Plastiktüte – wann denn nun?

Eigentlich ist zur Plastiktüte alles gesagt, und dies mehrfach.

Sie ist vermeidbar. Verbraucherinnen und Verbraucher haben entweder eine eigene Tasche zusammengefaltet beim Einkauf dabei oder leihen sich eine bepfandete Tasche beim Einzelhändler.

Alle Tüten sind kostenlose Werbeplakate für die Händler. Fashion Victim und Elektronik Nerd stört das bisher nicht.

70 Plastiktüten verbraucht der Deutsche pro Jahr: Foto: NABU/S. Hennigs

Die Plastikflut in Deutschland wächst weiter. Foto: NABU/S. Hennigs

Plastiktüten haben nichts in der Natur zu suchen, insbesondere nicht im Wasser, werden dort aber dennoch gefunden –  auch in Deutschland. Das ist gefährlich für die Tiere, weil sie sie mit Nahrung verwechseln und für das Ökosystem, weil aus jeder Tüte einmal Mikroplastik wird. Andere Materialien wie etwa Papier sind nicht umweltfreundlicher, sondern verursachen große Umweltprobleme während der Herstellung: Aus nicht nachhaltig eingeschlagenem Holz wird in einem Chemikalienbad mit großem Energieeinsatz Zellstoff herausgekocht, dieser verarbeitet und mit bunten, erdölbasierten Farben, Lacken und Klebstoffen zur Tüte veredelt.

Fast alle finden, dass man auf die Tüte beim Einkauf verzichten kann und nutzen sie dennoch, 71 mitteldicke Tüten pro Person und Jahr gehen in Deutschland über den Verkaufstresen. Wenn die Tüten etwas kosten, sinkt deren Absatz und damit auch die Produktion. Wenn die Tüte viel (50 Cent, 1 Euro und mehr) kostet, wird sie richtig unattraktiv.

Die Plastikflut wächst in Deutschland weiter - Foto: NABU/S. Hennigs

Die Plastikflut wächst in Deutschland weiter – Foto: NABU/S. Hennigs

In der EU haben sich Kommission, Parlament und Mitgliedsstaaten schon 2014 geeinigt, die Plastiktütenzahl innerhalb von 11 Jahren auf maximal 40 Stück pro Person und Jahr zu senken. Wie das in Deutschland erreicht werden soll, wird immer noch diskutiert, wie der Presse zu entnehmen ist.

Offenbar können sich nicht alle, die uns mit Einwegtaschen überfluten, damit abfinden, etwas dagegen zu tun. Deshalb steht jetzt eine Vereinbarung zwischen Bundesumweltministerium und dem größten Einzelhandelsverband in Deutschland im Raum, die nur Teile des Handels verpflichtet, zukünftig Tüten zu verkaufen. Und: Die Verpflichtung gilt nur für Kunststofftragetaschen.

Oft landen Plastiktüten in der Natur: Foto: NABU/S. Hennigs

Oft landen Plastiktüten in der Natur: Foto: NABU/S. Hennigs

Derzeit sieht es so aus, als würden nach den Lebensmittelsupermärkten jetzt ein paar wenige große Textil- und Elektronikketten mit der Bepreisung der Tüte nachziehen. Kleine Händler, Imbissbuden auf der Promenade, Wochenmarkthändler und Apotheken können weiter ihre Verantwortung für die Umwelt auf die Verbraucher abwälzen. Schade für die, die sich engagiert haben. Denn der gesamte Einzelhandel scheint nicht in der Lage zu sein, sich selbst für diesen winzig kleinen Teilbereich des Umweltschutzes zusammen zu tun.

Ein Plastiktütenverbot, wie in Ruanda und anderen Industriestaaten mit elaboriertem Umweltrecht schon lange Realität, würde in Deutschland wahrscheinlich hohe Einschaltquoten in Talkshows bringen, aber geringe Aussicht auf Erfolg haben – obwohl die EU extra die Erlaubnis dafür erteilt hat.

Bleibt die Schlussfolgerung und Forderung an die zuständige Bundesumweltministerin Hendricks: Führen Sie doch geräuschlos eine zweckgebundene Sonderabgabe oder im Zweifelsfall auch eine simple Steuer pro Einwegtüte (also für Papier und Plastik gleichermaßen) ein. Das hat den Vorteil, den Abgabebetrag festsetzen zu können, so den Kulturwandel beim Verpacken des Einkaufs zu beschleunigen und die anfallenden Gelder für Abfallvermeidung einsetzen zu können. Selbst das Risiko als „Verbotspolitikerin“ in die Geschichtsbücher einzugehen ist gering, da ja eigentlich alle hinter der Tütenreduktion stehen (s.o.).

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Benjamin Bongardt
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9 Kommentare

Maria Brunheim

25.02.2016, 21:05

Beim Einkaufen können wir alle, JEDE UND JEDER von uns viel erreichen! Darauf konzentriere ich mich in diesem Kommentar. Ich kaufe nie Plastiktüten, bekomme jedoch immer wieder welche, weil z.B. eingefrorenes Brot aus dem BioLaden in einem Gefrierbeutel steckt -was Sinn macht. Gefrierbeutel sind so stabil, dass ich sie immer wieder verwende, um darin loses Gemüse und Obst zu kaufen und gut verpackt in den Kühlschrank zu tun. Gemüse, auch Salat, hält sich im Kühlschrank viele Tage frisch, wenn es in einer richtig zugeknickten oder zugedrehten Plastiktüte aufbewahrt wird. Dafür sind die Dinger gut! Wenn ich das Gemüse herausgenommen hab und die Tüte etwas beschmutzt ist, wasche ich sie am Spülbecken, hänge sie zum Abtropfen an eine günstige Stelle, wende sie nach einiger Zeit damit sie auch innen trocknet und verwende sie beim nächsten Einkauf wieder. So benutze ich eine mittelkräftige Plastiktüte - nicht nur Gefrierbeutel - mindestens 100 mal, bevor sie kaputt genug ist, dass ich sie in die Mülltonne tue. Das spart einen Haufen Tüten und doch habe ich einen Nutzen, der Sinn macht: mein Einkaufskorb bleibt sauber und die Ware bleibt im Kühlschrank länger frisch.

holzblockhaus

25.02.2016, 22:33

hallo maria, "solches" habe ich früher auch oft gemacht, die tüten ausgewaschen. in letzter zeit tue ich das nicht mehr, denn ich sehe darin eine wasserverschwendung - wo wir doch auch dieses sparsam verwenden sollen. ich nehme dann solche plastiktüten, die für was anderes nicht mehr verwendbar sind, als kl. müllbeutel für meinen restmüll oder für den kl. mülleimer im bad.

Madeleine

23.02.2016, 09:50

Mich stört , dass jedes Werbeblättchen in Pastik verpackt ist. Beim Einkaufen kann ich die Pastiktüten durch Stoffbeutel ersetzen, aber bei der Werbung?

Tobias

23.02.2016, 18:34

Wie kann man die Macher von "Einkaufen Aktuell" davon überzeugen, auf die Plastikfolie zu verzichten? Das steckt hier alle paar Tage in allen Briefkästen, oft doppelt soviel wie es Briefkästen gibt, und wird ungelesen in die blaue Tonne geworfen.

Tobias

22.02.2016, 21:23

Meine letzte Plastiktüte habe ich vor mehr als 25 Jahren gekauft. Ich benutze nur Stoffbeutel, vor allem die vom VCP-Bundeslager, vom BdP-Bundeslager oder andere Stoffbeutel mit Pfadfinder-Werbeaufdruck. Denn dafür mache ich gerne Werbung.

holzblockhaus

21.02.2016, 15:51

Es müßten da nicht nur die "Tüten" reduziert werden, sondern auch bereits das Obst- und Gemüse-Angebot "offen" verkauft werden - wie früher. Viele Salate, Bananen und andere Früchte liegen bereits in Folie verpackt in den Supermärkten. Ergo - nicht nur der Verbraucher sollte klar Stellung beziehen, es fängt schon beim Hersteller / Vermarkter an.

Thomas

23.02.2016, 10:38

genau muss denn jede gurke einzeln in folie verpackt sein

betti

19.02.2016, 19:00

da sind wir als Verbraucher ganz klar gefragt!! Wenn ich keine Tüte will dann nehme ich auch keine. Die Alternative hängt daneben!! Leider ist aber auch hier im Kopf; geiz ist geil! Wirklich traurig...

Barbara Altun

20.02.2016, 12:18

Hallo Betti, stimme Dir voll und ganz zu. Ich glaube, dass die meisten Leute noch keine Filme/Berichte über Plastik-Müll und dessen Auswirkungen gesehen haben, oder sie wollen es einfach nicht. Wie soll man Ignoranz bekämpfen? Es geht wirklich nur über Geld! Viele Grüße Barbara

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