Legacy Warnings! Steht Südafrika vor einer Atomrenaissance?

Ein Gastbeigrag von Katja Becker, www.ujuzi.de

Seit mehreren Jahren reisen wir mit offenen Augen durch die Welt und suchen uns Themen, die in der Regel wenig internationale Beachtung finden, uns aber unter den Nägeln brennen. So fanden wir auch den Weg nach Südafrika.


Südafrikas strahlendes Erbe

Unsere eigentliche Intention war es, an einer Dokumentation über den Uranabbau in Südafrika zu arbeiten. Die Umwelt,- und Gesundheitsauswirkungen durch den Uranabbau werden unserer Meinung nach zu wenig in der Diskussion über die Atomkraft betrachtet. Unsere Bilder und Geschichten der Menschen, die direkt an den Abraumhalden der Minenindustrie angesiedelt sind, sprechen eine andere Sprache als die Argumente der Atomindustrie über sie „sauberste Energieform“.

Die Abraumhalden sind radioaktiv, der Staub der nicht renaturierten Halden verteilt die Radioaktivität genauso wie das Regenwasser, welches den Schlamm in die nahegelegenen Flüsse spült, aus denen die Menschen und Tiere ihr Trinkwasser beziehen. Durch eine Teilnahme an einer IPPNW Konferenz zum Thema Uranabbau im Jahr 2013 in Tansania wurden wir für das Thema sensibilisiert. Die dort neu gewonnenen Kontakte ermöglichten es uns, eine tiefgreifende Recherche vor Ort in Südafrika zu realisieren.

Energiekrise

In der Vorbereitung haben wir uns intensiv mit dem Thema Energieversorgung und der hochaktuellen Energiekrise Südafrikas, die tatsächlich seit unserem ersten Aufenthalt im November 2014 nahezu jeden Tag einen Platz in den Medien findet, beschäftigt. Das Land bezieht zu 85 Prozent den Strom aus Kohlekraftwerken mit eigens im Land abgebauter Kohle.

Mine in Südafrika - Foto: www.ujuzi.de

Mine in Südafrika – Foto: www.ujuzi.de

Bei notwendigen Wartungsarbeiten an den Kraftwerken müssen, um einen kompletten Netzzusammenbruch zu verhindern, Energieverbraucher abgeschaltet werden, da die Leistungskapazität aktuell nahezu identisch mit der der Verbraucher ist.

Dies bedeutet immer wiederkehrende Stromausfälle, die laut Aussage der Deutschen Handelskammer das Wirtschaftswachstum in Südafrika erheblich beeinträchtigen und insbesondere für Klein- und Mittelständer einen hohen Verlust bedeuten.

Afrikanische Renaissance der Atomkraft?

In Südafrika wird aktuell über die Zukunft der Energieversorgung auf einem gesamten Kontinent entschieden. Eine positive Entscheidung für die Atomkraft in Südafrika wird wegweisend für Länder wie Kenia, Ghana, Uganda oder Nigeria sein, die alle ein generelles Interesse am Bau von AKWs verkündet haben und den aktuellen Prozess in Südafrika genauestens beobachten.

Dass die Bevölkerung, der nahezu täglich die Energie für mehrere Stunden genommen wird, eine Handlung der Regierung fordert, ist verständlich. Deutscher Wissens- und Technologietransfer im Bereich der erneuerbaren Energien könnte in der Zukunft eine große Rolle spielen. Jedoch gibt es einen starken politischen Willen, das Problem anders zu lösen: mit Atomkraft. Von dieser Seite ist geplant, die komplette Produktionskette in Südafrika wieder anzukurbeln, vom Uranabbau über die Anreicherung bis zur Atomenergie.

Dokumentationsfilm „Legacy Warnings“

Unsere filmische Dokumentation „Legacy Warnings“ wird das aktuelle Thema aufgreifen, aus bereits vom Uranabbau betroffenen Regionen berichten und Interviewpartner zu Wort kommen lassen, die aus den unterschiedlichsten Lagern mit vollem Herzblut engagiert sind. Aussagen stehen sich gegenüber wie „Kernenergie ist die sauberste und sicherste Lösung für Afrikas Energiebedarf“ und „Diese Atompläne sind wahnsinnig in Ländern, in denen Krisen und Gewalt vorherrschen- wir haben doch gute Alternativen, warum sollen wir derartiges Risiko eingehen“. Welchen Weg wird Afrika gehen? Eine neues Atomzeitalter? Ein Kontinent der Erneuerbaren?

Für einen offenen Diskurs

Der Wille afrikanischer Länder sich infrastrukturell und industriell zu entwickeln bedarf Energie und diese Energie muss erzeugt werden. Uns als Filmemacher liegt es am Herzen, die Bevölkerung neutral aufzuklären, über verschiedene Energieformen, Uranabbau, eventuelle Gefahren, Risiken und Pläne im Bereich Atomkraft. Wir wollen den Ernst der Lage darstellen und zu einem offenen Diskurs beitragen, an dem alle teilhaben können, die Entscheidungsträger wie die Bevölkerung.

Proteste und Forderungen in der Bevölkerung sind laut und stark

Demonstation von "EarthLife" - Foto: www.ujuzi.de

Südafrika besitzt eine Kultur des Widerstandes. Die Proteste gegen Atomkraft nehmen zu („EarthLife“) mehren sich. – Foto: www.ujuzi.de

Zurzeit plant auch die tansanische Regierung den Beginn von mehreren Uran-Tagebauminen, um zu einer der weltweit größten Uran exportierenden Nationen aufzusteigen. Das Vorhaben gefährdet den Lebensraum zahlreicher Tierarten und die Lebensgrundlage von über 100.000 Menschen, da Uranförderung mit einer massiven Umweltverschmutzung einhergeht, wie wir in Südafrika bereits dokumentieren konnten, und der entstehende Abraum über Millionen Jahre radioaktiv sein wird. Und das Nachbarland Kenia zeigt deutliches Interesse an genau diesen Uranvorkommen aus Tansania, um wie aktuell in Planung, 2017 die Grundsteine für ein eigenes Atomkraftwerk im Land zu legen.

Die Proteste gegen Atomkraft haben in Südafrika, wie der Kampf gegen das Apartheidregime, eine lange Geschichte, womit es in diesem Land eine gewisse Kultur des Widerstandes gibt. Der Widerstand flammt aktuell mit dem Bekennen der Regierung auf, neue Atommeiler bauen zu wollen und richtet sich nicht nur gegen die eigene Regierung sondern auch gegen potentielle Atom-Partner wie Frankreich und Russland. Für uns war es sehr beeindruckend, diese Proteste in Form einer lauten und kraftvollen Demonstration vor der russischen und französischen Botschaft, begleiten zu können.

Auf dem weg zum Gipfel - Foto: www.ujuzi.de

14 AktivistInnen besteigen als Protest den Kilimanjaro, um ein Zeichen gegen Uranabbau, Atomwaffen und Atomkraft zu setzen. – Foto: www.ujuzi.de

Auch in anderen Ländern regt sich Widerstand, wir reisen nach Ostafrika, Tansania zum Kilimanjaro, dem höchsten Gipfel des afrikanischen Kontinents. Im Juli 2015 sind wir gemeinsam mit einer Gruppe von 14 AktivistInnen aus fünf verschiedenen Ländern bis an unsere körperliche Grenze gegangen. Innerhalb von fünf Tagen hat es die Gruppe geschafft, nahezu alle unter der Höhenkrankheit leidend, am „Freiheitsgipfel“ ein symbolisches Zeichen zu setzen und die Forderung in die Welt zu tragen: Eine Welt ohne Uranabbau, Atomwaffen und Atomkraft!

Weitere Informationen und Unterstützungsmöglichkeiten: www.ujuzi.de/legacywarnings

Der Dokumentarfilm wird voraussichtlich im November 2015 fertig sein. Über einen Newsletterverteiler (www.ujuzi.de) können sich Interessierte auf dem Laufenden halten. Ujuzi freut sich über Einladungen und Anfragen von Gruppen für Filmaufführungen und Diskussionen.

Hintergrundinformationen, Mythen und Aktionsmöglichkeiten zum Thema Atomkraft auf nabu.de

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