Artenschutz für den Waldkauz in Berlin

46 Nisthilfen wurden in den letzten 15 Jahren in Berlin-Reinickendorf angebracht – Foto: Dr. Hans-Jürgen Stork

Bereits vor 50 Jahren wurden in Berlin eingehende Untersuchungen zu Biologie, Ökologie und Verhalten von Waldkäuzen und Waldohreulen durchgeführt. Dr. Victor Wendland (†) hat in den 1960-70er Jahren zahlreiche Begehungen im Grunewald, im Spandauer Forst und im Stadtgebiet nur wegen der Eulen durchgeführt.

Er sammelte unfangreiche Beobachtungsdaten zur Lebensweise, zum Brutverhalten, zum Lebens- und Nahrungsraum und zur Vielfalt ihrer Nahrungstiere. Die in zahlreichen Schriften niedergelegten Erkenntnisse dienen heute als Grundlage zum sachgerechten Schutz dieser Eulenarten, vor allem zum Schutz ihrer Lebensräume und Brutstätten.

Als im Sommer 2002 ein Sturm durch den Berliner Norden zog und mehrere Tausend alter Bäume umbrachen, gingen auch viele natürliche Niststätten in Baumhöhlen verloren – auch die der Waldkäuze –, nicht nur im Wald, sondern auch in Parks, auf Friedhöfen und sogar in baumreichen Siedlungen.

Der  NABU Berlin entwickelte daraufhin ein Artenschutzprogramm mit Nistkästen, die einer natürlich tiefen Baumhöhle mit Astloch nachempfunden sind. Die Baupläne dazu entwickelte schon Viktor Wendland mit seinem Freund Erich Engel. Vogelschützer des DBV (Deuscher Bund für Vogelschutz – Vorläufer des NABU) setzten sie damals schon häufig in Berlin ein.

Mit Baumsteigern des Naturschutzamtes wurden die schweren Nisthilfen angebracht – Foto: Dr. Hans-Jürgen Stork

Im Laufe der letzen 15 Jahre wurden noch 46 solcher Nisthilfen an geeigneten Plätzen im Bezirk Reinickendorf aufgehängt – sechs bis zehn Meter hoch –  meist in Laubbäumen von Parks, Friedhöfen und Siedlungsgärten. Mechanische Baumsteiger des Naturschutzamtes und zuletzt vor allem auch ein geschickter Baumkletterer halfen dem NABU-Waldkauzteam die doch recht schweren Nisthilfen einfach und schnell hoch zu schaffen und mit schlauch-ummantelten Drahtschlingen am Baum aufzuhängen.

Standort der Berliner Webcams am Hermsdorfer See

Der Waldkauz-Parcour um den Großen Hermsdorfer See ist ein sechs Kiometer langes Teilstück des Waldkauz-Radparcours durch den Bezirks Berlin-Reinickendorf.

Der Nistkasten mit den Berliner NABU-Webcams befindet sich auf einem nicht einsehbaren Privatgrundstück am Hermsdorfer See. In seinem Umfeld liegen feuchte Jagdgebiete des Seeufers und seiner zeitweiligen Überschwemmungsflächen, die Auwälder und Moorflächen des Tegeler Fließtales sowie die teils recht großen Gärten der Randsiedlungen.

Auf einem Rundweg kann ein Waldkauz-Parcour abgeschritten werden, der an sechs weiteren Nisthilfen vorbei führt. Sie wurden auch von Waldkauz-Fans auf Privatgrundstücken aufgehängt und machen so ein recht dichtes Wohnungsangebot.

Waldkäuze nehmen diese Nisthilfen gern an, führen erfolgreich Bruten durch. Sollten die Überschwemmungsflächen des Tegeler Fließes bei Hochwasser überstaut sein, konnte ausgewichen werden. Vier Nistkästen wurden in diesem Winter schon benutzt, in einem sah man schon Ende Februar Junge – wir hatten schon berichtet und das Foto gezeigt.

Beitrag von Dr. Hans-Jürgen Stork, Sprecher NABU Reinickendorf

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4 Kommentare

Inke

21.03.2017, 07:26

Ich komme regelmäßig auf meinen Spaziergängen mit Hund an 2 Waldkauzkästen vorbei, die direkt an Wegen (einer davon beleuchtet) hängen. Empfinden Waldkäuze das nicht als störend? Oder sind Geräuschquellen, solange sie unten bleiben, egal? Es war zu lesen, das Waldkäuze ihren Nistkasten durchaus wehrhaft verteidigen. Gilt das nur, wenn sich direkt oben am Kasten etwas nähert?

Lars Lachmann

21.03.2017, 10:23

Hallo, grundsätzlich können Vögel (wie auch wir Menschen) mit gleichförmigen Störungen vergleichsweise gut umgehen, da man sich daran gewöhnen kann, z.B. an Verkehrslärm von einer Straße, an Spaziergänger oder Autos entlang eines Weges etc. Eine echte Störung wird daraus erst dann, wenn etwas Ungewöhnliches passiert, z.B. wenn ein Mensch plötzlich den Weg verlässt, oder wenn ein Auto anhält und jemand aussteigt. Von daher ist es gut vorstellbar, dass auch Waldkäuze sich an bestimmte Störungen, wie z.B. eine Beleuchtung, vielbegangene Wege oder Straßenlärm gewöhnen können. Berühmt ist z.B. ein Waldkauz im Nymphenburger Park in München, der seit Jahren seinen Tagesrastplatz in einer Baumhöhle an einer vielbegangenen Wegkreuzung hat. Sollte natürlich jemand plötzlich am Baumstamm kratzen oder versuchen hinaufzuklettern, wäre das dann eine richtige Störung. Waldkäuze verteidigen ihre Brut in der Tat sehr wehrhaft. Berühmt ist z.B. der frühe Schwarzweiß-Tierfotograf Eric Hosking, der eines seiner Augen durch eine Waldkauz-Attacke verlor, als er versuchte deren Nest zu fotografieren. Eine solche Attacke wird allerdings nicht durch Störungen ausgelöst, an die sich die Käuze bereits gewöhnt haben, sondern in der Tat erst dann, wenn sie ihre Jungen in akuter Gefahr fürchten. Potentiell problematisch kann es werden, wenn ein Ästling (noch flugunfähiges Junges bereits außerhalb des Kastens) am Boden neben einem Weg landet, so dass die Eltern dann versuchen es zu verteidigen.

Inke

21.03.2017, 14:59

hallo Lars, Danke für die ausführliche Antwort :o)

Annegret Balke

20.03.2017, 15:44

Ich schaue mir die Waldkauze in Berlin jeden Tag mehrmals über die Webcam an und bin jedesmal begeistert.

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