen kann. So berichtete unter anderem Josip Kusak, Professor an der Universität Zagreb aus Kroatien, wo sich Schäfer auch über sich selbst ärgern, wenn sie ein Schaf an den Wolf verlieren, weil dies bedeutet, dass sie einen Fehler beim Schutz ihrer Tiere gemacht haben.

Mindestens genauso aufschlussreich wie die Vorträge und Podiumsdiskussionen waren die Gespräche am Rande – nicht nur zwischen Wolfsfreunden untereinander, nein: Jäger, Schäfer und Naturschützer sind miteinander ins Gespräch gekommen. Und dieser Austausch steht für das große Fazit der Konferenz: Wir müssen den Dialog weiter stärken und Verständnis für die Position des anderen aufbringen.

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

Das wird zwar immer wieder betont, doch häufig scheitert es an der Emotionalität der Diskussionen. Regina Walther vom Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband meinte dazu, dass ein Perspektivwechsel helfen könnte, die Sichtweise des anderen besser zu verstehen. Ihrer Meinung nach ist das Zusammenleben von Schäfer und Wolf möglich.

Schließlich wurde mehrfach deutlich, dass es Gemeinsamkeiten gibt, die die Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit schaffen können. Sowohl der Deutsche Jagdverband als auch der NABU sehen beispielsweise Nachholbedarf bei der wissenschaftlichen Einschätzung von und dem Umgang mit auffälligen Wölfen und plädieren für eine objektivere Berichterstattung in den Medien.

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

Dr. Elsa Nickel, Abteilungsleiterin Naturschutz im Bundesumweltministerium, (mi) macht deutlich, dass der Wolf in unsere Natur gehört und dass es unsere Pflicht ist, ihn zu schützen. Foto: NABU / G. Rottmann

Auch David Mech, Wolfsforscher aus den USA , sagte, dass Fehlinformationen zu den größten Problemen für Wölfe gehören. Die Debatte um das Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf brauche mehr Sachlichkeit. So stehe der Wolf häufig stellvertretend für ganz andere Probleme, für einen Streit um Kontrolle oder einen Kampf um Traditionen. Um es mit den Worten von Ketil Skogen vom NINA-Institut für Naturforschung aus Norwegen zu sagen: „Der Wolf hat das Pech, in gesellschaftliche Konflikte verstrickt zu sein, die schon vor seiner Rückkehr begonnen haben.“

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

NABU-Wolfskonferenz 2015: Foto: NABU/G. Rottmann

Was bleibt nach drei Tagen Konferenz? Zum einen wurde das Bewusstsein aller Beteiligten für die Konflikte und Sichtweisen der jeweils anderen Parteien geschärft. Zum anderen war die Bereitschaft aller spürbar, verstärkt gemeinsam an Lösungen zu arbeiten – und dabei Jäger, Naturschützer, Schafzüchter, Wissenschaftler und die Politik gleichsam einzubeziehen.

Für uns Naturschützer bleibt der Wolf in all diesen Debatten ein Zeichen der Hoffnung. In Zeiten, in denen tagtäglich mehrere Arten aussterben, zeigt uns der Wolf, dass eine einstmals ausgestorbene Art wieder zurückkommen kann – wenn wir sie lassen. Die Mehrheit der Deutschen möchte diesem Rückkehrer hierzulande dauerhaft eine Heimat bieten. Und wir sind der Überzeugung, dass dies auf lange Sicht auch funktionieren kann. Die Voraussetzung ist allerdings, dass wir alle im Dialog bleiben, uns auf die Perspektive des anderen einlassen und uns den gesellschaftlichen Herausforderungen im Umgang mit Wildtieren gemeinsam stellen. Dann kann die Nachbarschaft zwischen Mensch und Wolf gelingen!

Von Moritz Klose

Die Videoaufzeichungen der Vorträge, die dazugehörigen Präsentationen und deren Zusammenfassungen werden in den nächsten Wochen auf www.nabu.de/wolfskonferenz zum Download zur Verfügung gestellt.

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2 Kommentare

Klaus Töpfer

17.11.2016, 10:23

Hallo Motitz - Der Kommentar von Herrn Guhla erstaunt ein wenig ,wo doch jede helfende Hand gebraucht wird.Ich möchte Ihnen eine kleine Episode schildern.Als wir vor 2 Jahren zu Ostern spazieren gegangen sind,stellten wir große Spuren auf unserem Grundstück fest.Nach intensiver Nachforschung und Begutachtung durch Herrn Möckel stand fest,das Babbener Wolfsrudel war da,mitten bei mir auf dem Hof.Eine komische Situation ,ich fühlte mich,als ob bei mir einbebrochen wurde.Ich kann jeden nachempfinden,wenn es Angstgefühle dabei gibt.Im übrigen,habe ich in den 80 Jahre,hier bei uns auf dem Acker,einen Wolf bei der Jagd auf ein Reh beobachtet.Die Wölfe waren nie weg bei uns,sie waren nur nicht zu sehen.

Hans-Jörg Guhla

27.08.2016, 12:14

Hallo, ich bin in Sachen NABU im Umgang mit dem Wolf sehr enttäuscht. Höhepunkt war und ist nach wie vor die Haltung zum Abschuss des Wolfes "Kurti" in Niedersachsen. Außerdem sind anscheinend Interessenten für das Wolfmanagement im Land Brandenburg sowie im NABU nicht erwünscht, denn an beide hatte ich mich in der Vergangenheit mehrmals gewandt, um Wolfsberater, Wolfsmanager oder ähnliches zu werden und dafür entsprechende Veranstaltungen zu besuchen. Nichts! Schade, dass so mit Interessierten umgegangen wird, denn wie soll gerade vor Ort bei der geringen Anzahl von tatsächlich vorhandenen Wolfsinteressierten ein dichtes, umfangreiches Netz aufgebaut werden, damit der Wolf auch wirklich ein echte Chance hat? Mit freundlichen Grüßen

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