(B)logbuch

Etappen - Erlebnisse - Extreme

Arzt und Apotheker empfehlen: Schollene-Strodehne dreimal täglich

Weißstorch (1 von 1)

Liebe Leute! Wenn Euch Euer Arzt, Freunde oder Partner/Partnerin das nächste Mal dazu raten, einen Gang runterzuschalten und mal wieder richtig zu entspannen, dann bucht auf der Stelle eine ausgiebige Tour auf dem Havel-Abschnitt zwischen Schollene und Strodehne. Das Rezept ist so einfach wie effektiv: Immer wieder hin- und zurückpaddeln, bis die absolute Entspannung eintritt. Denn hier gibt es absolut kein Internet. Wir wiederholen: K-E-I-N Internet! Wo gibt es das in Deutschland noch!? Dieser Flussabschnitt gehört unserer Ansicht nach definitiv auf die Rote Liste der gefährdeten Orte in Deutschland.

Im Umkehrschluss hieß das aber leider auch: Keine Gelegenheit für uns, einen weiteren Blog-Eintrag online zu stellen. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Und als wir am Horizont den Kirchturm des nächsten Ortes sahen, wussten wir: Irgendwo hier werden wir Internet finden. Dieses Irgendwo ist zwar einige Schritte weit weg vom Floß und sehr langsam, aber es ist da.

Inzwischen haben wir am Rande des sympathischen Örtchens Strodehne bei einem der letzten Havel-Fischer (Wolfgang Schröder, von dem ihr noch hören werdet) angelegt. Es riecht nach Fisch und Adebar beobachtet wachen Blickes, ob wir nicht ein nasses Netz aus unserem Floß werfen werden, aus dem ein kleiner Snack für ihn abfällt. Tut es leider nicht. Ein schönes Bild haben wir dennoch von ihm bekommen.

  • Morgens halb fünf

Morgens halb fünf in Schollene

Hier der Blick von unserem Schlafplatz am Vorderdeck aus. Ein Traum! Nach unserer Stärkung mit Kaffee und Brötchen brechen wir gleich zum Schollener See auf.

  • Schollene
  • Schollene
  • Schollene
  • Schollene
  • Schollene

Stockbrotparty in Schollene

Inzwischen haben wir uns richtig gut auf dem Floß eingelebt und kommen mit Steuerung, Schleusen und Anlegen super zurecht. Auch als Team harmonieren wir ausgezeichnet. Das stellen wir auch bei dem heutigen Anlegemanöver –  unserem bislang aufregendsten – fest: Wendung auf engstem Raum, jeder Dorfbewohner weist uns wie in einem Asterix-Klassiker eines anderen Weges, bedrohlich kommt uns eine Brücke nahe. Doch vier Schweißperlen später liegen wir traumhaft glücklich unter einer urig-alten Kopfweide am Rande des Dorfes Schollene. Fröhlich blökend begrüßt uns das Dorfschaf Dolly.

Auf dem Weg hierhin konnten wir noch einen Raubwürger beobachten, der sich im schönsten Abendlicht von allen Seiten präsentierte. Auch auf unserer Beobachtungsliste der „Vögel des Jahres“ machen wir einen neuen Haken: Nach den Dohlen (Vogel des Jahres 2012) und dem Grünspecht (Vogel des Jahres 2014) in Rathenow, sehen wir auf dem Weg nach Schollene eine Bekassine (Vogel des Jahres 2013).

Da wir noch von all den Beobachtungen dieses Tages zehren, verschieben wir unsere ursprünglich für heute geplante Wanderung zum Schollenser See auf morgen. Jetzt ernten wir erstmal unsere zwei roten Floß-Erdbeeren, backen Brötchen und grillen zum Abschluss des Tages. Zehn Uhr: Die Würstchen sind fertig in Schollene!

PS: Unser GPS-Signal scheint derzeit gestört. Aber seid Euch sicher: Wir leben, es geht uns gut. Und die Havel ist wundervoll zu uns.

  • Große Grabenniederung
  • Große Grabenniederung
  • Große Grabenniederung

Merke: Groß meint wirklich groß!

Mit qualmenden Füßen sind wir nun zurück von unserer ersten für heute geplanten Wanderung. Knapp fünf Stunden waren wir in der Großen Grabenniederung unterwegs. Das „Groß“ in ihrem Namen hatten wir wohl ein kleines bisschen unterschätzt…

Insbesondere für unsere Vogelfreunde Marco, Frauke und René war die Tour ein echtes Erlebnis. Schon auf den ersten Metern sehen wir einen Seeadler, der in der Luft versucht, sich einen Büschel Stroh von den Fängen zu streifen. Zwei weitere Seeadler folgen noch auf dem Weg. Ein weiteres imposantes Schauspiel: Ein blau gefärbter Moorfrosch zeigt sich im Kanal zu unseren Füßen.

Je weiter wir kommen, desto feuchter wird das Gelände. Und desto artenreicher und zum Teil auch spektakulärer wird die Tierwelt. Marco hat das Fernglas fest vor die Augen getackert, Frauke hört simultan in alle Richtungen. Was war das? Eine Wachtel! Und dort drüben? Ein Kampfläufer im Prachtkleid. Immer mehr Arten zeigen sich uns. Wir wandern von einem Highlight zum nächsten und kommen aus dem Staunen kaum mehr heraus. Auch Marco, unser Chef-Ornithologe an Bord, ist absolut begeistert. Am Ende stehen 18 neue Vogelarten auf unserer Beobachtungsliste für diese Woche.

Heute Abend schauen wir uns die Foto-Ergebnisse an. Wir hoffen, dass ein paar scharfe Aufnahmen dabei sind… In der Zwischenzeit seht Ihr oben ein paar erste Eindrücke von dieser Tour.

Vanille-Berry-Finn on tour

Heute Nacht haben wir auf dem Campingplatz „Seeblick“ in Hohennauen übernachtet. Einige Dauercamper waren neugierig: Was macht der NABU hier? Was soll mit der Havel passieren? Wir haben ihnen ausführlich erklärt, wie sich die Havel in den kommenden Jahren weiter entwickeln soll. Auch die Dauercamper freuen sich auf die Aussicht, bald einen natürlichen und lebendigen Fluss vor der Tür zu haben.

Dieser Dauercamper hier wünscht uns viel Erfolg mit dem Projekt. Zum Abschied schenkt er uns – passend zum Namen unserer Tour – einen echten Berry-Drink.

Haavel-Barry

Gut gestärkt geht es nun für uns auf die nächste Etappe. Über Grütz wollen wir heute bis Schollene fahren. Auf dem Weg liegen zwei spannende Beobachtungsgebiete: Zunächst wollen wir die Große Grabenniederung ansteuern und am Abend einen Spaziergang im Naturschutzgebiet Schollener See machen.
Drückt uns die Daumen für gute Tieraufnahmen! Wir werden Euch auf dem Weg sicher spannende Fotos präsentieren können.

  • Floß-Orakel

Unser Floß-Orakel

Unser Floß-Orakel Rudi Rauchschwalbe hat absolute Treffsicherheit bewiesen: Er landete vor Spielbeginn auf der richtigen Fahne. Nach dem fulminanten 4:0 gegen Portugal gehen wir nun in die Federn. Gute Nacht, Rudi!

 

  • Rocco und Renaturierung
  • Rocco und Renaturierung
  • Rocco und Renaturierung

„Sie haben die Havel gesteinigt“

Die erste gute Nachricht des Tages: Unsere Feuertaufe ist geglückt! Wir sind auf dem Weg die Havel hinab. Nach 300 Metern Floß-Erfahrung haben Kapitän Marco und Steuermann René uns perfekt durch unsere erste Schleuse manövriert. Direkt hinter der Stadt Rathenow sind wir nun mitten im Projektgebiet der Havelrenaturierung.

Die zweite gute Nachricht: Wir gehen mit einer geballten Portion Wissen auf diesen letzten Teil der Strecke. Und dieses Wissen wollen wir natürlich gern mit euch teilen. Heute früh besuchte uns Rocco Buchta an Bord. Er ist der NABU-Experte, der – gemeinsam mit anderen – die Renaturierung der Havel seit mehr als 30 Jahren vorantreibt. Er will dem Fluss sein ursprüngliches Gesicht wiedergeben.

Rocco wuchs als Kind hier auf, badete in der Havel und ging mit seinem Großvater fischen. In den 1970er Jahren erlebte er, wie sich der Zustand des Flusses immer weiter verschlechterte: intensive Landwirtschaft, Düngerausbringung von Flugzeugen und der Ausbau zur Wasserstraße Hamburg – Berlin ließen den Fluss leiden. Rocco sagt rückblickend: „Sie haben die Havel gesteinigt“ – noch heute sieht man am Rand der Havel Steine ohne Ende, die Zeugen der Flussbegradigung (siehe Fotos).
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  • Rathenow
  • Rathenow
  • Rathenow

Der BND – pardon: NABU – on tour

Was der erste Abend in Rathenow uns brachte: eine spektakuläre Naturbeobachtung und eine Verdächtigung.

Halten wir fest: Wir fallen auf an diesem Abend. Mit Ferngläsern behangen und Kameras mit riesigen Objektiven machen wir uns auf Erkundungstour durch die Stadt. Wir erahnen einen alten Stadtkern, von dem leider nicht mehr allzu viel übrig ist – aber was steht, ist durchaus beeindruckend. Auf dem Turm der Kirche haben sich Dohlen breit gemacht. Besonders beliebt bei ihnen: Der Ausguck vom Zeiger über die Stadt!

Weiter geht es zum Alten Weinberg, der sich als Friedhof entpuppt. Für die Friedhofs-Fetischisten unter Euch: Dieser ist wirklich empfehlenswert. Alt, urig, dicht bewachsen, Vogelgesang allenorten. Wir hören: Zilpzalp, Klappergrasmücke, Rotkehlchen und vieles mehr. Und auch den Vogel des Jahres, den Grünspecht sehen wir. Unser Blick geht nach oben. Da kam er doch her – und fiepst es da nicht auch!? Seine Höhle? Wir warten und gucken. Nichts. Der Grünspecht kehrt nicht zurück. Wir warten weiter. Und rätseln. Und mit einem Mal stürzt aus der hohen, hohlen Linde etwas Braunes, Geflügeltes. Und es werden immer mehr: Wir haben das Sommerquartier des Großen Abendseglers entdeckt. Das vermuten wir zumindest und schicken eine Tonaufnahme an eine befreundete Fledermaus-Expertin.

Den Abend lassen wir bei Fußball (Frankreich – Honduras) beim Griechen ausklingen. Richtig international hier in Rathenow! Auch wenn der Besitzer zunächst skeptisch ist und uns mit den Worten begrüßt: „Ihr seid nicht von der Polizei, oder?“. Unsere Ferngläser und riesigen Objektive irritieren ihn sichtlich. Er lässt sich aber schnell überzeugen, dass wir absolut harmlos sind. Beim Ouzo erzählen wir ihm, was der NABU entlang der Havel macht – und fallen anschließend müde in unsere Schlafsäcke.

Heute wartet die erste Fahrt auf uns – gleich mit einer Schleuse zu Beginn. Wir werden sehen, ob Kapitän Marco mit sensationellen 300 Metern Flusserfahrung uns sicher hier durchschleust. Verfolgt uns auf dem Radar!

The anchor is back

Mannschaftswechsel auf der „Großen Bärin“: Team Sieben übergibt in Rathenow an Team Acht. Bootsbauer Martin kommt auch vorbei und bringt unserem Floß den lange ersehnten zweiten (verlorenen) Anker zurück. Danke dafür! So gut präpariert können wir uns auf den letzten Teil der Strecke machen. Vor uns liegt ein spannendes Stück, das Herz des NABU-Renaturierungsprojekts von Rathenow bis Havelberg.

Wir, das sind Marco aus Hamburg, Frauke aus Berlin, René aus Schönebeck bei Magdeburg und Iris aus Berlin. Damit ist nun endlich wieder weibliche Besatzung an Bord, nach der letzten Woche mit vier Männern – was man übrigens am feucht-fröhlichen Crew-Foto an Bord erkennt und dem Hinweis: Hier drüben gibt’s echt guten Whiskey! Um die Klischees nicht überzustrapazieren: Das Floß ist tipptopp aufgeräumt und das Begrüßungs-Essen schmeckt auch herrlich.

Nachdem der Anker wieder seinen angestammten Platz gefunden hat, wird das Kapitänsamt vergeben. Und obwohl wir uns nicht kennen, sind wir einhelliger Meinung: Wir nominieren unseren „Alterspräsidenten“ Marco für diese ehrenvolle Aufgabe. Er tritt das Amt mit größtmöglicher gebotener Würde an. Die erste Einladung unserer Bootsnachbarn zum Fußball-Gucken (bei Sekt und Chips – was für eine Kombination!) haben wir auch bekommen. Es kann also losgehen, mal sehen was der Abend in Rathenow uns bringt!