NABU-GAP-Ticker: Die GAP-Reform in Zeiten von Corona

Der Ausbruch des Corona-Virus beherrscht den politischen Betrieb und die Schlagzeilen und momentan muss der Fokus auf der Bewältigung dieser Krise liegen. Trotz des notwendigen „Social Distancing“ stehen jedoch die Räder in der Agrarpolitik nicht komplett still. Heute zum Beispiel, halten die Agrarminister eine Videokonferenz ab, um über die Auswirkungen des Ausbruchs von COVID-19 auf den Agrarsektor zu beraten. Diese Situation wird für viele Menschen und die (Land)Wirtschaft schwerwiegende Folgen haben und auch die GAP-Reform nicht unberührt lassen. Bereits jetzt sind weitere Verzögerungen absehbar und die Frage stellt sich, wie sich diese u.a. auf die Umweltbelange innerhalb der Agrarpolitik auswirken werden?

Aufgeschoben…

Viele politische Vorhaben sind momentan auf Eis gelegt. Das betrifft zum einen den mehrjährigen EU-Haushalt (der sgn. MFR), der auch das GAP-Budget beinhaltet. Nachdem der 1. Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 20. Februar ohne Ergebnisse beendet wurde, bleibt unklar, wann diese das nächste Mal zusammenkommen, um den Haushalt zu beraten.

Bei der GAP selber herrscht ebenso große Unsicherheit. Der Agrarrat kommt momentan nur noch per Videokonferenzen zusammen und auch dort ist Corona das beherrschende Thema, während die GAP erstmal in den Hintergrund rückt. Im Europäischen Parlament liegen die Verhandlungen ebenfalls auf Eis. Eigentlich sollten momentan die Schattenberichterstatter des Agrar- und Umweltausschusses über mögliche Kompromisse verhandeln, die diese dann dem Plenum vorlegen sollten. Aufgrund der Einschränkungen finden momentan jedoch nur schriftliche Absprachen auf der Arbeitsebene statt. Zudem haben die Fraktionsvorsitzenden alle regulären Plenarwochen bis zur Sommerpause abgesagt. Eine Abstimmung zur GAP im Parlament bis September scheint dadurch nahezu ausgeschlossen.

… ist nicht aufgehoben!

Bestimmte Deadlines bleiben trotz der Krise jedoch weiterbestehen. Vor allem der 1.1.2021 ist ein kritisches Datum, da an diesem viele EU-Programme und der gegenwärtige EU-Haushalt auslaufen. Sollte es keine rechtzeitige Einigung geben, würde der EU-Haushalt zwar entsprechend der EU-Verträge automatisch um ein Jahr verlängert. Auch müssten die Mitgliedstaaten weiter ihre Beiträge leisten, die EU stünde also nicht ohne Geld da. Für die ländliche Entwicklung würde das sogar ein Plus bedeuten, da für diese im momentanen Haushaltsrahmen noch mehr Geld vorgesehen ist, als in den gegenwärtig diskutierten Entwürfen.

Jedoch würde für fast alle Programme und Fonds die Rechtsgrundlage entfallen, Zahlungen zu tätigen, da diese entweder bis 2020 befristet sind oder schlichtweg ab 2020 keine Ausgaben vorsehen. Dies betrifft auch die GAP, die zwar nicht zeitlich befristet ist, aber für die Zeit nach 2020 keine nationalen Umschläge mehr beinhaltet. Die Zahlungen an Landwirte aber auch für Umweltprogramme wären so in Gefahr. Eine jährliche Verlängerung des Haushalts ist zudem für mehrjährige Programme problematisch. Anders als die jährlichen Direktzahlungen ist hier eine längerfristige Planung und ein längerer Vorlauf nötig. Gut möglich, dass unter diesen Verzögerungen am Ende doch v.a. die für den Naturschutz wichtige 2. Säule der GAP leidet.

Für die GAP hatte die Kommission immerhin bereits eine einjährige Übergangsverordnung veröffentlicht, wenngleich auch diese erst das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zwischen Rat und Parlament durchlaufen muss. Die oben beschriebenen Einschränkungen im politischen Ablauf zeigen aber, dass eine Einigung sowohl beim MFF, als auch bei den verschiedenen GAP-Verordnungen erst sehr spät in diesem Jahr zu erwarten sind. Das erhöht den Druck auf die Verhandler. Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, dass Umweltthemen unter Zeitdruck leider zuerst bei Seite gewischt werden.

Erste Anzeichen dafür sind bereits zu sehen. Der einflussreiche konservative EU-Agrarpolitiker Herbert Dorfmann von der EVP gab in einem Interview gegenüber Politico zu vermerken, dass nun Greta Thunberg von der Bühne verschwunden sei und man in der Agrarreform „neu denken“ müsse. Das Problem: Klima- und Artenkrise kennen keinen Pauseknopf und werden in der Zeit nach Corona akut bleiben und gefährden unsere langfristige Ernährungssicherheit. Wie es dann mit Agrarpolitik weitergehen muss, möchten wir daher in einem der folgenden Blog-Artikel näher beleuchten.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

2 Kommentare

Simone Becker

25.03.2020, 11:24

Da gefährliche Viren wie der Corona-Virus Zoonosen sind = Tierkrankheiten, die auf den Menschen übergesprungen sind, wäre es um so wichtiger, Veränderungen in der Landwirtschaft zu erreichen. Mit industriellen Mastfabriken, wie z. Bsp. bei Schweinen können sich Menschen bei Schweinen anstecken und Schweine bei Menschen. Reichlich Möglichkeiten für einen Virus Schwung aufzunehmen und eine Pandemie ins Rollen zu bringen.

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Eduard Paul Steinacher

27.03.2020, 23:17

Nur noch Förderungen für die Bio-Vegane Landwirtschaft.

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