Fischerei in der Nordsee – Woche der Entscheidungen

Fischerei in der Nordsee – Woche der Entscheidungen

Nach langen Verhandlungen haben sich die EU-Fischereiminister am 13. Dezember auf die Fangquoten für das Jahr 2018 geeinigt. Die Fangquoten werden im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) vergeben und sollen sich an den wissenschaftlichen Empfehlungen des Internationalen Rates zur Meeresforschung (International Council for the Exploration of the Sea, ICES) orientieren, um eine nachhaltige Fischerei und damit eine langfristige Absicherung der Bestände zu gewährleisten. Leider wird bei den Entscheidungen der Fischereiminister häufig den monetären Interessen der Fischereiindustrie mehr Gewicht gegeben als den Naturschutzaspekten. So findet sich auch in den diesjährigen Fangquoten für die Nordsee und den Nordostatlantik Licht und Schatten.

Die Fangquoten für den Kabeljau wurden um +10 Prozent und für den Hering um +25 Prozent deutlich angehoben. Da der Bestand des Herings in der Nordsee und im Nordostatlantik gut ist und die Erhöhung der Fangquoten die wiss. Empfehlungen widerspiegelt, ist eine Erhöhung der Fangquoten auch aus naturschutzfachlicher Sicht in Ordnung. Ein anderes Bild zeigt sich beim Kabeljau: die Anhebung der erlaubten Fischereimengen gefährdet die angestrebte Erholung der Nordseebestände und konterkariert somit das Ziel der EU, die Überfischung der europäischen Fischbestände bis zum Jahr 2020 zu beenden und gesunde Fischpopulationen zu erreichen. Es wäre wünschenswert, wenn die Bundesrepublik Deutschland ihr politisches Gewicht im Ministerrat nutzen und eine Vorreiterfunktion übernehmen würde. Doch leider scheint das Gegenteil der Fall zu sein. So kommentierte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) die Fangquoten für das Jahr 2018 wie folgt: „Deshalb können Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Gewissensbisse Fisch aus Nordsee und Nordostatlantik genießen. Eine Gefahr für die Bestände besteht dadurch nicht.“ (APA, 13.12.2017)

Dorsch

Die Fangquoten für den Kabeljau wurden um 10 Prozent angehoben- Foto: Rolf Juergens

Besonders traurig sind die getroffenen Entscheidungen bezüglich des vom Aussterben bedrohten Europäischen Aals . Wurde im Oktober 2017 eine Fangquotenregelung für die Ostsee mit dem Hinweis auf eine „gesamteuropäische Lösung“ aufgeschoben, ist die nun getroffene Entscheidung den Aalfang in Nord- und Ostsee für drei Monate auszusetzen unzureichend. Eine Aussetzung der Fischerei für 3 Monate ist nur ein erster Schritt. Betrachtet man jedoch den Gefährdungsstatus des Aals und den hohen Aufwand der betrieben wird, um die Bestände zu erhalten (seit 2007 gibt es die EU-Aalverordnung zur Wiederauffüllung des Bestandes und Hunderttausende Jungaale werden jedes Jahr in geeignete Gewässer ausgesetzt), sind kurzzeitige Fischereiverbote als absolut nicht ausreichend zu bewerten.

Die Fangquoten für die Scholle wurden für 2018 um -13 Prozent verringert, liegen aber über den Empfehlungen des wiss. Rates. Dies ist bedauerlich, da somit der eigentlich gute Bestand der Scholle unnötig belastet wird und durch den Einsatz unselektiver Fanggeräte viele Jungschollen und andere Tiere als (ungewollter) Beifang verenden werden. Der Beifang von Jungschollen ist aber natürlich nicht nur ein Problem der Schollenfischerei sondern spielt auch in der Krabbenfischerei eine große Rolle.

Gerade wurden die niederländische, deutsche und dänische Krabbenfischerei mit dem MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei zertifiziert. Nach schwierigen Verhandlungen – WWF, NABU und die Schutzstation Wattenmeer hatten im August Widerspruch gegen die geplante Zertifizierung eingelegt – konnten sich die Naturschutzverbände mit der Krabbenfischerei auf eine Vereinbarung einigen, in der sich die Fischerei zu zusätzlichen Anstrengungen für den Schutz von Arten und Lebensräumen verpflichtet. So soll der Beifang überwacht und durch technische Maßnahmen weiter reduziert und Gebiete identifiziert werden, in denen die Krabbenfischerei zukünftig nicht stattfinden soll. Diese Selbstverpflichtung ist als positives Signal zu bewerten, dennoch ist und bleibt die Krabbenfischerei durch die Wahl ihrer Fanggründe (1/4 der Krabbenfischerei findet in den Kernzonen der Nationalparks statt) und unselektive Fischereigeräte ein Problem für die empfindlichen Lebensgemeinschaften im Wattenmeer. Es ist also noch ein weiter Weg bis die Krabbenfischerei mit den Zielen des Nationalparks und Weltnaturerbes vereinbar ist.

Deshalb fordert der NABU, dass mindestens 50 Prozent der Schutzgebiete der Natur vorbehalten sind – denn nur so können sich die Bestände erholen und die Schutzgebiete ihre Funktion als sichere Rückzugsgebiete für gefährdete Tier- und Pflanzenarten erfüllen!

Autor: Thorsten Werner, NABU-Projektbüro Meeresschutz

Foto Titelbild: Rolf Jürgens

Diesen Beitrag teilen:

Dr. Thorsten Werner
Letzte Artikel von Dr. Thorsten Werner (Alle anzeigen)

3 Kommentare

Marco

08.04.2018, 14:07

Eigentlich ist es grotesk, wenn die Minister als langer "Arm" der Fischindustrie die Quoten abseites der Empfehlungen von unabhängigen Kontrollorganisation und Umweltverbände beschließen. Fischer sich über Einbußen beklagen, wenn Quoten nur unzureichend gesenkt werden. Schließlich geht es um deren eigene Zukunft. Was nützt es, wenn man kurzfristig Profite erwirtschaftet, es irgendwann aber keine Fische mehr gibt ? Man sägt sich quasi den Ast ab, auf dem man selber sitzt. Dabei hat man es über die Quoten, Reduzierung der Fischereiflotte, größere Maschenweiten, bessere Fangtechnik, Schutzgebiete, usw. selber in der Hand die Bestände zu schützen.

Thomas

16.12.2017, 12:48

Danke für diesen wichtigen Beitrag. Als Ergänzung noch folgendes: Meiner Erfahrung nach sind Forderungen nach Einschränkungen beim Fischfang den Menschen schwer zu vermittlen, wenn die Menschen weiterhin glauben, dass sie nicht gesund leben können, ohne Fische zu konsumieren. Gerade hierzulande sollte verstärkt ins Bewusstsein gerufen werden, dass dies nicht der Fall ist; siehe z. B. "Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) vertritt die Position, dass (ovo-)lacto-vegetarische Ernährung als Dauerernährung geeignet sein könne" (https://de.wikipedia.org/wiki/Vegetarismus). Wer - wie die vielen Vegetarier - hierzulande sich bewusst ist, dass er die Fische, der unter massiven Umweltverletzungen und Tierqualen aus dem Meer geholt werden, gar nicht braucht, der sieht in dem Fischfang keinen Sinn und kann die Forderungen nach Einschränkungen des Fischfangs viel stärker gutheißen.

Runa

15.12.2017, 16:56

Wer endlich stoppt diesen Minister? Nicht nur Glyphosat, jetzt auch die Fische in Nordsee und Nordatlantik. Wenn das so weiter geht, kriegen wir unsere Welt schon hin, und unsere Enkel werden bei Wikipedia nachlesen müssen, wie die Natur einmal ausgesehen hat. Runa

Kommentare deaktiviert

%d Bloggern gefällt das: