NABU-GAP-Ticker: Kein Freundschaftsspiel im Agrarrat

19.Juni 2018 Nachdem er am 1.Juni die Vorschläge der EU-Kommission zur nächsten Agrarpolitik der Öffentlichkeit präsentiert hatte, wartete gestern in Luxemburg ein weiterer Pflichttermin auf Phil Hogan. Beim ersten offiziellen Treffen der EU-Agrarminister seit der Veröffentlichung der Vorschläge, musste der Kommissar für Landwirtschaft Rede und Antwort stehen. Angesichts vieler kritischer Töne und Reaktionen aus den Mitgliedstaaten, war jedoch im Vorfeld bereits klar, dass dieser Termin nicht nur rein geographisch kein Heimspiel werden würde.

Während Hogan als einziger Vertreter der Kommission allein im Tor stand, schossen sich die Minister für den in den kommenden Monaten anstehenden Wettstreit zwischen Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten warm. Mit ihrer Kritik zielten die Agraminister in die gleiche Ecke: Vor allem die verpflichtende Kappung der Direktzahlungen sowie die Furcht vor einem „Mehr an Bürokratie“ trieb die Minister in ihren gestrigen Stellungnahmen um. Doch herrschte auch im Team der Ländervertreter noch viel Uneinigkeit bei der Frage um die Angleichung der Höhe der Direktzahlungen zwischen den Staaten (sog. externe Konvergenz) sowie bei dem Fortbestand gekoppelter Direktzahlungen. Während etwa Länder wie Deutschland und die Niederlande klar Position gegen letztere bezogen, sprachen sich z.B. Ungarn, Lettland und Malta deutlich für eine Beibehaltung aus.

Besonders großer Teamgeist herrschte bei der Frage ums Geld und viele Minister hielten es für unakzeptabel, dass bei einer höheren Ambition im Umweltbereich, die Ausgaben für die Landwirtschaft im kommenden EU-Haushalt gleichzeitig sinken werden. Dabei wird umgekehrt ein Fußballschuh daraus: Nur wenn die Umweltbilanz der GAP endlich positiv wird, lässt sich Agrarsubventionierung vor dem Steuerzahler dauerhaft überhaupt rechtfertigen! Die Kritik vieler Minister an den Umweltschutzauflagen in den Kommissionsvorschlägen, welche sowieso schon wenig ambitioniert ausgefallen sind (siehe hier unsere erste Reaktion), zeigt, dass die Agrarressorts der Mitgliedstaaten immer noch nicht den Ball aufgenommen und den dringenden Handlungsbedarf erkannt haben.

Aus unserer Sicht ein klares Eigentor: Zurecht warnten die Minister vor den Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft. Dass sie gleichzeitig aber die Direktzahlungen der „Ersten Säule“ verteidigen, welche einen echten Wandel im Sektor blockieren, verdeutlicht die fehlende schlüssige Strategie im Team. Hogan lockt sie zudem mit der irreführenden Behauptung 40 Prozent dieser Zahlungen dienten dem Klimaschutz in die Abseitsfalle.

Die überproportionale Streichung der „Zweiten Säule“, also der Finanzierung für die ländliche Entwicklung, im EU-Haushaltsentwurf wird auch von uns kritisiert (siehe hier). Eine Beibehaltung des Budgets für die ineffizienten Direktzahlungen, die auch im neuen Vorschlag nur sehr schwach an die Erbringung von Umweltleistungen gekoppelt sind, kann nicht die Lösung sein. Stattdessen braucht es Zahlungen, die klar an die Erbringung öffentlicher Leistungen gebunden sind.

Julia Klöckner hat sich bei dem Treffen in Luxemburg als Teamplayer präsentiert – keine Fouls, aber auch keine herausragenden Einzelaktionen, die das Spiel vorangebracht hätten. Unverständlich ist, dass sie die wichtigen Ratschläge ihrer Berater im Vorfeld ignoriert hat. So hat erst vergangene Woche der wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) im Landwirtschaftsministerium eine Abkehr vom bisherigen System der Agrarförderung gefordert (siehe hier). Stattdessen schwenkte Frau Klöckner auf die Mannschaftslinie ein, kritisierte die Kappung der Direktzahlungen und forderte weniger Bürokratie. Kein Risko. Ihre Vorstellungen für den Umwelt- und Naturschutz blieben dagegen mehr als vage. Das Publikum hatte mehr erwartet.

Eines hat dieser erste Schlagabtausch gezeigt: Bei der Frage, wie die nächste Agrarpolitik aussehen soll, gibt es noch viel Gesprächsbedarf bei allen Beteiligten. Der NABU wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass der Pokal an ein Fördersystem geht, von welchem sowohl Umwelt- und Naturschutz als auch Landwirte profitieren.

Wer das Spiel aus verschiedenen Perspektiven betrachten will, kann das in der Mediathek der EU hier tun. Der Beitrag von Julia Klöckner beginnt bei Minute 1:26:10.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

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