55 Jahre Élysée-Vertrag: Umweltverbände schreiben an Macron und Merkel

55 Jahre Élysée-Vertrag: Umweltverbände schreiben an Macron und Merkel

Den folgenden offenen Brief haben die größten französischen und deutschen Umweltorganisationen FNE (France Nature Environment), LPO (Ligue Pour La Protection des Oiseaux), BUND, DNR (Deutscher Naturschutzring) und NABU heute an Staatspräsident Emmanuel Macron und Angela Merkel geschickt.

Darin fordern die Verbände, die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) und speziell den Natur- und Klimaschutz zentral in einem erneuerten Élysée-Vertrag zu verankern. Außerdem fordern sie den Präsidenten und die Kanzlerin auf, sich beim EU-Gipfel am 23. Februar gemeinsam für einen EU-Naturschutzfonds und eine fundamental reformierte Agrarpolitik einzusetzen.

Im folgenden wird der Brief im Wortlaut wiedergegeben.

Berlin, 22. Januar 2018

Offener Brief französischer und deutscher Umweltverbände anlässlich der Internationalen Grünen Woche, dem 55. Jahrestag der Unterzeichnung des Elysee-Vertrags und der bevorstehenden informellen Tagung des Europäischen Rates am 23. Februar 2018

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Präsident,

die unterzeichnenden französischen und deutschen Umweltverbände bekennen sich zur Bedeutung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der französischen und deutschen Nation als Grundlage für den Erfolg des europäischen Projekts, wie bereits im Elysee-Vertrag festgehalten. An dessen Verabschiedung wird am Montag, dem 22. Januar gedacht. Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich von ihren Staaten und der EU, dass diese sie und ihre Umwelt vor globalen Bedrohungen beschützen und uns auf die vor uns liegenden Herausforderungen vorbereiten.

Nicht alle Herausforderungen von damals sind heute noch aktuell. Die EU sollte sich auf die Leitlinien fokussieren, die in den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG) festgeschrieben wurden, und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und des Klimas einbeziehen. Die Art und Weise, wie wir unser Ernährungs- und Agrarsystem gestalten werden, ist entscheidend für die nachhaltige Entwicklung Europas und der Welt. Unser Ernährungssystem und unsere Landwirtschaft stecken jedoch in einer tiefen Krise, welche uns durch den Zusammenbruch der Vogel- und Insektenpopulationen in den Agrarlandschaften und durch die Verschmutzung des Wassers und der Luft vor Auge geführt wird.

Vor diesem Hintergrund appellieren wir an Sie, Kanzlerin Merkel und Präsident Macron:

  • Erneuern Sie den Elysee-Vertrag, indem Sie die SDG in den Mittelpunkt der engen Zusammenarbeit unserer beiden Länder stellen und sie als Basis für die weitere Arbeit der Europäischen Union verwenden.
  • Nehmen Sie den Schutz der Natur ernst und setzen Sie die ökologische Wende in die Tat um, nicht nur für den Schutz der Umwelt selbst, sondern für die gesamte Volkswirtschaft.
  • Setzen Sie Sich energisch dafür ein, den Klimawandel zu stoppen und die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, und stärken Sie die Energiewende.

Der nächste mehrjährige Finanzrahmen der EU bietet die Gelegenheit, zu belegen, wie die EU auf diese globalen Herausforderungen reagiert, ohne in die Feilscherei der Mitgliedstaaten um Geld zurückzufallen. Der kommende informelle Europäische Rat, organisiert von Ratspräsident Donald Tusk, wird die erste Chance sein, diese Führung zu demonstrieren. Dort wird die Diskussion um die

Zukunft des nächsten europäischen Budgets beginnen, welches immer noch zu etwa einem Drittel aus Ausgaben für Agrarsubventionen bestehen wird.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) subventioniert weiterhin ein marodes System. Bitte nutzen Sie diese Debatte, um eine europäische Agrarwende einzuleiten, indem Sie klare Ergebnisse von der GAP einfordern und die öffentlichen Subventionen an die Erfüllung öffentlicher Leistungen binden.

Darum fordern wir Sie auf, sich gegenüber den Staats- und Regierungschefs der EU am 23. Februar für folgende Anliegen einzusetzen:

  • Nutzen Sie die EU-Haushaltsverhandlungen nicht nur für eine Verrechnung des Mittelrückflusses in die nationalen Haushalte, sondern vielmehr, um eine Vision für Europa zu entwerfen und das europäische Haus von ineffektiven und ineffizienten Instrumenten zu befreien.
  • Stellen Sie eine ambitionierte Finanzierung des Natur- und Biodiversitätsschutzes sicher, indem Sie einen 15 Milliarden Euro umfassenden Naturschutzfonds einrichten und das LIFE-Programm auf eine Milliarde Euro aufstocken.
  • Gestalten Sie einen Haushalt, der auf konkrete Ergebnisse abzielt und der dazu beiträgt, die Verpflichtungen der EU in den Bereichen Biodiversität, Wasser, Luft, Boden und Klima umzusetzen.
  • Stoppen Sie alle umwelt- und klimaschädlichen Subventionen, zu denen auch die erste Säule der GAP gehört.
  • Initiieren Sie eine nachhaltige Agrarwende, die sich nach dem Prinzip „Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen“ richtet.

Wir möchten Ihnen unsere ausdrückliche Unterstützung für eine nachhaltige Entwicklung des gemeinsamen Projektes, der Europäischen Union, zusichern. Als Zivilgesellschaft stehen wir an Ihrer Seite, um dies in die Tat umzusetzen. Wir erwarten jedoch, dass Sie sich der Herausforderung stellen und mutige Schritte unternehmen – nicht nur für die Menschen, die Sie repräsentieren, sondern für den Planeten, auf dem wir alle gemeinsam leben.

Mit freundlichen Grüßen

Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Prof. Dr. Hubert Weiger

Président de la Ligue pour la Protection des Oiseaux (LPO)

Allain Bougrain Dubourg

Präsident des Deutschen Naturschutzring (DNR)

Prof. Dr Kai Niebert

Président de France Nature Environnement (FNE)

Michel Dubromel

Präsident des NABU (Naturschutzbund Deutschland)

Olaf Tschimpke

 

Titelfoto: www.bundesregierung.de

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